von süss bis ungeniessbar

Was läuft falsch?

Ich habe kürzlich eine Politsendung im Schweizer Fernsehen verfolgt, in welcher sich einige der Teilnehmer nicht an die normalen Grundregeln des Anstands halten konnten. Sogar das Mikrofon musste auf stumm gestellt werden, um ein andauerndes Reinschreien in die Diskussion zu verhindern. Ich hatte glücklicherweise die Wahl, einfach wegzuzappen.

Ein paar Tage später erzählt mir eine junge Lernende, dass sie in einer Schulklasse sitzt, die aus lautern desinteressierten Mitlernenden besteht. Auf meine Frage, was denn der Lehrer dagegen tue, meinte sie: „Der kann nichts tun, die hören nämlich einfach nicht zu.“ Selbst als ihre Eltern einen Schulbesuch machten, interessierte das die Schüler NULL. Sie schauten entweder auf ihren Mobiles Netflix-Filme oder legten den Kopf auf den Tisch und schliefen. Man muss vielleicht dazu noch die Tatsache kennen, dass die junge Lernende mit ihrem Notenschnitt von 5,75 sich in einer Klasse befindet, deren Durchschnitt sich um 3,5 bewegt. Und es scheint keinen zu interessieren.

Nun lese ich heute in der Tagespresse, dass sich in meiner Wohngemeinde eine sehr anspruchsvolle Klasse befindet, für welche eine Assistenzstelle bewilligt werden musste, weil eine Lehrperson alleine dem ganzen nicht mehr Herr werden kann. Beschrieben wird dies im schönen Mediendeutsch mit „Die Klasse fällt durch mehrere Schüler auf, die Ressourcen zehren. Die Situation verschärft sich künftig möglicherweise noch.“

Und da ploppt bei mir die Gretchenfrage auf: „Was läuft falsch?“

Man könnte jetzt einfach behaupten, dass es an der heutigen Jugend liegt. Das ist mir aber einfach zu wenig an Erklärung. Diese Jugend wird nämlich von ihrem Elternhaus geformt. Oder eben deformiert. Oder einfach ignoriert. Und es scheint ja auch unter Erwachsenen ein Anstandsproblem zu geben.

Ist es die Tatsache, dass vermeintlich nur die Lautesten wahrgenommen werden?
Liegt es am fehlenden Interesse gegenüber allem, was nicht einen selber betrifft?
Wurde zu lange ein Kuschelkurs gefahren?
Stellen zuviele Paare Kinder auf die Welt, die sich gar nicht kümmern wollen?
Verroht unsere Gesellschaft aufgrund mangelnder Kommunikationsfähigkeit?

Selbst wenn ich mich sehr bemühe, das Ganze lösungsorientiert anzugehen, so sehe ich innerhalb unserer Gesetze keinen Weg, wie man dem Ganzen begegnen könnte. Der Mangel an Respekt, Anstand und Empathie scheint inzwischen zum normalen Alltagswahnsinn zu gehören. Und ich überlege mir, wie man diese Entwicklung stoppen und umlenken könnte.

Ich wollte vor langer langer Zeit mal Lehrerin werden – und ich bin heute sowas von froh, dass ich es nicht geworden bin. Mein Geduldsfaden würde schon nach der ersten Lektion reissen und ich müsste mich vermutlich vor Gericht verantworten, weil ich mich nicht gesetzeskonform verhalten würde.

Was kommt da noch?

Überreglementiert

Da lese ich die Tageszeitung und muss wieder einmal den Kopf schütteln. Lehrer/innen dürfen in den Schullagern keine Kopfschmerz- oder Fiebertabletten mehr an Schüler/innen abgeben, die sich nicht gut fühlen. Auch keine rezeptfreien Medikamente wie Panadol oder Dafalgan. Offenbar muss das immer so gewesen sein, jetzt wird es aber erst publik und soll auch durchgesetzt werden. Weiterlesen

Felix

Kürzlich hat ein lieber Bekannter bei mir ein Kindheitstrauma aus den dunkelsten Tiefen meines Unterbewusstseins hervorgeholt. Und das erst noch, ohne es zu wollen!

Wir haben über unsere Schulzeit gesprochen – über strenge Lehrer und andere. Über verhasste Lehrer und andere. Und da machte es in meinem Kopf „blitz“ und meine Zeit in der 5. und 6. Klasse kam mir wieder in den Sinn. Und mit diesem Gedankenblitz kam auch Felix wieder. Felix war kein Schulfreund, nein. Felix ist auch nicht der Vorname meines damaligen Lehrers. Nein! Felix war der Stock, der bei der Wandtafel lag und mit welchem mein Lehrer den nicht gehorsamen Schülern auf die Hände schlug, um sie zu bestrafen. Ja, damals durfte der Lehrer noch schlagen. Und nein, er kam dafür nicht hinter Gitter. Weiterlesen

Brave Kinder machen Musik

Meine Jahrgänger werden wissen, was der Titel meines Beitrages aussagen will. Als wir Kinder waren, stand es gar nicht zur Debatte, ob ein Kind Blockflöte spielt, oder nicht. Es hatte einfach den Musikunterricht zu besuchen. Die musikalische Förderung war damals irgendwie ein Muss, warum auch immer. Ich spielte also – wenig begeistert – Blockflöte und wurde anschliessend dazu verdonnert, Klavierstunden zu nehmen. Schliesslich schenkten meine Eltern mir auch ein Klavier, damit ich regelmässig üben konnte. Meine Mama war eine grosser Fan vom Klavierspiel, denn sie hätte immer gerne Klavierstunden genommen – sie durfte aber nicht. Und wie Eltern es oft so haben: Was sie selber gerne gemacht hätten, muss dann der Nachwuchs tun. Weiterlesen

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