von süss bis ungeniessbar

Blumen zur Venus

Heute würde der Göttergatte mir 37 rote Rosen bringen. Immer am 17. April hat er es gefeiert, dass ich unseren Kennenlerntag über Jahre vergessen habe. Ich hatte immer nur den Hochzeitstag (22. Juni) im Kopf. Und weil wir vor dem 17. April 1988 schon einmal ein Paar gewesen waren, hatte ich dieses Datum nie so wirklich im Kopf … bis er eines Jahres auf einmal zu mir gesagt hat:
„So, ab jetzt sage ich Dir nicht mehr, dass der Kennenlerntag vor der Tür steht. Dann kannst Du Dich schlecht fühlen, wenn ich mit Rosen komme und Du wieder nicht weisst, wieso!“
Ab da hatte ich den 17. April eingeschrieben.

Und heute kämen sie also, die 37 roten Rosen. Ich versuche es zu ignorieren – schliesslich habe ich immer behauptet, dass mir solche Daten nicht wichtig sind. Krass, dass sie es nun doch sind, wenn der Herzmensch auf einmal fehlt.

Ich habe die Sträusse immer fotografiert – auf dem Bild ist ein Strauss von vielen, die ich von ihm im Verlauf unserer langen Beziehung bekommen habe. Ich hoffe, dass das Bild ihn auf der Venus erreicht und ihm ein Grinsen aufs Gesicht zaubert. Im Inneren höre ich ihn sagen:
„Soso, jetzt wo ich nicht mehr da bin kannst Du Dir das Datum auf einmal merken, hä?“

Im übrigen ist es eigentlich 42 Jahre her, dass wir das erste mal Seite an Seite gingen. Aber weil ich ihm damals zu jung war (ich süsse 15, er 20jährig), hat er mich abserviert mit den Worten:
„Ich bin ja nicht wahnsinnig, im komme sonst Deinetwegen noch in den Knast. Ich würde vorschlagen, Du kommst wieder, wenn Du volljährig bist.“

Boah Leute, war ich sauer! STINKESAUER sogar. Vor lauter Wut habe ich damals sogar das Fresspaket selber gegessen, dass ich ihm fürs Militär vorbereitet hatte. Meine Mama hat sich ein Loch in den Bauch gelacht …!

Und ja – ich stand dann tatsächlich mit der Volljährigkeit wieder vor Göga’s Tür. Also das ist die sehr abgekürzte Version unserer Story, aber in etwas so lief das. Und ich amüsiere mich heute noch köstlich über diese Tatsache. Ab da wurde er mich nämlich nicht mehr los!!!

Schatz – ich hoffe, Du liest heute mit – happy anniversary!

Danke, Mick

Hey Göttergatte

Was habe ich heute Deinetwegen schon gegrinst. Ich bin in der Küche zugange – die Familie kommt heute Abend. Und ich habe schon mehrfach die Gewürzschublade aufgemacht und jedesmal muss ich grinsen.

Als wir die Küche umgebaut haben hast Du Dich geärgert, dass es Gewürze gibt, bei denen auf dem Deckel nicht steht, was drin ist. Du bist vor der eingeräumten Schublade gestanden und hast gepoltert über die Idioten, die sowas auf den Markt bringen. „Ich will doch nicht immer die ganzen Gewürze in die Hand nehmen, bis ich endlich das richtige gefunden habe! Muss man den immer alles selber machen?“ Danach hast Du Dein berühmtes Wut-Schnauben von Dir gegeben und hast Dir einen wasserfesten Filzstift geschnappt. Deckel beschriften war angesagt.

Es fühlt sich an, als ob es gestern gewesen wäre. Und jetzt bin ich so dankbar, dass Du das gemacht hast. Seit ich nämlich selber in der Küche werke merke ich, wie mühsam das ohne Deine Beschriftungen wäre.

Ja, und so kommt es, dass ich heute bei jedem Griff grinse und mich innerlich bei Dir für Deine schnaubige Aktion damals bedanke. Ich weiss noch, dass ich den Kopf geschüttelt habe und Dich fragte, ob Du keine anderen Probleme habest, ausser Dich über Gewürzstreuer aufzuregen. Das hat den zweiten Wut-Schnauber provoziert …

Im lauten Atmen, wenn Dich etwas genervt hat, warst Du der Profi schlechthin. Manchmal hat es mich tierisch getriggert, weil ich es meist nicht verstanden habe, dass Du Dich über Lapalien so aufregen konntest. Heute fände ich einen typischen lauten Schnauber von Dir richtig lustig. Aber weisst Du was – innerlich höre ich Dich und deshalb hab ich heute ein Dauergrinsen auf dem Gesicht.

Danke Mick!

Auf – und wieder zu!

Seit knapp drei Monaten steht die geschlossene und vollgepackte Spitaltasche meines Göttergatten im Zimmer. Seit knapp drei Monaten schaue ich sie immer wieder an und frage mich, warum ich sie nicht aufmachen kann. Die Kleider, die er kurz vor seinem Tod getragen hat, sind zusammen mit seinen persönlichen Sachen noch in der Tasche.

Gestern Abend hatte ich auf einmal das Gefühl, die Tasche öffnen zu müssen. Es ist nicht so, dass ich ein Überraschungsei erwartet hätte – aber es war ein sehr komisches Gefühl. Schliesslich habe ich über Jahre diese Tasche immer wieder frisch gepackt, Dinge nach Hause genommen, gewaschen und frische Wäsche nachgeliefert. Diesmal war es anders. Ich habe zwar – wie versprochen – sowohl den Göttergatten als auch seine Tasche aus dem Spital wieder nach Hause genommen. Diesmal musste ich aber die Tasche nicht mehr umpacken. Sie wurde nicht mehr gebraucht.

Beim Öffnen der Tasche kam mir der vertraute Geruch meines Göttergatten entgegen. So muss sich ein Hund beim Gassigehen fühlen. Ich habe an seinem Pyjama geschnüffelt und mein Gesicht darin vergraben. Um meine Brust hat sich augenblicklich ein Gefühl eines zu engen Gürtels gelegt. Dieser vertraute und geliebte Geruch – und sofort die Erkenntnis, dass es den nie mehr bei einer Umarmung geben wird. Ein kurzer Heulkrampf hat mich durchgeschüttelt und ich habe all diese geliebten Dinge wieder zurück in die Tasche gesteckt.

Nun ist der Reissverschluss wieder zu und ich weiss nicht, ob ich es jemals schaffen werde, diese Sachen auszupacken oder wegzugeben. Es ist der einzige Ort, wo der Geruch meines Göttergatten noch präsent ist. Selbst Unterwäsche und Socken habe ich wieder reingesteckt. Ich hatte nämlich das grosse Glück, einen gut riechenden Göttergatten gehabt zu haben. Er hat NIE übel gerochen. Nicht einmal im Krankenhaus. Sein natürlicher Körpergeruch war für mich wie etwas, was nach ZUHAUSE riecht. Eine Umarmung von ihm und ich atmete das Gefühl von „alles wird gut“ ein. Immer schon.

Und genau diese Dinge sind es, die so furchtbar fehlen. Ob es jetzt nach drei Monaten besser wird? Nein! Genau das umgekehrte ist der Fall – es wird aktuell täglich schlimmer. Das Vermissen fängt jetzt erst so richtig an. Und es tut nicht nur in der Seele weh – der ganze Körper schmerzt.

Ich weiss, dass es irgendwann sanfter wird – und nicht mehr ganz so präsent und stark sein wird. Aber nichts wird jemals ersetzen können, was ich verloren habe. Und dafür bedauere ich mich manchmal ganz fürchterlich. Den Weg alleine weiterzugehen ist eine der grossen Aufgaben, die das Leben an alle Paare stellt. Im Normalfall muss nämlich immer einer den Weg alleine weitergehen – man stirbt selten gemeinsam.

Da ich jemand bin, der viele Erinnerungen und Ereignisse mit Gerüchen verbindet (ich habe ein feines Näschen), wird mir Angst beim Gedanken, den Geruch ganz zu verlieren. Auch sein Parfum kann daran nichts ändern – weil es ist eben „nur“ sein Parfum, es ist nicht sein menschlicher Geruch.

Hart und steinig, dieser Weg …

Enkelschmunzler

Der Minimann spielt mit Mama „Verkäuferlis“. Er steht im Krämerladen und tippt, was Mama kauft.

Zum Schluss ist alles verpackt und er guckt Mama an und sagt mit fester Stimme:

„Das macht dann achzighundertdreiviertausend Kalorien bitte!“

Noch Fragen?

Handeln für Anfänger

Da weile ich also im total überlaufenen Mallorca (ein Wunder, dass die Insel nicht untergeht bei all den Menschen) und besuche natürlich den Wochenmarkt von Alcudia. In meinem Kopf sah das sehr romantisch aus. In echt: Du wirst von der Menschenmenge mitgeschoben …

Okay, wenn schon hässlich, dann aber richtig. Schliesslich habe ich genügend süditalienisches Blut in meinen Adern, dass ich weiss: Bezahle niemals, was der Marktverkäufer verlangt. Also handle ich mit einer lauten Spanierin ein Kleid für mein befreundetes Nachbarskind solange runter, dass mich die Verkäuferin in breitem „Spenglisch“ anschreit:
„You are so difficult, oh my god!“

Stolz verkünde ich, dass wir jetzt einen Schnapp gemacht haben, weil ich das Kleid von verlangten 35 Euro auf 22 Euro runter gehandelt habe. Die Freude währt nur kurz.

Abends beim Flanieren durch die Geschäfte von Port Alcudia sehen wir das Kleid wieder. Angeschrieben mit 19.90 Euro!!!!! Ich fühle ich sowas von verarscht. Zudem entdecken wir noch 2 weitere Artikel, die wir auf dem Markt „erhandelt“ haben zu viel tieferen Preisen. Läck, meine Ego ist kurz auf Tauchgang gegangen!

Ich will gar nicht wissen, wieviel hier beschissen wird, um die dummen Touris monetär zu erleichtern. Und ich gehöre dazu!!!! Bitzeli frustriert mich das also schon.

Aber hey: Ich weiss, dass zu Hause Wetten laufen, ob ich diese Ferien im lauten Kinderparadies durchhalte, oder ob ich – wie auch schon – abbreche und wieder nach Hause fliege. Schliesslich haben diese Ferien wenig mit dem zu tun, was ich als Ferien bezeichnen würde. Aber ich kann euch beruhigen: Es gibt hier 4 kleine Kinderaugen, die mich täglich aufs Neue motivieren, es als nicht so schlimm zu betrachten. Die Enkelkinder finden es nämlich super! Und das ist es, was zählt. Drum: Ich werde NICHT vorzeitig abbrechen und freue mich täglich über die zwei kleinen Menschen, die es hier so cool finden.

Eine liebe Freundin hat mir dafür sogar eine Medaille verliehen – ich finde also, ich müsste eigentlich mein Resilienzdiplom bereits in der Tasche haben; schliesslich habe ich weder Klaus-Dieter, noch James, noch Kevin erwürgt und es läuft noch alles in geordneten Bahnen. Auch die Überschwemmung im Badezimmer, das kaputte Küchentablar, das alle Gläser zerschlagen hat, die fette Kakerlake, die mässig geputzten Hotelzimmer und die Schlacht am Frühstücksbuffet habe ich bislang mehr oder weniger erfolgreich weg gelächelt. Und wenn ich mit den beiden Zwergen im Meer bade und in ihre kleinen Gesichter schaue, dann weiss ich: ES HAT SICH GELOHNT!

« Ältere Beiträge

© 2025

Theme von Anders NorénHoch ↑