von süss bis ungeniessbar

Achterbahn

Es gibt Zeiten in unserem irdischen Dasein, da schmeisst das Leben mit soviel Leben um sich, dass wir kaum mehr wissen, wie wir das bewerkstelligen sollen.

Ja, aktuell bin ich mit meinem Göttergatten in genau so einer Situation.

Man kann es schönreden – ändert nur nichts.
Man kann es ignorieren – macht es aber nicht weg.
Man kann dagegen wehren – macht einen noch müder.
Mann kann es akzeptieren – ich tue mich schwer damit und lerne.
Man kann Tag für Tag nehmen – für mich die einzige Strategie zum ÜberLEBEN.

Und dann gibt es den ultimativ gut gemeinten, aber von mir absolut gehassten Killersatz, den ich „öppe mou“ zu hören bekomme:

“Du musst einfach nur positiv denken, dann geht das schon.“

Leute, schon beim Schreiben dieses Satzes kocht mein Blut!!!!!

DU MUSST …. ich muss eigentlich gar nichts!
EINFACH NUR …. wie abwertend ist das denn bitte???
POSITIV DENKEN … im Dunkeln scheint die Sonne nicht!

Zum Veranschaulichen, warum ich diesen Satz so hasse:

Stellt euch vor, euch wird ein Plastiksack über den Kopf gestülpt und dazu kommt der Satz: „Du musst einfach nur weniger atmen, dann geht das schon.“

Ja, in etwa genauso fühlt sich dieser Ratschlag an.
Es gibt sie sicher, die Momente im Leben, in denen positives Denken ganz viel bewegt und bewirkt. Dann gibt es aber einfach auch jene Tatsachen im Leben, in denen das Leben Dir soviel Scheisse vor die Füsse wirft, dass auch mit positivem Denken aus der Scheisse kein Gold wird.

Ich bin so dankbar für alle, die uns tragen helfen. Aber der Killersatz, der muss echt nicht mehr sein.

Tschüss 2024 …

… Du warst eigentlich ein tolles Jahr. Wir haben soviel Schönes erleben können.

– Familienreisen
– Reisen mit Freunden
– Konzerte
– Partys
– Geburtstage
– Hochzeitstage
– Erlebnisse mit den Enkelkindern
– Wunscherfüllungen
– viele Häkchen auf der Bucketlist
– Realisieren von Projekten
– Herzensangelegenheiten.

Nun, dass Du uns Ende Jahr mal wieder auf den Prüfstand stellen musst, das nehmen wir nicht persönlich. Wir finden es zwar ziemlich bescheiden, wissen aber, dass wir nichts daran ändern können. Also versuchen wir mit aller Kraft, das Beste daraus zu machen und auch in der nächsten Zeit mitzunehmen, was immer geht!

Egal was passiert: Wir werden immer zurückschauen und sagen können „WIR HABEN ALLES GEMACHT, WAS GING UND UNS WICHTIG WAR“!!!

Und genauso werden wir auch ins 2025 starten. Unspektakulär aber immer mit dem Gedanken im Hinterkopf: Jeden Tag geniessen, als ob es der Letzte wäre.

In diesem Sinne: Bleibt gesund da draussen – und wenn ihr nicht gesund seid, dann kämpft weiter – für jeden guten Tag, für jede Erinnerung, für jeden Moment. Es lohnt sich!

Neues von der Onkofront

Seit über 8 Jahren begleite ich meinen Göttergatten zu nahezu jedem Termin, der mit seiner Krebserkrankung zu tun hat. Nun ja: Vier Ohren hören mehr als zwei und vier Augen sehen mehr als zwei. Eine ziemlich einfach Rechnung.

Die Bestrahlungstermine, welche dem fiesen Vieh in seinem Körper das Leben ungemütlich machen sollen, die hat er nun alle selber absolviert. Deshalb kann ich auch nur von seinem Foto, welches er vom Bestrahlungsraum gemacht hat, berichten. Zugegeben, unser Wohnzimmer sieht gemütlicher aus, als der Bestrahlungraum mit der schmalen Britsche. Aber wir schiessen in unserem Wohnzimmer schliesslich auch nicht auf entartete Zellen. Bei uns wird maximal im Fernseher bei unseren abendlichen Krimiserien geschossen. Zum Glück!

Was mir heute – als wir gemeinsam in der Onkosprechstunde waren – wieder einmal aufgefallen ist? Die Tatsache, dass offensichtlich viele Menschen meinen, dass man im Wartezimmer der Onkologie gaaaaaaanz still sein muss und auch nicht lachen darf. Ich bin die Crasherin der absoluten Stille aller Wartezimmer. Das führt regelmässig dazu, dass sich die Menschen mir zuwenden und anfangen, mir ihre Lebensgeschichten zu erzählen. Da wäre also der Beweis, dass Krebspatienten am Leben teilhaben wollen, solange das ihre Krankheit erlaubt. Gelebt wird nämlich an jedem Tag. Gestorben nur an einem!

Ich hatte immer meine Mühe mit der Tatsache, dass viele Menschen in den Mitleidsmodus fallen, wenn sie um die Krankheit meines Göttergatten wissen. Tatsache ist aber: Er ist seit Tag eins (Diagnose) als Palliativpatient eingestuft (unheilbar) und wir wissen, dass die Uhr tickt. Deswegen leben wir aber genauso jeden Tag, wie alle anderen – vermeintlich Gesunden – auch. Viele da draussen stellen sich unter der Onkologie (Wartezimmer auf dem Foto – mega chillig) etwas Grässliches vor. Ja, die Krankheit an sich ist grausam und man wünscht sie keinem. Tatsache ist aber, dass sie sich noch viel schlimmer anfühlt, wenn wir sie mit jedem Tag der Krankheit ein bisschen mehr dramatisieren. Wenn wir verstummen, nicht mehr lachen und auf den Tod warten, dann ist die Krankheit tatsächlich unerträglich. Wenn wir sie als ungebetenen Gast ansehen, dem wir das Leben so lange ungemütlich machen, wie es nur geht, ohne dabei den Humor ab Tag eins zu begraben, dann fühlt es sich nicht ganz so schwer an.

Keiner möchte an Krebs sterben. Also eigentlich möchte grundsätzlich irgendwie niemand sterben. Und doch werden wir es alle irgendwann tun. Bis dahin wäre es aber ratsam, zu leben und zu geniessen, was eben (noch) geht! Und ja: Auch unheilbar Kranke können verdammt gut aussehen. Ich höre nämlich immer mal wieder den Satz: „Ich kann mir das gar nicht vorstellen, dass Dein Mann so krank ist, der sieht ja noch gut aus.“ Solche und ähnliche Aussagen zeigen mir immer wieder, dass wir noch soviel Aufklärungsarbeit zu leisten haben. Ein Grund mehr, dass ich mich als Peer bei der Krebsliga engagiere!

All das klingt einfach? Ist es nicht – aber man kann daran arbeiten und sich immer wieder bewusst machen, wieviel Leben in jedem Tag steckt, wenn wir es nur sehen wollen!

In diesem Sinne: Bleibt gesund – oder seid einfach dankbar für jeden guten Tag im Leben.

Jahrestag der Krebsdiagnose

Der 12. November 2016. Der Tag, der unser Leben für immer verändert hat.

Heute schreiben wir den 12. November 2024 – das bedeutet, dass wir heute ins 9. Überlebensjahr nach der Diagnose „unheilbar“ starten.

Zugegeben, die Ausgangslage war schon besser, als sie es aktuell gerade ist. Der ungebetene Gast hat beschlossen, sein Zuhause im Körper meines Göttergatten auszuweiten und uns damit Steine in den Weg zu legen, die leider sehr gross und schier nicht zu bewältigen sind.

Tatsache ist aber: Wir nehmen den Kampf ein weiteres mal auf – allerdings nicht blauäugig, sondern im Wissen, dass die Luft noch dünner wird. Wir hadern, die Tränen laufen und wir sind verzweifelt, wie jede Familie, die so etwas erlebt. Aber wir rücken noch näher zusammen, erarbeiten Strategien und wägen ab zwischen dem schmalen Grat, der zwischen Leben und Sterben verläuft.

Der Göttergatte entscheidet sich einmal mehr für eine weitere Runde Kampf, um noch mehr Erinnerungen sammeln zu können. Wir stützen und sammeln mit! Denn auch bei allem, was an dieser Krankheit schrecklich, hässlich und unerklärlich ist, so schauen wir aktuell auf 8 Jahre zurück, die NIEMAND je erwartet hätte. Die Mediziner verstehen es als „Wunder“ – der Göttergatte benennt es mit „meine eigene Statistik“. Wir als Familie nehmen es als geschenkte Zeit.

Geschenkte Zeit, die wir mit allem gefüllt haben, was ging. Wir schauen nicht zurück, um all die harten und schrecklichen Ereignisse nochmal durchzugehen. Wir schauen zurück im Wissen, dass wir so verdammt viel schöne Momente, Ereignisse, Erfahrungen und Glückszeiten sammeln konnten.

Und das werden wir in der nächsten Zeit genauso weiter versuchen. Auch wenn die Steine nun grösser sind, die uns im Weg liegen – dann fahren wir halt die Bagger auf. Solange der Göttergatte den Weg sieht, solange gehen wir ihn gemeinsam. Und wir feiern das Leben jeden Tag ein kleines oder grösseres Bisschen.

Was wir bis hierhin als Familie geschafft haben, ist auch für uns manchmal kaum fassbar. Und unser Netz an Menschen, die uns dabei stützen und mittragen, ist unglaublich.

Dafür sind wir dankbar und nehmen die nächste Runde in Angriff. Immer im Wissen, dass das Leben sehr zerbrechlich, aber einfach auch schlicht wunderbar sein kann.

Bildungsre-RE-form!



Kein Verschreiber, eher ein frommer Wunsch von mir: Bringt uns das alte Bildungssytem zurück.

Als Mutter, Grossmutter, Unternehmerin und Nachhilfelehrerin sehe, höre und erlebe ich so einiges. Was das Bildungssystem betrifft, sind es leider mehrheitlich Lücken, Löcher und viele Fragezeichen.

. Schüler-/innen mogeln sich durch die gesamte Schulzeit, ohne jemals wirklich Lesen und Verstehen im Griff zu haben. Es scheint keinen zu interessieren.

. Bildungspersonen müssen tonnenweise Formulare ausfüllen, um jedes noch so kleine Detail zu dokumentieren. Zeit, die von der Bildung abgeht.

. Stufenübergreifende Fächer werden in sogenannten Niveaugruppen unterrichtet – aus einst mehreren Stufen macht man einen einzigen grossen Suppentopf.

. Es entsteht wohl mehr soziale Gerechtigkeit – leider auf Kosten der Bildung.

. Kriseninterventionen an Schulen werden zur Tagesordnung – militante Schüler-/innen haben schliesslich einen guten Anwalt.

. Lehrpersonen steigen nach kurzer Zeit mit Burnout-Symptomen aus, weil ihnen in alle Richtungen die Hände gebunden sind.

Was läuft falsch?

Meine persönliche Meinung: Während vor dieser ganzen Reformitis jedes Kind leistungstechnisch einer benennbaren Gruppe zugeteilt war, sitzen heute im schlechtesten Fall vom fremdsprachigen Analphabeten bis zum kleinen Einstein alle Kinder in derselben Klasse. Im Rahmen der Inklusion dürfte das ganze Drama noch verstärkt werden.

Was ist falsch daran, wenn man auf einer Leistungsskala von 0 – 100 mehrere Gruppen entsprechend ihrer Leistungen macht? Die Meinung, man könnte den 0-er Schüler und den 100-er Schüler bis Ende Schuljahr auf einen Nenner bringen, hat sich bislang meines Wissens nirgends bewahrheitet.

Soziales Denken in Ehren: Der Bildung bringt das herzlich wenig. Es wird auch mit viel sozialem Verständnis immer die schwächeren und stärkeren Schüler-/innen geben. Genauso bleibt auch die Tatsache, dass die Berufswege dieser vielen verschiedenen Lernenden ganz anders aussehen werden.

Ich bin noch immer bekennender Fan von:

– Vorkindergarten (ohne Schreiben und Zählen)
– Kindergarten (ohne Schreiben und Zählen)
– Primärstufe Kleinklasse
– Primärstufe Einführungsklasse
– Primärstufe Regelklasse
– Primärstufe Einfache Möglichkeit zur Repetition einer Klasse
– Primärstufe Einfache Möglichkeit zum Überspringen einer Klasse
– Sekundärstufe Oberschule
– Sekundärstufe Sekundarschule
– Sekundärstufe Bezirksschule
– Sekundärstufe Bezirksschule V (Übertritt Kantonsschule)
– Sekundärstufe Gymnasium
Damit war so wunderbar klar, wo man steht und welchen Weg man geht. Immer mit der Option auf einen Wechsel nach oben oder unten .

Ich finde es beängstigend, die heutige Entwicklung zu beobachten. Dass dabei mit der veränderten Gesellschaft argumentiert wird, scheint mir schwach. Es könnte nämlich auch sein, dass sich die Gesellschaft durch diese unsägliche Reformitis verändert hat. Und was bleibt, ist Frust.

Schade …

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