von süss bis ungeniessbar

Zugekleistert

In meiner geliebten Hansestadt komme ich immer auf Ideen, die mir sonst nicht im Traum einfallen würden. Diesmal war es ein Profi-Makeup. Ich habe bei einer Parfümerie einen Aushang gesehen, der Tages- und Abendmakeup im Angebot hatte. Also nichts wie hin! Ich als Landei mit gerade mal einer Wimperntusche und Lippenstift im Kulturbeutel – das musste ausprobiert werden.

Erste Überraschung: Der Profi war ein Mann. Keine Ahnung, warum ich immer meinte, die Makeup-Artists seien Frauen. Aber wie gesagt: Landei ohne Ahnung.

Ich habe keine Vorgaben gemacht und nur gesagt: „Machen Sie mal – ich habe ohnehin keinen Plan, was man da so alles machen muss.“

Im Spiegel vor mir konnte ich jeweils die Schritte verfolgen …

… nach jedem Schritt dachte ich, dass es das nun gewesen sein wird …

… aber weit gefehlt – das ist wie die Restaurierung eines alten Kunstwerks – da wird grundiert, gespachtelt, ausgeglichen und gepinselt …

… mal Augen nach oben, dann Augen zu …

… dann gefühlt die 5. Schicht Spachtelmasse …

… und dann das unglaubliche Gefühl, einen Handyfilter auf dem Gesicht zu haben. Der Teint ebenmässig, die Flecken alle weg und die Konturen weich und sanft.

… dann ein Lippenstift, den ich im Leben nie gewählt hätte, um mich frischer zu machen und nach 40 Minuten steht da eine Frau, die ich so noch nie gesehen habe.

Das Gefühl auf der Haut war besser, als erwartet, aber mit dem ganzen Gedöns auf meinem Gesicht konnte ich mich nicht so wirklich anfreunden. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, mich nicht kratzen zu dürfen, weil ich sonst Spuren in den 5 Spachtelschichten hinterlassen würde.

Zu meinem grossen Erstauenen hat die Farbe bis zum späten Abend gehalten wie sonstwas. Nichts verruscht oder verschmiert. Ja, ich habe also im Pyjama immer noch ausgesehen, als ob ich auf den Opernball gehen würde. Und dann kam das böse Erwachen: was so gut hält, wehrt sich sehr gegen die Entfernung!

Ich habe also mehrere Minuten lang geschrubbt, gewaschen und abgeschminkt, bis die ganze Spachtelmasse von meinem Gesicht runter war und mein wahres ICH wieder zum Vorschein kam:

Eine wirklich witzige Erfahrung, die ich da mal machen durfte. Aber echt jetzt: Wer zum Teufel tut sich das tagtäglich an. Wieviel Lebenszeit geht da flöten, in der man nur pinselt und spachtelt, um abends das ganze Gemälde wieder mühsam zu entfernen? Ganz abgesehen von der Tatsache, dass – wenn man das mal anfängt – man das dann ja immer machen muss. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie diese gepinselten Damen aussehen, wenn sie mal ungeschminkt zur Türe gehen … GEISTERBAHN???

Falls ihr wissen möchtet, ob ich all diese Produkte gekauft habe: NEIN. Ich wusste schon bei Produkt 2 nicht mehr, wie die Reihenfolge ist und was man nun wo und wann mit welcher Bewegung auftragen müsste. Selbstgemacht würde ich also wie ein Clown rumrennen. Deshalb belasse ich es auch künftig bei Wimperntusche.

Aber lustig wars …

Klein Willy auf Reisen

Es gibt da diese kleine Maus – ich nenne sie Willy. Willy reist gerne. Und er steigt standesgemäss – wie es sich für kleine Mäuse gehört – nur in guten Hotels ab. So hat es kleine Willy auch diesmal gemacht. Er hat das Vier Jahreszeiten in Hamburg für sich als gut genug eingestuft, um dort mal kurz einen Mäuseurlaub einzulegen.

Gut gelaunt hat er sich auf den Weg zur grossen Hotelbar gemacht, um dort noch das eine oder andere Nüsschen zu schnappen oder an der Olive zu knabbern. Zwischen den dunkelrot gepolsterten Luxussesseln und den wunderbaren Perserteppichen hat Willy sich auf dem Marmorboden einen Laufsteg gesucht, um zwischen all den hübschen Schuhen der vielen Gäste durchzudüsen.

Ich hab Willy sofort entdeckt und wollte ihm eigentlich den Weg zum Ausgang zeigen. Er hat mich aber irgendwie nicht genauso gemocht, wie ich ihn. Hinter den pompösen Vorhängen hat er sich versteckt und gewartet, bis ich mich wieder hingesetzt habe. Dann hat er sich wieder wie ein Düsewind durch die Halle auf den Weg gemacht, um nach weiteren Knabbereien Ausschau zu halten.

Auf einmal hat Willy wunderbar glitzrige Dinger unter einem Tisch entdeckt. Jap, richtig: Die Schuhe einer edlen Blondine in einem weissen Kostüm. Willy wollte sich die Dinger näher ansehen. Irgendwie fand das die Blondine nicht gleich lustig, wie Willy. Zack, waren ihre Beine in der Höhe, genauso wie ihre Stimmlage. Und ihre Augen entsprachen in etwa dem Blick, wenn ich einem T-Rex in der Hotelbar begegnen würde. Logisch, dass ihr Angetrauter sofort den Kellner rufen musste. Als ob dieser auch nur ansatzweise eine Chance gegen Flitze-Willy gehabt hätte.

Zugegeben, ich hätte zu gerne zugeschaut, wie sich die Hotelbelegschaft auf die Jagd nach Willy hätte machen müssen. Haben sie zum Glück aber nicht – wohlweislich, denn wer schafft es schon, einer so kleinen Maus zick zack durch die Hotelbar folgen zu können.

Ich hoffe inständig, dass Willy heute Nacht den Ausgang findet und nicht jämmerlich in einer Falle landet. Schliesslich sind im Vier Jahreszeiten in Hamburg nur Hunde verboten. Von Mäusen steht da nichts!

Toi toi toi Willy, ich drück Dir die Daumen.

Es ist vorbei!!!! :-)

Ab heute ist die Welt wieder covidfrei. Wir können unsere Koffern packen und wieder verreisen. Ist das nicht wunderbar? Die Restaurants sind alle wieder geöffnet und wir dürfen wieder maskenlos flanieren und uns ein wunderbares Essen in einer schönen Gaststätte gönnen.

Ich werde als erstes meine Tasche mit Brieftasche schnappen (ich bin nämlich seit Monaten ohne Brieftasche unterwegs … brauche sie ja nie!) und mich in den Zug setzen und einen Tag lang durch Zürich schlendern. Schaufenster gucken – einkaufen, was kein Mensch braucht, in ein Café sitzen und Menschen gucken – grinsen und geniessen ohne Ende!

Wieder zu Hause werde ich mit dem Göttergatten die Koffer packen, ins Flugzeug steigen und wegfliegen. Wir haben uns ein tolles Haus am Meer gebucht. Das Haus liegt inmitten eines wunderbar bunten Dorfes mit vielen einheimischen Geschäften und Essmöglichkeiten. Wir werden dort mit den gemieteten Rollern über die Insel düsen und ganz viele Leute kennenlernen. Jeden Tag werden wir uns überlegen, wo wir als nächsten wunderbar Essen können und wir werden jedes Tier streicheln, das uns begegnet (ausser es hat 8 Beine … dann nicht!).

Wieder in der Heimat werden wir mindestens unsere 50 liebsten Menschen einladen und gemeinsam auf unserem Strässchen unser Leben feiern. Mit Umarmen (Küssen muss nicht sein), mit Lachen, Flüstern, Kreischen, Sitzen, Hüpfen und ohne Abstand. Überall werden Häppchen und Getränke stehen und jeder kann sich nach Herzenslust bedienen. Und die Kinder werden gemeinsam mit Fingerfarben die ganze Strasse bunt bemalen, weil sie das dürfen!

Dann werden wir schon wieder packen müssen. Hamburg steht an! Unsere Hansestadt wird einmal mehr von uns unsicher gemacht. Jedes der laufenden Musicals wird besucht. Wir werden Tim Mälzer in der Bullerei besuchen, im Alex am Jungfernstieg einen fetten Burger verdrücken und dabei die stolzen Gockel in ihren PS-Boliden beobachten, die regelmässig dort ihre Runden drehen. Danach werden wir zum Elbstrand bummeln und mit klein Ellie den riesigen Schiffen zusehen, die wie schwimmende Riesen den Fluss passieren, um die Container zu entladen. Danach werden wir in einem der wunderbarsten Fischrestaurants eine gigantische Meeresfrüchte-Etagere de Luxe geniessen und dabei aufs Wasser gucken. Danach? Satt und zufrieden ins schönste Hotelbett der Welt sinken.

Meine Güte, bin ich froh, dass wir all das wieder tun können … irgendwann … aber leider nicht jetzt … es ist nämlich nur ein APRILSCHERZ! Aber es war cool, mal kurz zu träumen …

Hansemädchen, Geburtstag und Geschmatze …

Ich habe mir zum Geburtstag ein paar Tage in Hamburg im Lieblingshotel mit meiner Familie gewünscht. Es wurde ein wunderbare Woche – zum ersten Mal ist auch das kleinste Hansemädchen aus der Familie mitgereist. Und sie hat das klasse gemacht. Unser kleiner Sonnenschein ist definitiv ein „Reisefüdli“ … wenn was läuft, ist sie voll mit dabei! Fremde Menschen, Shopping, Restaurants, Lärm – unsere Kleinste strahlt übers ganze Gesicht!

Dann hat der Göttergatte im Hotel offenbar das ganze Personal gebrieft – da war nix mit „Geburtstag schön anonym“. Er hat für mich einen unfassbar riesigen Blumenstrauss organisiert, meinen Lieblingsmoscato servieren und eine Karotten-Sahne-Torte backen lassen. Vom Hotel habe ich eine Wellnessbehandlung und Pflegeprodukte geschenkt bekommen. Und im Frühstücksraum hat man mir einen schönen Geburtstagstisch mit Kerzen vorbereitet. Wahnsinn, oder? Alles wie ich mir das erträumt hatte. PERFEKT. Und ich habe jeden einzelnen Moment dieser Woche genossen!

Was es in dieser wunderbaren Stadt alles zu sehen gibt, ist unglaublich. Die Vielfalt der Menschen reicht, um abends die Hirnwindungen wieder entwirren zu müssen, bevor man einschlafen kann. Was mir diesmal besonders aufgefallen ist? Nun ja:

Kim Kardashian scheint irgendwo ein Nest voller Sprösslinge abgelegt zu haben. Hier rennen beinahe alle jungen Frauen mit gemachten Riesenmöpsen (nein, ich meine NICHT die Hunde), mit Schlauchbootlippen, viel zu kleinen Näschen, mit kilometerlangen Kunstwimpern UND noch längeren Fingernägeln rum … und sie sind allesamt GENAU GLEICH geschminkt. Grauenvoll!!!

Im Chanel und im Louis Vuitton stehen die Asiaten an, um alle dieselben Taschen zu ergattern … schnurzegal, ob schön oder nicht: Sie wollen alle einfach DIESELBEN Teile haben!

Und dann wären da noch die arabischen Gäste der Hansestadt. Meine Güte: Manchmal wussten wir fast nicht, ob wir noch in Deutschland sind. Kopftücher, dunkle Teints und schwarze Bärte ohne Ende. Und leider – achtung Klischee – die meisten ohne Benehmen! Wenn im Speisesaal am Frühstücksstisch neben uns zwei Männer sitzen (die Frauen sitzen ja schliesslich separat an Tischen) und das Omelett mit den Händen essen und dabei schmatzen, dass wir uns nicht mehr verstehen … nun ja … dann ist das wie ein Unfall. Man möchte wegsehen, aber es geht nicht. Und weghören schon gar nicht! Das absolut zuvorkommende Servicepersonal wird von diesen Männern behandelt, als ob sie aus der untersten Schublade gekrochen kämen. Kein BITTE, kein DANKE … nichts. Höchstens eine abschätzige Handbewegung. Schliesslich sind ja die Fachkräfte im Service in der Regel auch Frauen – und da haben arabische Männer so ihre Probleme mit. Hallo? Ja, es gibt andere … davon haben wir aber leider nicht viele gesehen. Diese besonderen Herren der Schöpfung tauchen auf und man hat das Gefühl, dass deren Geld die Welt regiert. Grauenvolle Art, sich aufzuführen.

Was die Angestellten eines wunderbaren Hotels an der Alster so alles erleben, das geht manchmal echt zu weit – zumindest für meinen Geschmack. Sie müssen aber nett und zuvorkommend bleiben, und dafür haben sie meinen allergrössten Respekt. Und ich muss dazu sagen, dass wir heute auch ein deutsches Ehepaar erlebt haben, das sich über ALLES beschwert hat – ohne Punkt und Komma, ohne einmal Luft zu holen. Dass der Frühstücksraum voll, und das Personal im Dauereinsatz war, das war ihnen egal. Beschweren war angesagt! Es ging alles zu langsam. Hallo? Ihr sitzt im Hotel und seit im Stress (mit vermutlich ungefähr 80 Jahren) … warum bleibt ihr dann nicht einfach zu Hause!?

Unsere Woche war perfekt und wir haben ALLES genossen und an Eindrücken mitgenommen, was möglich war. Unsere Hansestadt ist und bleibt unsere Hansestadt. Wir kommen wieder 🙂 Und unser kleiner Sonnenschein war der Liebling aller … egal in welcher Sprache … „jööööööööh“ klingt irgendwie überall gleich!

 

Obdachlos trifft auf Dekadenz

Eine Woche in der wunderschönen Hansestadt und die Wehmut vor der Abreise macht sich breit. So ist das immer, wenn wir wieder hier sind. Jedesmal fragen wir uns, warum wir eigentlich nicht einfach bleiben. Und doch fliegen wir immer wieder zurück in die Schweiz. Und jedesmal ärgert mich hier genau dasselbe Verhalten vieler Menschen:

Da sitzt eine Frau Ü60 (ganz offensichtlich Einheimische) vor dem teuersten Einkaufscenter Hamburgs mit ihrem Plastikbecher in der Hand und fragt um Geld – und 99% der gut betuchten Menschen gehen achtlos an ihr vorbei und tun so, als ob sie die Frau nicht sehen würden. Hallo? Ich meine: Wer im Alsterhaus einkaufen kann, hat doch wohl auch ein paar Cent für eine Frau übrig, die über ihren Schatten springen und um Geld betteln muss, weil man hier ohne Job keine Wohnung und ohne Wohnung keinen Job bekommt.

Ich habe mich mit der Frau auf ein Gespräch eingelassen und habe – anstatt des Einkaufs – einen 50-Euro-Schein bei ihr gelassen. Sie hat mich gebeten, mich dafür umarmen zu dürfen: „Ich habe auch nichts Ansteckendes“, meinte sie dazu noch entschuldigend. Natürlich habe ich sie umarmt. Und natürlich habe ich mich für all die operierten Näschen und aufgespritzten Lippen geschämt, die einfach an ihr vorbeigegangen sind, ohne sie überhaupt zu beachten.

In den Kneipen ist das Betteln ja verboten – ausser in der Bullerei bei Tim Mälzer. Da dürfen die Bedürftigen rein und ihre Zeitschriften oder ihre Bücher an den Tischen anbieten und um eine Spende bitten. Und da habe ich mich wieder nerven müssen. Die meisten Leute essen einfach weiter und tun so, als ob diese Menschen gar nicht existieren würden. Sie ignorieren sie einfach! Was soll das? Ich meine: Es ist jedem selber überlassen, ob er etwas geben möchte; aber man kann doch zumindest „nein danke“ sagen, oder fällt einem da ne Zacke aus der Krone? Man stelle sich mal vor, man müsste abends von Tisch zu Tisch gehen und Menschen mit vollen Tellern darum bitten, eine kleine Spende zu geben. Alleine das braucht ja schon eine Menge Überwindung. Aber wie weh muss es tun, wenn man dann einfach kalten Arsches ignoriert wird? Ich finde das unflätig – jenseits von anständig und überhaupt schäme ich mich dann regelmässig fremd bis zum Abwinken.

Und man möge mir jetzt bitte nicht erklären, dass jeder Mensch das selber in der Hand hat. Nicht hier in Deutschland. Wer da mal durch den Raster des Alters, der Gesundheit (Krankheit) oder sonstiger Paragraphen gefallen ist, der kommt kaum noch auf die Beine. Also bitte: Gerade hier in Hamburg ist die Dichte an Reichen und Schwerreichen auffallend, da dürfte es doch nicht so schwer sein, den eigenen Leuten zu helfen. Oder erleichtert man das Gewissen lieber, indem man noch ein paar hundert Flüchtlinge aufnimmt und dann meint, damit sei es getan? Wo bleibt die Solidarität zu den „Nachbarn“ hier?

So – ich habe fertig geschimpft!

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