von süss bis ungeniessbar

Hallo Leben!

Hätte mir vor anderthalb Jahren jemand gesagt, dass die Gastronomie das Leben rockt, hätte ich gesagt, dass man dann wohl einen sehr engen Horizont haben muss. Und was merke ich nun? Mein Horizont in den letzten unendlich langen Monaten war eng. Sehr eng. Also eigentlich von unserer Gartenhecke bis zur Küche und wieder zurück …

Und am Sonntag haben der Göttergatte und ich (selbstverständlich beide vollständig geimpft) unseren Horizont mit einem kleinen Paukenschlag wieder geöffnet. Für andere ein Witz – für uns ein grosser Schritt ins normale Leben. Wir waren gemeinsam im Restaurant unter freiem Himmel und haben bestellt, worauf wir gerade Lust hatten. Wir haben all die fröhlichen Menschen beobachtet, den Gesprächen gelauscht, das rege Treiben auf dem Kinderspielplatz beäugt und uns köstlich amüsiert. Es hat sich angefühlt wie die Rückkehr des Lebens (das klingt nun etwas abgedroschen … wie ein Film aus der Küche Hollywoods).

Tags darauf kam dann der nächste grosse Schritt: Einladung zu einem Hochzeitsfest – und demzufolge einige Menschen, die wir weder kannten noch von uns fern halten mochten. Auch dies hat im Freien stattgefunden. Klar, Desinfektionsmittel immer griffbereit … obwohl ich zu meiner Schande gestehen muss, dass mein vermeintliches Desinfektionsmittel sich als Hygienewaschlotion herausgestellt hat und der Göttergatte und ich anschliessend klebrige Seifenhände hatten. Shit happens!

Wir haben gefühlt stundenlang gelacht – dem bunten Treiben der Hochzeitsgäste zugeschaut, der kubanischen Musik gelauscht, getanzt und das Leben gefeiert. Und ich habe nach Monaten das erste mal zwei Menschen umarmt, die nicht zu meinem engsten Familienkreis gehören. Ich gebe zu, ich war verunsichert … soll ich, oder soll ich nicht? Und dann hab ich es einfach getan, und habe es genossen. Ein wunderbar neues Gefühl! Zugegeben: Im Bauch immer ein etwas mulmiges Nebengeräusch dazu … ob das für immer bleiben wird?

Covid ist noch lange nicht vorbei – das wird es vermutlich auch nie. Es gehört zu uns und unserem Leben und wir werden uns arrangieren lernen. Der Moment für die totale Fahrlässigkeit wäre der falsche – aber das Gefühl, wieder ein Stück Leben zurückzubekommen, ist definitiv wunderbar. Und weil es so schön ist … heute gleich nochmal … Restaurantbesuch mit den langjährigsten Freundinnen, die ich auch schon seit Monaten nicht mehr umarmt habe. In meinem Fall ist es so, dass ich auf die Küsschen hier und Küsschen da gut verzichten kann – die brauchen für mich nicht mehr zurückzukommen. Aber eine Umarmung wärmt die Seele schon ungemein. Ach ja: Auch das Pfotenschütteln muss nicht mehr sein. Ich will mich danach nicht dauernd mit der versehentlich gekauften Hygienewaschlotion einschmieren müssen – und dieses kleine Fläschchen mit der blauen Flüssigkeit (im Optimalfall Desinfektionsmittel) wird mein Begleiter bleiben.

Welcome back to life 🙂

Es ist vorbei!!!! :-)

Ab heute ist die Welt wieder covidfrei. Wir können unsere Koffern packen und wieder verreisen. Ist das nicht wunderbar? Die Restaurants sind alle wieder geöffnet und wir dürfen wieder maskenlos flanieren und uns ein wunderbares Essen in einer schönen Gaststätte gönnen.

Ich werde als erstes meine Tasche mit Brieftasche schnappen (ich bin nämlich seit Monaten ohne Brieftasche unterwegs … brauche sie ja nie!) und mich in den Zug setzen und einen Tag lang durch Zürich schlendern. Schaufenster gucken – einkaufen, was kein Mensch braucht, in ein Café sitzen und Menschen gucken – grinsen und geniessen ohne Ende!

Wieder zu Hause werde ich mit dem Göttergatten die Koffer packen, ins Flugzeug steigen und wegfliegen. Wir haben uns ein tolles Haus am Meer gebucht. Das Haus liegt inmitten eines wunderbar bunten Dorfes mit vielen einheimischen Geschäften und Essmöglichkeiten. Wir werden dort mit den gemieteten Rollern über die Insel düsen und ganz viele Leute kennenlernen. Jeden Tag werden wir uns überlegen, wo wir als nächsten wunderbar Essen können und wir werden jedes Tier streicheln, das uns begegnet (ausser es hat 8 Beine … dann nicht!).

Wieder in der Heimat werden wir mindestens unsere 50 liebsten Menschen einladen und gemeinsam auf unserem Strässchen unser Leben feiern. Mit Umarmen (Küssen muss nicht sein), mit Lachen, Flüstern, Kreischen, Sitzen, Hüpfen und ohne Abstand. Überall werden Häppchen und Getränke stehen und jeder kann sich nach Herzenslust bedienen. Und die Kinder werden gemeinsam mit Fingerfarben die ganze Strasse bunt bemalen, weil sie das dürfen!

Dann werden wir schon wieder packen müssen. Hamburg steht an! Unsere Hansestadt wird einmal mehr von uns unsicher gemacht. Jedes der laufenden Musicals wird besucht. Wir werden Tim Mälzer in der Bullerei besuchen, im Alex am Jungfernstieg einen fetten Burger verdrücken und dabei die stolzen Gockel in ihren PS-Boliden beobachten, die regelmässig dort ihre Runden drehen. Danach werden wir zum Elbstrand bummeln und mit klein Ellie den riesigen Schiffen zusehen, die wie schwimmende Riesen den Fluss passieren, um die Container zu entladen. Danach werden wir in einem der wunderbarsten Fischrestaurants eine gigantische Meeresfrüchte-Etagere de Luxe geniessen und dabei aufs Wasser gucken. Danach? Satt und zufrieden ins schönste Hotelbett der Welt sinken.

Meine Güte, bin ich froh, dass wir all das wieder tun können … irgendwann … aber leider nicht jetzt … es ist nämlich nur ein APRILSCHERZ! Aber es war cool, mal kurz zu träumen …

Guck mal in den Spiegel!

Habt ihr euch im Jahr seit Corona auch schon mal im Spiegel studiert und dabei vielleicht dasselbe gedacht wie ich?

„Wo kommen auf einmal all die Falten her? Warum sieht mein Gesicht derart alt aus? Was ist mit meinem Gesichtsausdruck passiert? Warum nützen all die Antifaltenmasken und Crèmes nichts?“

Ich habe mich nie älter gesehen, als jetzt. Und ich habe für mich eine Erklärung gesucht, weil ich mich nicht so alt fühle, wie ich aussehe. Ich glaube, eine ziemlich einfache und logische Erklärung gefunden zu haben:

Ich bin grundsätzlich ein fröhlicher Mensch, der gerne lacht. In Gesellschaft laufe ich zur Hochform auf und schaffe es, dabei Tränen zu lachen. Ich bin gesellig und mag es, einfach irgendwo in einem Kaffee zu sitzen und den Leuten zuzuschauen. Dabei hier ein Schwätzchen, dort ein Grinser und ganz viel Witz darf dabei nicht fehlen. Ich finde, dass das Leben an sich ernst genug ist, als dass man zum Lachen in den Keller gehen sollte…

Seit Corona ist mir das Lachen ganz offensichtlich im Alltag ziemlich abhanden gekommen. Die Gesellschaft fehlt, die Abwechslung fehlt, die Kontakte fehlen, der Witz bleibt mir im Halse stecken und Tränen kommen mir höchstens ob der aktuellen Situation. Und da haben wir ihn, den KNACKPUNKT!!! Lachen aktiviert komplett andere Muskeln im Gesicht, als dies ein ernster Gesichtsausdruck tut. Es entspannt, es schüttet Endorphine aus und es hebt die gesamte Gesichtsmuskulatur optisch an. Was passiert also, wenn wir viel zu oft sinnierend zu Hause sitzen und sich die Gedanken im Kreis drehen? Wenn wir dabei im Extremfall sogar ständig auf die Zähne beissen und versuchen, die Situation einfach auszuhalten? Wir aktivieren eine Muskulatur, welche dafür sorgt, dass das Gesicht „hängend“ und müde aussehen lässt.

Falls ihr jetzt denken mögt, ich soll doch mehr Komödien schauen oder Witze lesen … NEIN, das ist eben nicht die Lösung – zumal ich bei Komödien selten wirklich lachen kann. Was ich zum Lachen brauche sind Menschen, ist das Leben, die Abwechslung, die lustigen Situationen aus dem lebendigen Alltag. Und all das fehlt, leider.

Ich denke, ich kann salben und Masken auflegen bis zum Erbrechen … es wird nichts daran ändern, dass mein Gesicht sich erst wieder entspannt, wenn die Situation sich wieder entspannt. So einfach habe ich die Erklärung für mich gefunden …

Und ihr so?

Das Leben ist kein Wunschkonzert

Wer bis dato nicht gelernt hat, dass das Leben manchmal verdammt hart sein kann, der hat es spätestens mit der Pandemie lernen müssen. Es gibt Dinge, die können wir einfach nicht kontrollieren. Da stehen wir gleichsam machtlos wie auch ratlos einer Tatsache gegenüber, die uns schier verzweifeln lässt. Da gibt es nichts, was wir akut tun können, um es besser zu machen oder es einfach zu verändern. Nichts!

Der Mensch in der fortschrittlich entwickelten Welt ist es gewohnt, dass er alles so lange verändern kann, bis es ihm gefällt oder zumindest nahe an sein Ziel heran kommt. Und nun? Nun stehen wir da – mitten in einem Leben, das wir uns noch vor einem Jahr nicht haben vorstellen können. Und wir können im Dreieck springen, schreien, toben, heulen … es ändert aber nichts an der Tatsache, dass wir machtlos sind. Die kleinen fiesen Virenviecher lehren uns das Leben „back to the roots“! Was das mit uns anstellt und noch anstellen wird, darüber kann man nur mutmassen. Dass es aber tiefe Spuren hinterlässt, das sieht und spürt man jetzt schon.

Unser persönliches Leben auf dem Onkoplaneten hat uns vor Jahren schon gelehrt, dass es Dinge gibt, die wir einfach nicht ändern können. Und das Verzichten auf viele lieb gewonnene Gewohnheiten hat damals von Tag eins an dazu gehört. Ich dachte deshalb, dass mir das Leben unter Pandemieregeln nicht mehr viel ausmachen würde. Falsch gedacht. Es hängt mir so langsam aber sicher richtig zum Hals raus! Und ich merke, wie meine Träume und Wunschgedanken immer kleiner und überschaubarer werden. Inzwischen bin ich in meinem Kopf bei einem recht bescheidenen Wunsch angekommen:

Ich wünsche mir, dass ich im Sommer geimpft in einem Strassencafé sitzen und den Menschen beim Leben zuschauen kann. Ja, das wäre wunderbar!

Schon krass, wie sich die Prioritäten im Leben verschieben und wie Dinge, die man vorher als wichtig erachtet hat, auf einmal nichtig und klein werden. Dass Gesundheit unser wichtigstes Gut ist, das habe ich immer verstanden. Inzwischen sollte das auch bei allen Menschen angekommen sein. Und ich weiss inzwischen auch, dass es gut ist nicht zu wissen, was noch alles auf uns zukommt …

Ich hoffe dann mal auf den Sommer!

Dezembermärchen Teil 2

Wie immer: Mein Abendrundgang mit klein Ellie und ich bestaune die vielen wunderbaren Weihnachtsbeleuchtungen der Häuser. Bis mir ein komisch bunter Haufen farbig leuchtender Punkte auffällt. Er ist anders als die anderen – er ist ständig in Bewegung und passt so gar nicht ins schöne Bild der Weihnachtslichter. Ich gehe näher hin und Ellie knurrt. Da erkenne ich die kleine grüne Schrumpelkartoffel mit den Pickeln mittendrin. Ja, genau der kleine grüne Kerl mit den fetten Patschhändchen, der mir letzthin schon im Weg stand.

„Hey, dich kenn ich doch!“ trötet er frech aus dem Gewusel raus.
„Ja, Du bist doch dieser Covid der 19. aus Wuhan, oder?“
„Genauuu!!!“ er klatscht freudig in seine gruseligen Patschände und kreischt: „Ich habe meine Familie dabei!“
„Aha – und was wollen die alle da?“ Ich studiere dabei all die bunten hässlichen Gesichter mit ihren Pickeln, die da wild drucheinander hüpfen und ziehe mein Gesicht noch tiefer in meinen Schal.
„Die freuen sich alle schon mächtig auf die diversen Reisemöglichkeiten, die sich ihnen bieten. Wir stimmen uns auf die grosse Megaparty ein – gemeinsam!“
„Welche Megaparty?“ frage ich erstaunt.
„Wo lebst Du?“, fragt mich klein Covid frech.
„Zuhause“, antworte ich knapp.
Er so: „Ach so, deshalb kennst Du die Party nicht. Die läuft derzeit tagsüber in den Städten!“
„Echt jetzt?“ Ich verstehe nur noch Bahnhof.
„Klar, da kommen ganze Scharen von gestressten Reisegelegenheiten und drängeln in diese Häuser mit den Spielsachen und Fernsehern und all dem bunten Zeug. Die kann ich doch nicht alle alleine begrüssen. Dafür brauche ich Verstärkung!“
„Oh – so macht ihr das also? Findest Du das nicht fies?“ ich gucke böse.
Er so: „Wieso fies – wir suchen ja nicht bewusst – wir warten nur und steigen zu, wenn sich die Gelegenheit bietet. Und es bieten sich massig Gelegenheiten.“
„Und warum lasst ihr uns nicht einfach in Ruhe?“ ich fauche inzwischen beim Sprechen.
„Warum sollten wir? Wir leben von euch – und ihr lasst uns leben. Und ich bin ja kein Egoist. Partys feiert man nicht alleine – also habe ich meine Freunde noch gerufen – die treffen alle in Kürze auch ein.“
Er sagt das und seine ganzen bunten und hässlichen Familienmitglieder hüpfen wie die Irren hoch und runter.

Ich schaue ratlos in diesen bunten Haufen und Ellie hat inzwischen ihre Rute zwischen die Beine geklemmt. Sie winselt leise. Ich koche innerlich.

„Du weisst schon, dass ich euch alle gerne totschlagen würde?“ fauche ich den hässlichen Schrumpelknollen an.
„Echt jetzt? Schade, ich liebe euch alle sehr. Ihr seid so nett und serviert mir immer wieder neue Reisemöglichkeiten auf dem Silbertablett. Grad gestern bin ich mit einem Zweibeiner mit komischen Dingern an den Füssen einen weissen Hang runtergedüst. Davon hatte es dort so viele, dass ich meine Familie auch zur Verstärkung rufen musste.“

Ich schüttle den Kopf und flüstere: „Du weisst gar nicht, wie sehr ich euch alle hasse!“
Er so: „Warum denn? Wir nehmen nur, was ihr uns anbietet! Und jetzt müssen wir los – wir bereiten uns auf unseren Tag vor den grossen Häusern mit den bunten Sachen vor!“

Der bunte und wirre Haufen verschwindet im Dunkeln und ich gehe irritiert meinen Rundgang mit klein Ellie weiter. Mir läuft es immer wieder kalt den Rücken runter – aber nicht, weil es Winter ist … nein: Mir macht Angst, was da noch alles auf uns zukommt. Und Angst ist ein schlechter Begleiter. Aber die kleine Schrumpelkartoffel und sein Gefolge scheinen weit cleverer zu sein als wir.

Das macht mich traurig …

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