von süss bis ungeniessbar

Danke Mick!

Jedesmal, wenn ich im Flugzeug sitze und die Wolkenbilder betrachte, weiss ich, dass Du ganz nah bist. Ich stelle mir immer vor, wie es wohl dort ist, wo Du gerade bist. Und ich wünsche mir ganz fest, dass es dort wunderbar ist – weil ich Dir das von Herzen gönnen würde. Du hast es so fest verdient, schmerz- und angstfrei irgendwo da oben Deinen neuen Weg zu gehen.

Was mich betrifft, machst Du aber auch einen guten Job, Mick – Du stehst schützend an meiner Seite.

Du schickst mir Menschen auf meinen Weg, bei denen ich erstmal ganz schön Lehrgeld bezahlen muss, um zu erkennen, dass es nicht jeder gut mir meint. Menschen, die versuchen, mein grosses Herz auszunutzen. Und dank Dir habe ich gelernt, vorsichtig zu sein und nicht sofort zu vertrauen. Du warst immer der Vorsichtigere von uns. Und Deine Alarmglocken haben meistens schon geläutet, wenn ich immer noch an das Gute im Menschen glauben wollte. Und gerade weil ich soviel mit Dir lernen konnte, habe ich einmal mehr in meinem Leben im richtigen Moment die Handbremse gezogen. Danke Mick, dass Du so nah an meiner Seite bist. Ich bin mir absolut sicher, dass ich die Reissleine auf Ibiza genau im richtigen Moment ziehen konnte, weil Du mir die Kraft dafür gegeben hast. Und es hat mich einen grossen Schritt weitergebracht!

Spätestens, als mir eine spirituelle Menschin ungefragt erklären wollte, dass sie Kontakt zu Dir habe und Dich dabei auch noch perfekt beschreiben konnte, wurde ich stutzig. Okay, ich war zuerst echt irritiert. Dann habe ich darüber nachgedacht, ob ich nun vertrauen oder misstrauisch werden sollte. Ich habe mich für zweiteres entschieden, was erstmal nicht einmal meine liebsten Freundinnen verstehen konnten. Ich wurde stutzig, weil jede-/r, der mir auf den sozialen Medien folgt, Dich perfekt um- und beschreiben kann. Ich habe Dir schon so viele Geschichten gewidmet, dass man dafür keine spirituellen Fähigkeiten haben muss. Also war meine Alarmstufe schon dunkelrot, als ich meine Gedankengänge zu Ende gedacht hatte. Und ich wusste, dass Du niemals mit solch schrägen Vögeln in Kontakt treten würdest. Das würde nicht einmal ansatzweise zu Dir passen.

Du hast mich im richtigen Moment in Alarmbereitschaft versetzt! (Schneller habe ich im Leben noch nie meinen Koffer gepackt, als nach diesen Gedankengängen).

Aber: Du schickst mir auch ganz wunderbare Menschen auf meinen Weg, die mich überraschen, mir gut tun und mich ehrlich begleiten. Ich bin mir inzwischen tatsächlich sicher, dass ich weiss, wenn Du Deine Hände mit im Spiel hast. Und ich sehe sogar Dein schelmisches Grinsen, wenn dem so ist. Du hast mir gesagt, dass Du nach Deinem Tod weg sein wirst. Für immer. Und dass Du Dich auch nicht mehr zeigen werdest. Das konntest Du definitiv nicht einhalten. Dafür warst Du im Leben zu sehr darauf bedacht, dass es mir gut geht. Und wenn ich gerade mal wieder orientierungslos falsch abbiege, bist Du da und schubst mich in die richtige Richtung. Danke, dass Du nicht GANZ gegangen bist.

Ich habe den Mut, in mein letztes Lebensdrittel zu gehen, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben. Das verdanke ich unserem hervorragenden Teamwork, das wir hatten. Und dem Wissen, dass ich mein Bestes gegeben habe und an unserem Schicksal nichts mehr ändern konnte. Keiner wusste besser mit der Zicke in mir umzugehen, als Du. Keiner konnte sich besser mit mir streiten, als Du. Und deshalb bin ich dankbar, dass Du mir nun auch Menschen schickst, die den Mut haben, mir hin und wieder die Leviten zu lesen. Immer nur höflich nicken und alles wunderbar finden, was ich mache, ergibt sonst eine ziemlich fade Suppe.

Danke Mick, dass es Dich gefühlt mein Leben lang für mich gab – und ein noch grösseres Danke dafür, dass Du auch jetzt nicht einfach verschwunden bist. Das macht mich stärker denn je!!!

An alle ehrlichen und unehrlichen Menschen da draussen: Ich bin keinem von euch böse – die einen von euch sind ein echtes Geschenk, die anderen eine Lektion. Beides bringt mich weiter!

Kolleritis akutis

Was gehört zu den perfekten Familienferien mit Freunden?

. Das kinderfreundliche Hotel mit dem wunderbaren Strand – CHECK!
. Die wärmende Sonne – CHECK!
. Ruhe und Kinderprogramm – CHECK!
. Aussicht aufs Meer – mässig erfüllt, wie man unschwer auf dem Bild erkennen kann. Ich muss auf dem Freisitz hoch und runter hüpfen, wenn ich aufs Meer sehen will.
. Liebe Menschen – CHECK!

Aaaaaaber – da ist er, der kleine und doch so unfassbar grosse Fehler ….

DER Mensch, der diese Gruppe komplett gemacht hat, ist seit Januar nicht mehr unter uns. Der Göttergatte, der in diesen Familien- und Freundeferien für uns alle so vieles war.

Der Herzensmensch, der Papa, der Gropi, der Bierbuddy, der Witzereisser, der Sonnenbrandspezialist, der Buffetplünderer und der Meerschwimmer.

Und so kommt es nun, dass ich seit langem wieder einmal den totalen Koller einziehe. Ich habe Fluchtgedanken. Ich möchte nach Hause zurückreisen, obwohl ich weiss, dass er dort auch nicht ist. Ich vermisse ihn unglaublich und mir ist noch nie so sehr bewusst geworden, dass es gefühlt nur Grosseltern-Paare gibt. Rund um mich sind nur Elternpaare oder Grossväter UND -mütter. Und dann gibt es da noch mich. Zwar wunderbar eingebettet in meine Familie und meine lieben Freunde. Aber in Wahrheit halt einfach nur noch MICH, nicht mehr UNS.

Es sind die ersten Ferien, die sich für mich anfühlen, als ob ich Klebstoff an den Füssen und Blei in der Seele hätte. Es fühlt sich alles falsch an. Und so gut wie alles geht mir auf die Nerven.

Trauer kann auf sehr schräge Art und Weise zuschlagen. Und dann finde ich auf einmal die Wellen zu hoch, den Wind zu warm, die Menschen zu laut, das Essen zu langweilig, den Liegestuhl zu hart und mein Nervenkostüm definitiv zu dünn. Andere trinken beim Frühstück den Saft – mir tropfen die Tränen in den Kaffee.

Was könnte mir helfen? Einfache Antwort: NICHTS! Weil diese beschissenen Trauertsunamis einfach zuschlagen, wann immer sie möchten. Und wer nun denkt, dass ich nach einem halben Jahr nun definitiv darüber hinweg sein sollte, dem soll gesagt sein: Man kann den Verlust eines Menschen, den man fast 40 Jahre an der Seite hatte, nicht in einem halben Jahr mal schnell verarbeiten. Das braucht Zeit – vermutlich bis ans Lebensende. Mal geht es besser, mal weniger.

Aktuell bin ich im Modus WENIGER!

P.S.: Meine beiden Enkelkinder lassen mich von Tag zu Tag hangeln … sonst wäre ich schon wieder abgereist.

Was werde ich vermissen?

Die Koffer sind gepackt und es geht morgen zurück in die Schweiz. Ich sitze schwitzend auf der Terrasse und frage mich, was ich zu Hause vermissen werde. Die Antwort ist ziemlich einfach: Die Aussicht aufs Meer, die fehlt mir immer sehr.

Und sonst? Eigentlich nur sie:

Die Herzmenschin, die einfach alles mitmacht, immer da ist, versteht, zuhört, diskutiert, interessiert ist und so positiv durchs Leben geht, dass sie selbst mich dazu bringt, meine Grenzen immer wieder aufs Neue zu sprengen.

Seit der Göttergatte nicht mehr lebt, habe ich bestimmt schon 1000 mal gesagt: Jeder, der einen Tiefschlag einstecken muss im Leben, sollte eine solche Herzmenschin haben. Es macht doch so einiges einfacher! Unbezahlbar.

Ich habe sogar das grosse Glück, neben einer genialen Familie ganz viele tolle Menschen um mich herum zu haben. Die bestmögliche Ausgangslage in einer doch manchmal sehr bescheidenen Lebenssituation.

Worauf freue ich mich zu Hause?

Na klaaaar:
Auf meine beiden Zwerge!!!!!
Auf meine Familie.
Auf meine Freunde.
Auf meine TV-Couch.
Auf meine Dusche.
Auf mein Skyr.

Worauf freue ich mich gar nicht?
Auf die Tatsache, dass mein Zuhause eben nur noch mein Zuhause ist. Nicht mehr unser Zuhause. Dass der Göttergatte dort nicht wartet, um mich in den Arm zu nehmen und an seinen Bauch zu drücken. Dass er keine Witze über meine Berge von Schmutzwäsche machen wird und dass er auch den Kühlschrank nicht mit Lieblingsessen gefüllt hat.

Ja, verreisen und wieder nach Hause zurückkehren ist anders geworden, seit der Göttergatte fehlt. Sehr fest anders …

Alarm in Wohnzimmer

Kurze Information, um die Geschichte besser zu veranschaulichen: Wenn der Göttergatte und ich gemeinsam vor der Glotze sind, dann gleicht das einem absolut entspannten Massenlager. Unser Sofa ist eine Liegewiese und unsere Extremitäten müssen nicht sortiert werden. Sie können einfach bleiben, wo sie bei der Landung gerade den ersten Kontakt mit dem Kuschelding haben. Auch klein Ellie und mindestens eine Katze haben dabei noch locker ihre Plätze.
So geschehen auch vor kurzem.

Da ruft der Göttergatte auf einmal aus dem Nichts:

„Ey, guck Dir das an – ich glaubs nicht“, und zeigt auf unseren gemusterten Teppich, der vor dem TV-Gerät liegt.

Seine Stimmlage ordne ich irgendwo zwischen überrascht und absolut verständnislos ein. Ergo: Mein System stellt auf Panik. Ich gucke zwar, sehe aber noch nichts und ziehe instinktiv meine Beine hoch an meinen Körper (Embryo) und quietsche:

„Nein, ich will nicht!“

Hä – ich will was nicht? Und wo ist die Logik hinter dieser Reaktion? Null Logik! Einfach eine komplett irrationale Reaktion einer verwirrten Frau. Keine Ahnung, was ich auf dem Teppich erwartet habe. Aber was ich dann sehe, habe ich definitiv nicht erwartet:

Der hübsche Kerl hüpft völlig verängstigt durch unser Wohnzimmer – warum auch immer. Und erst im Badezimmer an der Wand kommt er zum Stillstand und ich habe die Chance, ihn zu fotografieren. Ich weiss nicht, wer mehr erschrocken ist: Der Frosch oder ich?

Noch vielmehr würde mich aber interessieren, woher der kleine Kerl gekommen ist und wie es kam, dass er auf einmal durch unser Wohnzimmer gehüpft ist. Bei uns wohnen bekanntlich noch zwei Kater und eine Hündin – er muss also relativ gut in Deckung gewesen sein.

Dass der Göttergatte ihn mit einem kleinen Becken eingefangen und vor seiner Freilassung noch den Enkelkindern gezeigt hat, ist Ehrensache. Der kleine Kerl war heilfroh, als er den Weg in die Freiheit und in Richtung Bach wieder hatte und hüpfte sofort los.

Die Enkelin verabschiedete sich von ihm mit den Worten: „Tschüss Frosch! Ich bin ein bisschen traurig, dass Du Deine Mama verloren hast, aber Du findest sie sicher wieder.“

Sachen gibts, die gibts gar nicht!

5 Jahre seit …

… ich an diesem grauen Novembermorgen aus dem Fenster schaute und wusste, dass sich unser Leben nie wieder so anfühlen würde, wie es sich zuvor angefühlt hat.

Es war der Morgen, nachdem man mir auf dem Korridor eines Krankenhauses die Diagnose „Krebs“ bei meinem Göttergatten ins Gesicht klatschte. Es war der Morgen, an jenem ich mit meiner Hündin in den Garten ging und nicht verstehen konnte, warum sich die Welt noch genauso dreht, wie sie dies zuvor getan hat. Es war jener Morgen, an dem ich mich fragte, wie ich mir ein Leben ohne meinen Göttergatten vorstellen sollte.

An diesem Tag habe ich funktioniert wie eine Maschine. Ich habe organisiert, durchgedacht, aufgegleist und auf Raten der Ärzte alles Administrative in die Wege geleitet, um einen prognostizierten nahen Tod zu regeln, soweit man dies halt eben regeln kann. Es war, als ob mein ganzen System auf Autopilot geschaltet hätte und ich stand neben mir und schaute mir bei all dem zu.

Der Göttergatte hatte auch zu diesem Zeitpunkt die Tragweite dieser Diagnose noch nicht verstanden – zum Glück. Er war guter Dinge und lag wohl im Krankenhaus, allerdings mit einem völligen Unverständnis für all die Geschehnisse um ihn herum, und mit dem einen Satz, den ich nie vergessen werde: „Was interessieren mich die Statistiken dieser Ärzte, ich schreibe meine eigene Statistik?!“

Ich hatte damals nicht einen Hauch von Verständnis dafür. Meine Welt war aus den Fugen geraten und er war selbst da noch stoisch.

Nun – ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass uns ein Spaziergang bevorstand. Wir gehen gemeinsam einen nicht immer einfachen Weg. Und er hat schon so einiges über sich ergehen lassen müssen. Unser Leben hat sich nachhaltig verändert und ich frage mich oft, was gewesen wäre, wenn er sich nach der vernichtenden Diagnose aufgegeben hätte. Aber Fakt ist, dass er dies niemals getan hat und so hat er aus prognostizierten wenigen Monaten inzwischen inzwischen 5 JAHRE gemacht!!!

5 Jahre, in welchen wir viele Steine aus dem Weg räumen mussten; allerdings eben auch 5 Jahre, in welchen wir soviel Schönes erleben konnten. Ich hätte damals nicht im Traum daran gedacht, dass wir noch gemeinsam Grosseltern werden könnten. Im Gegenteil: In meinem Kopf war der Gedanke, dass ich all das nicht mehr mit ihm erleben würde. Inzwischen sind wir zweifache Grosseltern, haben einige wunderbare Reisen gemeinsam gemacht und durchleben gar gemeinsam eine Pandemie. Okay, zugegeben: SELBIGE stand nicht auf unserer Bucketlist; aber da wurden wir leider nicht gefragt.

Das Krebsvieh ist leider zäh, sehr zäh … und leider unbesiegbar – aber wie er wenige Monate in 5 Jahre verwandelt hat, macht doch Mut, dass unser Weg noch etwas dauern wird. Und es macht Hoffnung auf weitere Erlebnisse, mit welchen ich damals nicht gerechnet habe.

Wie heisst es so schön: Das Spiel ist erst zu Ende, wenn der Schiedsrichter abgepfiffen hat. Wir gehen in eine weitere Verlängerung und starten heute das 6. Jahr. Unfassbar!

Was lernen wir daraus? Mit dem Kopf im Sand haben wir zu wenig Luft, um auch harte Wege in Angriff zu nehmen. Also immer schön den Kopf oben halten …

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