von süss bis ungeniessbar

Wortkotze oder Sprechdurchfall …

… ich leide an einem der beiden Übel! Oder noch schlimmer: Ich leide gleichzeitig an beiden!!!

Die letzten Tage haben mich mal wieder etwas mehr gebraucht, als ich wahrhaben wollte. Das fiese Krabbentier, welches meinen Göga einfach partout nicht in Ruhe lassen will, hat uns ja einen happigen Noteinsatz im Inselspital Bern absolvieren lassen – einen mehrtägigen Einsatz, der uns allen alles abverlangt hat. Und wie reagiere ich, wenn die erste grosse Gefahr gebannt ist? Ich reagiere, wie eine Betrunkene … total gaga!!!

Man könnte aktuell gerade meinen, es sei mein Schädel, der mit 17 Tackern versehen wurde und man habe an meinem Gehirn rumhantiert. Was ich an Unsinn von mir gebe, das schaffen andere vermutlich nicht mal mit zwei Promille. Da kommen Sätze wie:

„Es hat dort zwei Sessel im Stuhl“, …. oder
„Wir könnten ja gemeinsam den Friseur schneiden“, …. oder
„Die Narbe auf dem Schnitt ist sehr weit hinten am Kopf“, …. oder
„Auf der linken Seite ist ein linksseitiger Ausfall“, ….

???

Ja, meine Gegenüber müssen sich im Moment sehr konzentrieren, um mit meinem Geschwafel mitzukommen. Wenn mein System überlastet ist, dann reagiere ich ganz offensichtlich mit totalem Sprechdurchfall. Mein Gehirn weiss zwar, was es mitteilen möchte … aber die Worte kommen wild durcheinander gewirbelt und völlig unlogisch aus meinem Mund. Manchmal merke ich es sofort nach dem Sprechen – das ist dann jene Situation, wenn ich die Worte quasi noch in der Luft hängen sehe und sie nicht mehr zurückholen kann. Es gibt aber auch unzählige Situationen, in welchen ich nur am Blick meines Gegenübers sehe, dass ich offenbar wieder totalen Quark erzählt habe. Dann blitzen die Fragezeichen in den Augen meiner Gesprächspartner auf. Und ich versuche, zu sortieren, was ich an Stuss von mir gegeben habe.

Schreiben hilft. Da muss ich die Konzentration auf das geschriebene Wort legen und kann es – bei falscher Anordnung – wieder korrigieren. Sollten sich in diesem Text nun aber auch fiese Fehler eingeschlichen haben, so bin ich für einmal entschuldigt. Die Modepraline hat aktuell gerade mal wieder die Müdigkeitsgrenze überschritten und das System ist overload. Ihr braucht mich jetzt nicht zu trösten – mir geht es gut … ich bombardiere einfach mein Umfeld gerade mit sehr viel Wortsalat. Mit italienischer Sauce könnte ich den Wortsalat eigentlich wieder runterschlucken, neu sortieren und sauber angeordnet nochmal von mir geben … dann wäre ich einfacher zu verstehen. Ich arbeite daran! 🙂

 

Krankes Gesundheitssystem

Nach zwei Jahren intensivem Lebenskampf an der Seite meines Göttergatten wissen wir eines mit Sicherheit: Unser Gesundheitssystem ist krank, sehr krank! Wenn man von einem Tag auf den anderen auf den Onkoplaneten katapultiert wird, hat man zwei Möglichkeiten:

Entweder, man macht sich selber ganz schnell schlau und wird zur Kampfsau an der medizinschen Front …

… oder man stirbt irgendwo auf dem Weg zwischen Paragraph 456 von Krankenhaus A  zu Pragraph 895 von Krankenhaus B.

Klingt krass? Ist es auch!

Je komplexer eine schlimme Krankheit ist, umso schwieriger wird der Kampf. Sobald mehrere Spitäler involviert sind, darf man sich eigentlich keine Sekunde mehr in Sicherheit meinen. Die Abläufe und Wege sind schon innerhalb eines einzigen Krankenhauses kompliziert und oft einfach nur unverständlich. Wenn es aber dann zwischen mehreren Krankenhäusern und den verschiedenen Ärzten funktionieren sollte, dann ist man – mit Verlaub – ohne eigene Koordinations- und Organisationsstelle aufgeschmissen. Es lässt sich leider nicht vermeiden, dass bei gewissen Krankheitsbildern mehrere Krankenhäuser involivert sind, da nicht jedes Krankenhaus jedes Fachgebiet abdecken kann. Und dann fängt der Irrgarten der Medizin und damit das Labyrinth für den Patienten an. Ein Labyrinth, aus welchem ein sehr kranker Mensch alleine gar nicht mehr rausfinden kann. Da braucht es Unterstützung.

Wir haben ganz zu Beginn unseres Lebens mit dem fiesen Krabbentier vom Onkodoc unseres Vertrauens etwas sehr Wertvolles gelernt: Ordner anlegen – keine Sprechstunde oder Untersuchung verlassen, ohne die Dokumente nicht in der Hand zu haben – alles sammeln und immer bei sich tragen. Das war das Beste, was wir in Anbetracht der ziemlich beschissenen Situation lernen konnten.

Zusätzlich führe ich ein medizinisches Tagebuch seit Tag 1. Medikamente, Operationen, Untersuchungen, Bildgebungen, Aussagen von Ärzten … alles halte ich fest. Niemals könnte man sonst alles im Kopfe behalten und koordinieren. Und wer nun intervenieren will mit: „Aber das ist doch der Job der behandelnden Ärzte“, dem muss ich leider sagen: „Es WÄRE deren Job, richtig. Die Realität sieht aber anders aus!“

Wir haben Ausnahmen erlebt, die gibt es zum Glück auch. Aber die Mehrheit der Spitalärzte arbeiten mit dem Tunnelblick ihres „Hoheitsgebietes“ … und machen keinen auch noch so kleinen Blick darüber hinaus. Oft wird sogar lieber gegeneinander, als miteinander gearbeitet – das Opfer ist der Patient. Wir machen als Familie seit zwei Jahren einen Intensivlehrgang in Onkologie, pharmazeutische Wissenschaft, Juristik, Radiologie, Radioonkologie und sämtlichen Notfallszenarien und deren Abläufen.

Und dabei frage ich mich: Was wäre, wenn wir als Familie nicht in der Lage wären, all das zu verstehen, zu tragen und uns immer wieder für den Patienten stark zu machen? Oder anders gefragt: Was macht ein Patient, der keine Familie oder kein Netzwerk hat? Wenn ich den Gedanken zu Ende denke, dann wird mir schlecht. Zumal die Ärzte, wenn man sie darauf anspricht, um diese Missstände wissen und finden, dass das leider trauriger Alltag und nicht zu ändern sei! Hä??? Wir sprechen hier von Menschen – nicht von Fallakten!

Ob es auch ein Studie darüber gibt, wieviel Fallakten vorzeitig geschlossen wurden, weil die Zusammenarbeit der dringend benötigten Stellen nicht funktioniert hat? Wohl kaum – das Resultat wäre bestimmt nicht sehr aufbauend in Anbetracht der Tatsache, dass wir hier in der hochtechnologisierten und medizinisch gut aufgestellten Schweiz leben …

Ich wünsche allen, dass sie gesund sein, bleiben oder werden dürfen – alles andere ist nämlich ziemlich gefährlich (in jeglicher Hinsicht) und ich werde den Beliebtheitsaward in den Krankenhäusern nicht mehr gewinnen – das ist aber ganz okay so: Ich sehe nämlich in einem weissen Kittel noch keinen Gott!!

Regenwurm und Goldfisch

Wie versüsst man einem Patienten den Krankenhausaufenthalt? Also: Man massiert ihm täglich die Füsschen mit Fussbalsam – man lenkt seine Gedanken mit doofen Ratespielen in andere Galaxien – man geht mit ihm Kaffee trinken und … man spielt UNO!!! Ja, der Göttergatte und ich spielen zusammen UNO und zwar mit unterschiedlichen Regeln, was zu ziemlich komischen Spielabläufen führt.

Der Zufall will es, dass das Tochterkind sich während einer solchen UNO-Episode ins Krankenbett des Papas legt und uns beim Spielen zuschaut. Und weil wir uns ständig „verspielen“ (vor allem ich!) und ich die Regeln einfach immer aufs Neue erfragen muss (Spatzenhirn), meint das Tochterkind zuerst: „Also, UNO ist in etwa das einzige Spiel, welches man sogar mit Neugeborenen spielen kann, weil es so simpel ist. Aber ihr schafft es, selbst das nicht auf die Reihe zu bekommen.“

Jaja, ich gebe ja zu, dass ich spieltechnisch in etwa die grösste Niete dieses Planeten bin. Ich bin nur gut im Flunkern … aber dafür müsste man erst die vielen unterschiedlichen Regeln kapieren und speichern. Bei meinem Löchersieb im Kopf scheint das einfach unmöglich. Und so kichert das Tochterkind im Papa-Krankenbett vor sich hin und auf einmal meint sie: „Wenn ich euch so zuschaue, habe ich das Gefühl, ein Regenwurm spielt gegen einen Goldfisch“, was soviel heissen soll wie: Dumm spielt gegen dümmer!

Und dann legt das liebe Kind noch nach mit: „Darüber könntest Du doch mal eine Geschichte schreiben, hä!?“ Okay, meine Liebe – erledigt!

Gut versichert?

In der Schweiz ist das Krankenkassensystem – mit Verlaub – mehr als besonders! Anders als in anderen Ländern bezahlt hier jeder Einwohner seine Krankenkasse selber und das ist obligatorisch. Die einzige Wahl besteht in der Art WIE man sich versichern will. Vom absoluten Minimum bis zur Luxusvariante ist alles drin, wobei man sagen muss, dass aufgrund der expoldierenden Prämien die meisten inzwischen nur noch grundversichert (Minimum) sind. Weiterlesen

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