von süss bis ungeniessbar

Ich habe die Nase voll …

… und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Neben einem mühsamen und zähen Husten hat sich nun noch ein übler Männerschnupfen dazugesellt. Alles dicht bei mir – Wickel und Sprays nützen nichts mehr. Ergo: Schlafen geht so erst recht nicht mehr.

Okay, ich hatte nie einen Mann, der mich bei Grippe betüdelt hat. Im Gegenteil: Er war meistens sauer, wenn ich krank war, weil er es nicht ertragen konnte. Da kam oft nur trocken:
„Brauchst Du was? Ich bin sonst in der Garage.“

Ja, und nun hat es mich nach ewig langer Zeit wieder einmal erwischt und ich bedauere mich grad selber. Wusstest ihr, dass krank UND schlaflos sich alleine viel schlimmer anfühlt, als wenn jemand im Haus ist?

Die Nächte sind länger, dunkler, stiller, einsamer und der Schnupfen mutiert zum Ungeheuer – alles nur, weil man weiss, dass da keiner ist, bei dem man jammern kann. Die Psyche spielt mir grad arge Streiche und ich wünschte mir meine Kinderzeit zurück, in der meine Mama an meinem Bett sass und strickte, während sie mir die Schallplatte umdrehte und mir Orangensaft presste. Und wenn ich mir das so überlege, dann wird der Husten grad noch einmal schlimmer!

MEINE GÜTE FRAU JÄGGI, jetzt reiss Dich mal zusammen – damminomol!!!

Es ist okay, sich im Selbstmitleid hin und wieder zu suhlen. Aktuell gehe ich mir aber grad selber dabei auf die Nerven.

Mick, Du hast mir jetzt schon einige Prüfungen gestellt, die ich erfolgreich absolviert habe. Könntest Du mir jetzt mal eine Handvoll Feenstaub schicken, der mich wieder munter zaubert? Und in der Nacht gerne Schlafzaubertropfen!

Ich warte – mehr oder weniger geduldig, aber ich W A R T E !!!

Hatschi!

Schlaflos

Das ultimative Schock-Bild zum Mittwoch. Ich, ohne Schlaf!!!

Als wir noch zu zweit waren, war der Göttergatte meistens der erste am Frühstückstisch. Erst ganz zum Schluss seiner Krankheit ist er nicht mehr mit den Hühnern aufgestanden. Ich habe nie verstehen können, warum man – wenn es draussen noch dunkel ist – freiwillig aus dem Bett kriecht.

Nun, ganz offensichtlich hat der Göttergatte mir nicht nur ganz viele Erinnerungen da gelassen, sondern auch etwas, was ich gar nicht mag: Schlaflos zu sein und gefühlt mitten in der Nacht aufzustehen. Seit heute morgen um halb 5 bin ich auf den Beinen. Geschlafen habe ich gar nicht. Keine Ahnung, warum – okay, es könnte der Vollmond gewesen sein.

Fakt ist: Seit der Göttergatte nicht mehr da ist, hat sich meine Schlafqualität von schlecht auf hundsmiserabel gesenkt!! Ich bin zwar chronisch müde und mein Energielevel ist ungefähr auf der Hälfte von dem, was ich ich sonst an Energie habe. Aber die Sache mit dem Schlafen will nicht mehr so recht funktionieren.

Geduld sei das Schlüsselwort. Das gehöre dazu. Ja, ich weiss! Ich bin aber nicht nur hundemüde. Es fühlt sich auch ziemlich einsam an, wenn man mitten in der Nacht aus dem Bett steigt und im ganzen Quartier noch nirgends ein Licht brennt. Dann wird mir das ALLEINE auf einmal sehr bewusst.

Nein, ich fahre jetzt nicht die Selbstmitleidsschiene, aber es stinkt mir doch gewaltig. Ich möchte einfach ganz gerne mal wieder einfach nur schlafen. Das wäre schon Freude genug! Mehr nicht.

Mick, falls Du das liest: „Ich habe bislang jeden Test, den Du mir stellst, gemeistert. Ich habe gestern sogar das erste mal eine Pfanne Hühnersuppe mit Gemüse selber gemacht. Könntest Du mir jetzt bitte dafür etwas Schlaf schicken – in der Nacht, wenn es geht. Nicht nachmittags, weil ich vor Müdigkeit auf dem Sofa einschlafe, obwohl ich das nicht wollte.“

Keine Ahnung, ob er auf der Venus meine Zeilen liest, aber ich hoffe es!

Lieber Göttergatte …

… wo auch immer Du gerade bist, wir müssen reden!

Ja, ich weiss, Dein Vertrauen in mich war unendlich. Und Du hast mir immer gesagt, dass ich es locker alleine schaffen werde, weil es nichts gäbe, was ich nicht auch ohne Dich könne. Soweit so gut – aber falls Du mich gerade testen möchtest, dann wäre jetzt so langsam genug …

Zuerst hat sich bei meinem Auto der elektronische Schlüssel eingeschlossen. Hund und Handy und Schlüssel alles im Auto – Auto zu! Technisch nicht möglich, aber er hat es getan. Ich musste also die Garage anrufen und die mussten den Fehler beheben … der auch gemäss den Garagisten gar nicht möglich sein sollte.

Kurz darauf merke ich, dass es etwas kühl wird im Haus. Die Heizung zeigt mir eine Störung an. Wie gut, dass ich das Heizungszeug immer gemacht habe. Ich konnte das Teil also wieder in Betrieb nehmen.

Zwei Tage später hat unsere Wohnzimmerlampe mit der speziellen Birne den Geist aufgegeben. Ich wollte die Birne wechseln – allerdings habe ich beim Wechseln entdeckt, dass Du die Lampe offenbar schon mehrfach geleimt hattest und sie ist mir in den Fingern zerbrochen. Fazit: Ich musste eine neue Lampe kaufen.

Seit einer Woche schliesst nun die Abzugsklappe unseres Dampfabzugs in der neuen Küche nicht mehr. Es zieht also immer wunderbar kalte Winterluft in unser Haus. Auch nach mehrmaligem manuellem Öffnen konnte ich die Klappe nicht dazu bringen, sich wieder zu schliessen. Telefon zum Küchenbauer – HILFE!

Und heute, ja heute hat Dein sehnlichst gewünschter und selber montierter Wasserhahn im Gästeklo einen Sprung fabriziert und das Wasser tritt ungehindert an Orten aus, wo es kein Mensch haben möchte. Ich habe über diesen Wasserhahn schon den Kopf geschüttelt, als Du ihn montiert hast. So ein typisches Männerspielzeug, das keine Frau braucht. Nun muss ich mich tatsächlich auf die Suche nach einem neuen Wasserhahn machen – als ob ich auch nur den Hauch einer Ahnung von Sanitärarbeiten hätte.

So, liebster Göttergatte – ich lerne ja so langsam die Sache mit dem Kochen und so. Aber die ganzen technischen Aufgaben könntest Du jetzt kurz mal stoppen. Ich werde sie alle schon hinbekommen, aber bitte nicht alles auf einmal. Oder bist das gar nicht Du???

Wobei: Ich habe Dich stark im Verdacht. Du hast es schon immer geliebt, mich aufs Glatteis zu führen und dann zu schauen, wie ich mich schlage. Bei jeder weiteren Aufgabe gucke ich nach oben und sage: „Echt jetzt Mick, das auch noch?“

Dein Werkzeugkasten ist gerade mein bester Freund und Du dürftest mir kurz mal eine Pause gönnen. Schliesslich habe ich grad noch gefühlt zwei Millionen Viren im Körper und muss mir den Tee selber kochen. Also bitte – etwas Nachsicht wäre nett.

Ich weiss, dass Du jetzt grinst von einem Ohr bis zum anderen und Dir ins Fäustchen lachst … aber hey: Ich schlage mich tapfer.

Und: Ich liebe Dich trotzdem!

So viele gute Jahre

1985 Das Jahr, als ich Dich das erste mal traf.
1988 Das Jahr, als wir ein Paar wurden.
1988 Das Jahr, als wir unsere 1. gemeinsame Wohnung bezogen haben.
1991 Das Jahr, als wir geheiratet haben.
1992 Das Jahr, als Du Dein erstes Studium abgeschlossen hast.
1993 Das Jahr, als unser Sohn geboren wurde.
1995 Das Jahr, als unsere Tochter geboren wurde.
1997 Das Jahr, als wir unser Haus gebaut haben.
1998 Das Jahr, als Du Dein zweites Studium abgeschlossen hast.
2000 Das Jahr, als Du das erste mal für kurz Zeit Hausmann warst, um mich eine Ausbildung machen zu lassen.
2004 Das Jahr, als ich mein Studium abgeschlossen habe.
2006 Das Jahr, als ich meine Boutiquen gegründet habe – mit Dir als Stütze.
2015 Das Jahr, als Du den Pilotenschein in der Tasche hattest.
2016 Das Jahr, als ich meine Boutiquen geschlossen habe – mit Dir als Stütze.
2016 Das Jahr, als die fatale Krebsdiagnose kam, die alles verändert hat.
2019 Das Jahr, als wir das erste mal Grosseltern wurden.
2021 Das Jahr, als wir das zweite mal Grosseltern wurden.
2025 Das Jahr, in dem Du für immer gegangen bist.

Und alles, was dazwischen war, war gefüllt mit Leben!!!

Liebe – Familie – Arbeit – Streit – Freude – Lachen – Tränen – Reisen – Jobs – Freunde … 40 lange und prall gefüllte Jahre mit allem, was zum Leben gehört.

Keines dieser Jahre möchte ich missen. Jedes hat uns im Leben weitergebracht. Und jedes hat uns wieder aufs neue gezeigt, dass wir ein saugutes Team waren.

Ich mache weiter – nicht mehr mit Dir an meiner Seite, aber mit Dir im Herzen.

Danke für alles Mick!
Ich vermisse Dich.



D A N K E

Ihr lieben Menschen da draussen: Es ist unfassbar, was ich mit euch gerade erlebe!

Was ihr alles für mich tut:

  • backen
  • kochen
  • Besorgungen machen
  • mich einfach umarmen
  • mir zuhören
  • kleine Zeichen schicken
  • mit mir Kaffee trinken
  • mir eine Crèmeschnitte bringen
  • mit mir spazieren
  • einfach für mich da sein

Nun – mein wunderbares Netz fängt mich auf. Dazu gehören meine Kinder, meine Eltern, meine wunderbaren Freundinnen und Freunde und soviele Menschen, die täglich an mich denken.

Man hat mir im Vorfeld prophezeit, dass sich das Netz nach dem Tod des Göttergatten ganz schnell ausdünnen wird und man letztlich alleine da steht. Wie froh bin ich, dass jeder seine eigene Geschichte schreibt und diese Geschichte für mich nicht zutrifft. Im Gegenteil! Niemals habe ich mehr Hilfsbereitschaft und Unterstützung gespürt. Ihr seid so wunderbar.

Eine liebe Freundin hat mir gesagt: „Ich habe keinen Moment daran gezweifelt, dass Du alleine gelassen würdest. Man erntet, was man sät und seit ich Dich kenne hilfst Du an allen Fronten. Jetzt sind einmal die anderen dran!“ Wow – sprachlos.

Ja, sprachlos gibt es auch bei mir. Selten – aber es kommt vor. Ich habe von meiner wunderbaren Mutter täglich in der Erziehung gelernt, für andere da zu sein. Das ist in meiner DNA. Und das ist für mich selbstverständlich und gibt mir viel. Dass es einmal andersrum sein könnte, davon bin ich gar nie ausgegangen. Es war bislang auch nicht wirklich nötig.

In den letzten drei Wochen war ich aber unzählige male froh, dass ihr lieben Menschen mir einfach vor die Füsse fallt, mit euren Ideen, Taten und eurer Liebe.

Ich fühle mich getragen, von allen Seiten. Es ist ein Privileg, ein solch stabiles Netz zu haben. Und es ist ein Privileg, eine intakte Familie zu haben, die ungefragt einfach da ist. MEINE wunderbare Familie. Und es ist genauso ein Privileg, nicht nur Bekannte zu haben, sondern eben echte Freunde. Menschen, die nicht fragen, sondern einfach machen. Ohne Bedingung und ohne ein Haar in der Suppe (stattdessen mit Hühnerfleisch und Gemüse – danke Claudia!).

Seit einigen Tagen bin ich wieder zurück in meinen Tätigkeiten und helfe selber wieder jenen Menschen auf dem Onkoplaneten, die sich gerade sehr alleine und verloren fühlen mit ihren Fragen und Ängsten. Dass ich das kann, habe ich euch allen zu verdanken. Ihr tragt mich so fest, dass ich wieder weitergeben kann, was mir gerade widerfährt.

Leute, ihr seid klasse. Danke!

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