2025 ist nicht mein Jahr. Auch wenn es viele schöne Dinge gibt, die ich aufzählen könnte, so ist und bleibt es für mich das Jahr, in dem ich soviele Grenzen sprenge, wie noch nie zuvor in meinem Leben. Manche gezwungenermassen, andere freiwillig, weil ich einen neuen Lebensweg suchen muss.
Im JANUAR musste ich meinen geliebten Göttergatten für immer ziehen lassen. Es ist unbeschreiblich, was die Seele in diesem Moment an Hochleistung erbringen muss, um einen am Leben zu erhalten. Ich musste eine Grenze im Leben überschreiten, die ich bis dahin nicht einmal wusste, dass man das kann. Die bislang happigste Erfahrung meines Lebens.
Ebenfalls im JANUAR haben wir auf sehr unkonventionelle und besondere Weise von unserem Helden Abschied genommen. Ich musste mich gegen alte Traditionen durchsetzen, um einen für uns stimmigen und passenden Abschied gestalten zu können. Ich ginge mehrfach über meine persönlichen Grenzen und sprengte so ziemlich alles, was es zu sprengen gab.
Im FEBRUAR habe ich ein emotionales Tattoo mit dem Fingerabdruck meines Göttergatten stechen lassen. Zu einem Zeitpunkt, in dem ich noch voll im Strudel der Emotionen gefangen war. Auch diese Grenze habe ich gesprengt.
Auch im FEBRUAR kamen die ersten ganz nahen Geburtstage unserer Tochter und unseres Enkels ohne meinen Göttergatten. Das Wechselbad der Gefühle war heftig.
Ebenfalls im FEBRUAR kam mein Enkelbuch auf den Markt. Das tat weh – aber ich war froh, dass der Göttergatte das „Gut zum Druck“ noch erlebt hat.
Im MÄRZ kam der erste Geburtstag meines Göttergatten, den ich verzweifelt wegzudrücken versuchte. Mit sehr mässigem Erfolg. Auch der Geburtstag unsere Sohnes holte wieder Erinnerungen hoch – eine weitere Grenze war zu sprengen.
Ebenfalls im MÄRZ kam meine erste Reise zurück in die Vergangenheit und in unsere zweite Heimat Hamburg. Ich wurde begleitet von zwei wunderbaren Seelen und auch wenn es hart war, so habe ich auch diese Grenze erfolgreich gesprengt.
Dann kam kurz darauf – ebenfalls im MÄRZ – eine ziemlich grosse Krise, aus der ich glaubte, nicht mehr herauszufinden. Dank meiner Familie und meinen Freunden gelang es mir doch. Die Grenze, die ich da sprengen musste, war immens. Der Schmerz war gross!
Im APRIL kam eine erste Reise mit Freunden, die meiner Seele gut tat. Zuvor musste ich aber eine weitere Grenze sprengen, weil die Angst, es nicht zu schaffen, sehr gross war.
Ebenfalls im APRIL war der Geburtstag unserer Enkelin. Freude und Schmerz kämpften um ihre Plätze – eine weitere Grenze, die ich seelisch sprengen musste.
Kurz darauf – ebenfalls APRIL – flog ich mit meiner Freundin weit weg ans Meer. Es waren gefühlt 100 Grenzen, die ich da sprengte. Alles, was meinem Göttergatten gefallen hätte, tat mir in der Seele weh. Mein Körper fing an zu rebellieren und ich kämpfte mich mit Darmproblemen durch 9 Tage Ferien.
Im MAI suchte ich eine Psychologin auf, um herauszufinden, ob die Art meiner Trauer „normal“ sei. Ihr lacht, aber es gibt tatsächlich eine medizinisch festzustellende Art, ob man in einem normalen Trauerprozess ist, oder ob dieser „gestört“ ist. Nun, ich wurde nach 2-stündigem Gespräch im Wissen entlassen, dass ich alles wunderbar zu machen scheine. Aber auch damit habe ich eine weitere Grenze gesprengt.
Ebenfalls im MAI beschloss ich, unseren Garten umzugestalten und einen Pool zu realisieren. Etwas, was der Göttergatte nie gewollt hatte. Eine grosse Grenze, die es da zu sprengen galt. Kurz darauf eine weitere Seelenreise nach Hamburg.
Im JUNI musste ich unsere Hündin Ellie nach 14 Jahren ziehen lassen. Ein weiterer Abschied, der alles wieder hoch holte, was die letzten Monate passiert war. Eine happige Grenze, die ich sprengen musste.
Ebenfalls im JUNI kam der Geburtstag meiner Mama. Der Göttergatte hat diesen Geburtstag sehr geliebt, weil meine Mama auch SEINE Mama war. Und er hat sie geliebt. Ein weiteres Wechselbad der Gefühle.
Auch im JUNI kam der erste Hochzeitstag (der 34.) ohne meinen Göttergatten. Eine grosse Grenze, die es da zu sprengen galt. Wie soll ein Hochzeitstag ohne die andere Hälfte gefeiert werden? Gar nicht …
Mein Körper zeigte mir mit etlichen Symptomen, dass er am Ende seiner Energie war und liess sowohl Haare als auch Fingernägel „los“. Zuviele Grenzen?
Genau zu dieser Zeit habe ich mit der Ausbildung zur zertifizierten Trauerbegleiterin angefangen – eine ganz persönliche Grenze, die ich sprengen will!
Im JULI standen die ersten Familienferien ohne den Göttergatten, Papa und Gropi an. Wow, die ultimativ grösste Grenze, die ich sprengen musste. Es waren harte Tage mit vielen Tränen und dem unbändigen Wunsch, wieder nach Hause in mein Nest flüchten zu können. Er fehlte an jeder Ecke und in jeder Faser meiner Gefühlswelt.
Ebenfalls im JULI fand das grosse 30-gi Fest meiner Tochter und ihres Lebenspartners an. Mit Verkleiden und viel Tamtam. Etwas, worauf der Göttergatte sich gefreut hatte. Eine weitere Grenze galt es zu sprengen. Ich musste alleine da hin – schon das alleinige Verkleiden zu Hause tat weh.
Im AUGUST stand das grosse Feuerwerk der Feuerwerksfreunde an. Ich durfte dort – im Sinne meines Göttergatten – die grösste Rakete eigens für ihn abfüllen und mit einem Wunsch versehen. Diese Grenze zu sprengen war eine Mammutaufgabe. Mein Körper hat es mir gezeigt, indem er an selbigem Abend eine Totalblockade meines Beins und meiner Hüfte fabrizierte. Seither war ich nie mehr schmerzfrei und ich weiss, dass ich ein neues Hüftgelenk brauche …
Ebenfalls im AUGUST war der traditionelle und alljährliche Besuch der Thuner Seebühne mit meinen Eltern und meinem Bruder mit Frau. Ich habe bis kurz vor Abfahrt nicht gedacht, dass ich es schaffen würde. Mein Göttergatte war immer ein fester Bestandteil dieses Abends. Eine harte Grenze, die es zu sprengen galt.
Auch im AUGUST stand der Flug mit der DC3 der Grenchner Classic Formation an, bei welchem wir die Asche des Göttergatten über dem Mittelland fliegen lassen durften. Ein Wunsch von ihm, der damit in Erfüllung ging. Eine grosse Grenze, die ich fliegend sprengen musste.
Kurz darauf, ebenfalls im AUGUST stand mein Geburtstag an. Ich war wie eine leere Hülle. Ich war einfach froh, diesen Tag überstanden zu haben, obwohl ich eigentlich früher nie viel auf meinen eigenen Geburtstag gegeben habe. Kurz darauf stand ein weiterer Hamburgbesuch auf dem Programm – mit dem 1. Besuch des Zoos, den mein Göttergatte auch sehr geliebt hat.
Und nun bin ich im SEPTEMBER angekommen und habe das Gefühl, mein ganzer Körper rebelliert. Es gibt kaum etwas, was nicht weh tut. Ich wusste gar nicht, dass ich soviele Knochen habe, die schmerzen können. Die Trauer zeigt sich auf sonderbare Weise an Orten, die ich nicht auf dem Schirm hatte.
Was mich in all dieser Zeit auch begleitet ist das komplette Löschen von Ereignissen in meinem Kopf. Mein Seele scheint phasenweise so überlastet zu sein, dass meine Festplatte alles löscht, was sie als nicht nötig erachtet. Resultat: Mir erzählen Menschen Ereignisse, die wir erlebt haben, von denen ich absolut NICHTS mehr weiss! Weg – gelöscht – ausradiert!
Warum schreibe ich all das auf? Nun – für mich – Erinnerungen und Verarbeitung. Aber auch für all jene, die mich zum Superstar der Trauerverarbeitung machen wollen. Das bin ich nämlich nicht. Ich sprenge wohl viele Grenzen – immer wieder – aber es hinterlässt auch bei mir seelisch tiefe Spuren und die Trauer zieht mir regelmässig wieder den Boden weg. Der neue Weg ist knüppelhart und auch wenn ich offensiv damit umgehe, so tut es nicht weniger weh. Es macht einfach für mich und mein Umfeld den Umgang damit leichter.
Eins ist sicher: Ich werde am 31. DEZEMBER – wenn das Schicksal es zulässt – dieses Jahr 2025 in die Luft sprengen. Das wird meine persönliche SPRENGGRENZE sein – kurz bevor der erste Todestag meines Göttergatten kommen wird.