von süss bis ungeniessbar

Gemischter Salat …

… etwas, was ich im Leben nie bestellen würde.
Warum?
Weil da die Gefahr besteht, dass immer mal Dinge drin sind, die ich nicht mag. Ein gemischter Salat ist unberechenbar …

Meine Tage fühlen sich gerade sehr an, wie gemischter Salat. Es hat Dinge, die ich sehr mag und gerne entgegen nehme – dann hat es aber auch ganz vieles, worauf ich gerne verzichten würde. Das ganze Kohlzeug, die Bohnen und die fette französische Sauce, die ich ganz furchtbar finde, die landen ungefragt auf meinem Tagesteller. Ich versuche, sie beiseite zu schieben, aber das Zeug schleicht sich irgendwie immer wieder zurück auf meinen Teller.

An krassen Tagen würde ich am liebsten den Mülleimer aufmachen und den ganzen Salat mitsamt Geschirr einfach entsorgen. Dumm nur, dass anderntags wieder so ein gemischter Tagesteller mit Sauce auf mich wartet.

Ich bin aber schon einen Schritt weiter, als ich es noch vor einer Woche war. Da hat es sich nämlich angefühlt, als ob jemand mit diesem ganzen gemischten Durcheinander um sich wirft und ich nicht annähernd eine Chance habe, auszuweichen. Inzwischen weiss ich, dass ich die Bohnen akzeptieren, anschauen, probieren und möglicherweise sogar verdauen muss. Werfe ich sie aus dem Fenster, holen sie dort nämlich ihre ganzen Verwandten und kommen zur Haustüre wieder herein. Genauso sieht es mit dem Kohlzeug und der Sauce aus. Ich lerne, dass ich diese Dinge auf meinem Tagesteller akzeptieren muss, weil sie sonst soviel Platz einnehmen, dass ich meine schönen grünen Kopfsalatblätter und meine Radieschen nicht mehr sehe.

Was habe ich also in den letzten Tagen schon lernen können? Ich muss akzeptieren, was ich nicht mag – immer mit dem Gedanken, dass ich es verdauen werde. Und ich darf umso mehr geniessen, was ich mag – das schüttet nämlich Glückshormone aus. Davon kann ich im Moment nicht genug bekommen.

Ja, das Leben schmeisst grad mit sehr viel Leben um sich – oder eben mit sehr viel gemischtem Salat.

Und ich weiss jetzt schon, dass ich nie wieder objektiv einen gemischten Salat in einem Restaurant werde anschauen können. Meine Fantasie hilft mir zwar durch all diese Zeit. Aber sie kreiert auch Bilder, die ich vermutlich nie wieder wertfrei werde betrachten können.

Gemischter Salat zum Beispiel.

Eine Woche ohne Dich …

… und es fühlt sich alles irgendwie falsch an.

Die Sonne geht auf, ohne Dich.
Die Vögel zwitschern, ohne Dich.
Die Zeitung liegt auf dem Tisch, ohne Dich.
Ich trinke meinen Kaffee, ohne Dich.
Ich schaue unseren Krimi, ohne Dich.
Ich falte Deine Wäsche, für Dich ….

… obwohl Du sie gar nicht mehr brauchst.

Die Welt dreht unerbittlich weiter – zum Glück. Würde sie stehenbleiben, geriete alles noch mehr aus den Fugen. Meine eigene kleine Welt ist aber vor einer Woche einen Moment stehen geblieben. Es scheint mir unmöglich, wieder zur Tagesordnung überzugehen, obwohl ich weiss, dass ich das irgendwann wieder schaffen werde. Meine schützende Blase in unserem Zuhause tröstet mich. Deine Gerüche sind überall, Deine Energie ist überall, Du bist überall. Ich möchte all das gerne konservieren, um es niemals zu verlieren.

Meine Ratio weiss genau, dass alles, was jetzt mit mir passiert, normal ist. Meine Seele hinkt aber mit gebrochenem Bein, mit Krücken, flügellahm und total lädiert hinter meiner Ratio her und hat keine Chance, sie einzuholen. Der Kopf versteht, die Seele weint.

Mit soviel Liebe durfte ich Dich ein Leben lang begleiten. Und mit soviel Liebe musste ich Dich ziehen lassen. Ich habe Dich gefragt:
„Werde ich es alleine schaffen?“
Für Dich war die Antwort so einfach und klar:
„Logisch wirst Du das! Wenn nicht Du, wer dann? Du bist stark.“

Es gibt in meinem Minikosmos in unserem Zuhause Momente, in denen ich glaube, dass Du recht hattest. Dann gibt es Momente, in denen es mich im Schleuderprogramm durch sämtliche Gefühlsfacetten spült und ich mir sicher bin, es niemals zu schaffen.

Und dann höre ich auf meiner Playlist mein Lied, dass Du ganz am Schluss unserer Reise zu unserem Lied gemacht hast:

„So wie du warst, bleibst du hier
So wie du warst, bist du immer bei mir
So wie du warst, erzählt die Zeit
So wie du warst, bleibt so viel von dir hier“

Lied von Unheilig, Der Graf

Danke Mick, dass Du mir diese wertvolle Erinnerung hier gelassen hast.

„… und tschüss!“

Die Worte meines Göttergatten, wenn er sich von jemandem oder von etwas verabschiedet hat.

Und nun sind es meine Worte, mit denen ich mich von ihm am vergangenen Samstag, 18. Januar 2025 verabschieden musste. Er hat seine letzte Reise angetreten, wohin diese ihn auch immer führen mag.

Unsere Kinder und ich hatten das grosse Privileg, unseren Helden bis zum Schluss und noch darüber hinaus begleiten zu dürfen. Es tut unsagbar weh und was bleibt ist ein Herz voller Trauer, aber vor allem voller Liebe!

Fast 40 Jahre durfte ich an der Seite dieses Menschen verbringen.

Er war
. mein Skilehrer im Schulskilager
. meine erste wirklich echte grosse Liebe
. mein Fels in der Brandung
. mein Ehemann
. mein Freund
. der Vater unserer Kinder
. mein Schnarchbär
. mein Sturkopf
. der stolzeste Grosspapi
. mein Einkäufer
. mein Koch
. mein „Hinterherräumer“
. mein Onkokämpfer
. mein Vorzeigeoptimist
. mein Krankenhausrocker
. mein Statistikumkipper
. mein Held
. meine andere Hälfte.

Wir haben auf unserem langen gemeinsamen Weg alle Höhen und Tiefen erlebt, die eine gesunde Beziehung ausmachen. Und wir haben sie alle durchgestanden. Wir haben zusammen gelacht, geweint, gestritten und versöhnt.

Die fatale Krebsdiagnose vor über acht Jahren hat uns zuerst den Boden unter den Füssen weggezogen. Wir haben uns aber ganz schnell wieder aufgerappelt und beschlossen, dem Krabbenvieh den Kampf anzusagen. Unsere Familie hat sich zu einer Onkokampffront formiert und wir haben über etliche Operationen, Therapien, Bestrahlungen, Tiefschläge und falsche Prognosen Runde für Runde geschafft. Etliche Runden, welche die Medizin sich bis heute nicht erklären kann.

Dass sich der fiese Untermieter vor gut zwei Monaten nun doch massiv mehr breit gemacht hat, war leider nicht mehr wegzudenken. Die Schmerzen haben meinem Kämpfer täglich bewusster gemacht, dass dieses Vieh sich ungefragt an Orte geschlichen hatte, die kaum noch zu kontrollieren waren.

Zum Jahresende haben wir unsere letzte gemeinsame Reise in unser geliebtes Hamburg gemacht. Eine Reise für uns, auf unser Leben und mit ganz viel Liebe. Wir hatten Zeit, auf unser verrücktes, spannendes und erfülltes Leben zurückzublicken. Und wir konnten mit Stolz sagen, dass es – auch während der acht Jahre Erkrankung – nichts gab, was wir ausgelassen haben. Unsere Bucketlist hatte hinter jedem Punkt ein grünes Häkchen.

Auch sein letzter Wunsch, zu Hause sterben zu können, ohne monatelang an eine Spitaldecke starren zu müssen, konnte erfüllt werden, und sein Plan seines eigenen Weges ist bis zum Schluss aufgegangen.

Er lässt uns zwar zurück – aber wir sind alle unglaublich stolz auf unseren Helden. Auch wenn uns manchmal die Puste ausgegangen ist und ich dachte, mir würde die Energie für eine weitere Kampfrunde im Ring gegen das Vieh fehlen, so haben wir nie aufgegeben.

Und so lassen wir ihn ziehen. Mit viel Tränen, mit grossen schwarzen Löchern, mit Ratlosigkeit aber mit noch mehr Liebe und Stolz. Und was er uns zurücklässt sind unendlich viele Erinnerungen, die wir gemeinsam in all dieser Zeit schaffen konnten. Für ihn, für uns, für unsere Kinder, Enkelkinder und für alle, die ihn geliebt haben.

Gute Reise, Mick – sorry, dass ich Deine vorgekochte Bolognese-Sugo aus dem Tiefkühler bereits anbrennen liess … ich weiss, dass Du mich trotzdem liebst.

Achterbahn

Es gibt Zeiten in unserem irdischen Dasein, da schmeisst das Leben mit soviel Leben um sich, dass wir kaum mehr wissen, wie wir das bewerkstelligen sollen.

Ja, aktuell bin ich mit meinem Göttergatten in genau so einer Situation.

Man kann es schönreden – ändert nur nichts.
Man kann es ignorieren – macht es aber nicht weg.
Man kann dagegen wehren – macht einen noch müder.
Mann kann es akzeptieren – ich tue mich schwer damit und lerne.
Man kann Tag für Tag nehmen – für mich die einzige Strategie zum ÜberLEBEN.

Und dann gibt es den ultimativ gut gemeinten, aber von mir absolut gehassten Killersatz, den ich „öppe mou“ zu hören bekomme:

“Du musst einfach nur positiv denken, dann geht das schon.“

Leute, schon beim Schreiben dieses Satzes kocht mein Blut!!!!!

DU MUSST …. ich muss eigentlich gar nichts!
EINFACH NUR …. wie abwertend ist das denn bitte???
POSITIV DENKEN … im Dunkeln scheint die Sonne nicht!

Zum Veranschaulichen, warum ich diesen Satz so hasse:

Stellt euch vor, euch wird ein Plastiksack über den Kopf gestülpt und dazu kommt der Satz: „Du musst einfach nur weniger atmen, dann geht das schon.“

Ja, in etwa genauso fühlt sich dieser Ratschlag an.
Es gibt sie sicher, die Momente im Leben, in denen positives Denken ganz viel bewegt und bewirkt. Dann gibt es aber einfach auch jene Tatsachen im Leben, in denen das Leben Dir soviel Scheisse vor die Füsse wirft, dass auch mit positivem Denken aus der Scheisse kein Gold wird.

Ich bin so dankbar für alle, die uns tragen helfen. Aber der Killersatz, der muss echt nicht mehr sein.

Tschüss 2024 …

… Du warst eigentlich ein tolles Jahr. Wir haben soviel Schönes erleben können.

– Familienreisen
– Reisen mit Freunden
– Konzerte
– Partys
– Geburtstage
– Hochzeitstage
– Erlebnisse mit den Enkelkindern
– Wunscherfüllungen
– viele Häkchen auf der Bucketlist
– Realisieren von Projekten
– Herzensangelegenheiten.

Nun, dass Du uns Ende Jahr mal wieder auf den Prüfstand stellen musst, das nehmen wir nicht persönlich. Wir finden es zwar ziemlich bescheiden, wissen aber, dass wir nichts daran ändern können. Also versuchen wir mit aller Kraft, das Beste daraus zu machen und auch in der nächsten Zeit mitzunehmen, was immer geht!

Egal was passiert: Wir werden immer zurückschauen und sagen können „WIR HABEN ALLES GEMACHT, WAS GING UND UNS WICHTIG WAR“!!!

Und genauso werden wir auch ins 2025 starten. Unspektakulär aber immer mit dem Gedanken im Hinterkopf: Jeden Tag geniessen, als ob es der Letzte wäre.

In diesem Sinne: Bleibt gesund da draussen – und wenn ihr nicht gesund seid, dann kämpft weiter – für jeden guten Tag, für jede Erinnerung, für jeden Moment. Es lohnt sich!

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