von süss bis ungeniessbar

1001 Nacht …

… oder 1001 Missverständnis.

Wenn meine liebe Reisebuddy Manu sich gerne die Grand Moschee Zayed in Abu Dhabi anschauen möchte, dann rümpfe ich zuerst mal mächtig die Nase. Wozuuuuuuu?
Von aussen ist das Ding doch auch schön!!! Und es herrschen Aussentemperaturen von 43 Grad …

Okay, kurz und gut, Manu gewinnt den Überzeugungskampf und ich erkläre mich bereit, mich in ein 100% Polyester-Gewand mit Kopftuch zu hüllen, während die Männer einfach an uns vorbei in die Moschee latschen dürfen, wie sie möchten. Die kleine Emanze in mir macht Purzelbäume und ich nehme mir vor, mich NICHT zu ärgern. Deren Religion, deren Regeln! Und ich gebe zu, Manu’s Überzeugungskraft hat sich gelohnt, die Moschee ist ein Traum.
Dass ich dort aber auf Spanisch angesprochen werde, lässt darauf schliessen, dass meine sonnengebräunte Haut und das Outfit mir ein spanisches Aussehen verleihen. Krass! Ich bin aber froh, nach dem Besuch wieder die Schweizerin in mir zu enthüllen. Das wäre also auf Dauer nichts für mich …

Die äusserst freundlichen Servicemenschen hier im Hotel sind ausschliesslich indischer oder thailandischer Abstammung. Unser lustiger Liebling aus Indien hat mich gestern bestimmt 20 mal gefragt, wie ich ISTA hier verbracht habe. Meine Güte, was habe ich gehirnt, was dieses ISTA sein könnte. Habt ihr schon mal einen Inder gehört, wie er in Englisch „Easter“ ausspricht? Keine Chance! Ein anderer Tourist hat mir dann auf die Sprünge geholfen und ich hatte einen Lachkrampf. ISTA ist wie KRISTMA (Christmas) – versteht kein Mensch … sorry. Es klingt ohnehin saulustig, wenn hier die Angestellten Englisch sprechen. Wie Kaya Yanar, wenn er den Inder mimt.

Beim Frühstück haben wir uns heute überlegt, was noch die Abschlussaktivitäten unserer letzten Tage hier sein könnten. Manu war spontan und meinte:

„Wir reissen uns „e Scheiche“ aus!“
Ich so: „Warum reissen wir uns ein Bein aus?“
Sie so: „Taube Nuss, ich habe gesagt, wir reissen uns einen Scheich auf!“

Wow – was für Missverständnisse hier passieren. Und im ernst: Ich reiss mir lieber ein Bein aus, als einen Scheich auf. Diese Männer sind zwar hübsch, aber mit ihren weissen Gewändern doch sehr gewöhnungsbedürftig. Nope – kein Scheich für uns!

Warum ich hier übrigens überall als Miss Daniela (Fräulein) und Manu als Misses Manuela (Frau) angesprochen werden, das will sich mir bis jetzt nicht erschliessen. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich wie ein Fräulein aussehe. Eher wie eine gestandene Frau mit manchmal ziemlich blitzender Ausstrahlung, wenn mir jemand auf die Nerven geht.

Und die Tatsache, dass gestern jedes Taxi, das an uns vorbeigefahren ist, gehupt hat, hat mich auch zuerst verwirrt. Wir haben per Fussmarsch den Weg zum übernächsten Hotel gemacht. 10 Minuten Entfernung. Das scheint man hier nicht gewöhnt zu sein. Alle wollten die zwei armen Frauen mitnehmen.

Andere Länder, andere Sitten. Urlaub ja! Hier leben – nicht mal vielleicht!

Schon wieder …

… liegt in unserem Briefkasten dreiste Post der Zeugen Jehovas! 🙁

Echt jetzt? Leute, es nervt!

Wir gehören keiner Glaubensrichtung an, und das hat einen guten Grund. Die meisten Kriege und Gewalttaten geschehen aufgrund religiöser Differenzen. Ich konnte dem Ganzen schon als Kind nichts abgewinnen und durfte – mit dem Segen meiner Eltern – dem Religionsunterricht offiziell fernbleiben. Ich war unbequem … damals schon; die Lehrer waren überfordert mit meinen Fragen. Und die Antwort „einfach weil es so ist“, hat mir nie gereicht.

In letzter Zeit scheint unsere Adresse Ziel der Zeugen Jehovas zu sein. Immer wieder flattern hand- oder maschinengeschriebene Briefe mit Absender und Telefonnummer in unseren Briefkasten und wir werden zu Kongressen eingeladen und über den Glauben informiert. Okay: Vorher haben diese Typen an der Haustüre genervt – das hat Corona dann zu verhindern gewusst. Aber muss es jetzt dauernd Briefpost dieser „gläubigen Gemeinschaft“ sein? Ich halte so gar nichts davon – also, eigentlich weniger als gar nichts.

Wer einer Religion angehören möchte, der tut das doch freiwillig und weil er etwas davon hält. Wenn aber eine Gemeinschaft wie die Zeugen Jehovas um Mitglieder werben müssen, dann spricht das wohl für sich…

Im Brief wird uns versprochen, dass wir bei der Teilnahme an einem Kongress der Zeugen Jehovas erfahren werden, wie man Glauben entwickeln und behalten kann. Aha!

Hey Leute: Ich GLAUBE!!! Jawohl, ich glaube, dass ihr keine Ahnung habt, wem ihr da eure Post schickt. Ich glaube auch, dass ihr ziemlich verzweifelt sein müsst, wenn ihr mit solch peinlichen Briefen um Mitglieder werben müsst. Ich glaube auch, dass ihr Menschen anlocken wollt, um ihnen dann das Geld aus der Tasche zu ziehen. Und ich glaube, dass ihr vom seelischen Elend von Menschen profitiert, die in der Verzweiflung bei euch landen und sich aus diesen Fängen nicht mehr befreien können.

Und ich glaube nicht nur, nein: ICH WEISS, dass unser Briefkasten die falscheste Stelle der Welt ist, um euren Müll in Briefform zu deponieren. Falls hier also jemand mitliest, der dieser Truppe angehört oder jemanden kennt, der dieser Truppe angehört: LASST UNS GEFÄLLIGST IN RUHE!

Habe ich schon erwähnt, dass mich das sauer macht? Oh, man merkt es? Dann ist ja gut …

Eine „Religion“ gehört nicht auf die Kassenliste

… und wieder geht sie los, die Diskussion um die Zuckerchügeli mit Wasser, welche von den Krankenkassen bezahlt werden. Es existiert nicht eine einzige Studie, welche die Wirksamkeit der Globulis belegt – und trotzdem wird das weisse Streuselzeug von der Krankenkasse übernommen. Und erst noch von der Grundversicherung – würg!

https://www.20min.ch/schweiz/news/story/Sollen-Schweizer-Globuli-wieder-selbst-bezahlen–269798

Die Befürworter der Chügeli-Religion haben das Gefühl, dass es nur Verlierer gebe, wenn man die Globulis wieder von der Kassenliste nimmt, weil die Prämien trotzdem nicht sinken würden. Falsch! Die Prämien sinken zwar nicht; stattdessen könnten es wirksame Medikamente auf die Liste schaffen, welche im Moment noch in der Warteschlaufe stehen. Warum? Weil wieder Gelder frei würden. Im Moment ist es nämlich so, dass die Kosten explosionsartig in die Höhe schnellen.

Ich kämpfe seit fast drei Jahren mit meinem Herzmenschen auf dem Onkoplaneten um sein Leben. Und was wir in dieser Zeit alles erlebt haben, das würde locker mehrere Bücher füllen. Ich habe mich im medizinisch-onkologischen Bereich in dieser Zeit derart eingelesen und engagiert, dass ich mir beinahe einen „Dr. med.“ an mein Shirt hängen könnte. Und ich engagiere mich mit aller Kraft in der Krebsforschung. Ich verabscheue jegliche Art von Scharlatanerie, welche den Patienten ungerechtfertigte Hoffnungen macht, die dann bitterlich zerschlagen werden. Und dazu gehört die Chügeli-Brigade. Es gibt nämlich sogar Globuli-Anbeter, die tatsächlich behaupten, dieser Mist heile Krebs. Da bekomme ich Ausschlag!!! Das ist, als ob ich einem Querschnittgelähmten versprechen würde, dass er am Ende des Jakobswegs aus seinem Stuhl steigt und davonrennen kann – totaler Blödsinn!

Auf unserem harten Onkoweg habe ich auch etliche Betroffene kennengelernt, denen wichtige Medikamente verwehrt bleiben, weil sie nicht auf der Kassenliste stehen und demzufolge nicht bezahlt werden. Es handelt sich dabei um Medikamente, deren Wirksamkeit mit fundierten Studien belegt sind. Nicht selten handelt es sich sogar um Medikamente, welche in unseren Nachbarländern schon lange auf den Kassenlisten stehen, bei uns aber immer noch warten. Was für ein Hohn, wenn ich daran denke, dass Herr und Frau Globuli vom Homöopathen ihre Dosis Zucker bezahlt bekommen, während schwerkranke Menschen nicht an wichtige Medikamente kommen. Hä? Falscher Film oder wie?

Jap – ich weiss … die Modepraline macht sich mal wieder eine Menge Feinde. Das macht aber nichts! Ich werde nicht aufhören, mich gegen diese bescheuerten „Pseudomediziner“ zu wehren und dafür zu kämpfen, dass wirksame Medikamente definitiv Vorrang haben vor diesem unwirksamen Schrott. Und dazu gehören genauso die unzähligen heilenden Steine, Duftessenzen, Klangtherapien und Säfte … die Liste würde endlos lang, wenn ich alles aufzählen würde. Zum Glück sind die nicht auch noch alle auf der Kassenliste.

Sollte hier ein Globuli-Fan mitlesen, der mir nachweislich eine Wirkung bringen kann, die definitiv auf seine Chügeli zurückzuführen ist, dann trete er vor oder halte für immer den Schnabel und belaste unsere Kassen nicht mehr!

 

 

 

Integriert???

Wir haben in unserer schönen Barockstadt Solothurn eine Riviera, an welcher sich Bar an Bar und Restaurant an Restaurant reihen. Wunderbar gelegen am Fluss, der Aare. Wer dort entlang flaniert weiss, dass man diese Strecke auch die „Rue de blamage“ nennt, denn alle, die da sitzen, sprechen über jene, die vorbeigehen. Und NEIN, nicht nur die Frauen tun das!

Heute sass ich mal wieder dort und habe mit Freunden das Wetter genossen. Und alles war ganz wunderbar, bis eine Familie vorbeiging, die mir hunderte von Fragezeichen in meine Hirnwindungen schickte. Ganz offenkundig war deren ausländische Herkunft aufgrund der etwas dunkleren Hautfarbe. Dies gab aber selbstverständlich keinerlei Anlass zu Diskussionen. Dass aber der Vater mit dem Sohn rund 7 Meter VOR der Frau und Mama lief, welche mit Kopftuch bestückt die Wasserflasche des Mannes und das Caprisonne des Sohnes hinterher tragen durfte, das löste bei mir einfach nur Kopfschütteln aus. Nein, es war auch kein Zufall. Er wechselte nämlich die Strassenseite und überquerte eine Kreuzung, immer mit dem Sohn neben sich und der Frau und Mutter in gebührendem Abstand HINTER sich.

Witzigerweise waren wir nicht die einzigen, die sich entsetzten. Am Tisch neben uns fragte eine Frau ihren Mann, ob das wohl nur die Wasserträgerin sei. Und eine Familie entsetzte sich, weil sie die Familie wohl kurz zuvor schon in der Stadt angetroffen und sich gefragt hatten, was das soll. Uns gegenüber sass eine deutsche Familie mit einem kleinen Jungen der fragte: „Warum guckt diese Frau mit dem Kopftuch so traurig?“ Was antwortet man da? (Meine Antwort im Kopf ist nicht tauglich für die Öffentlichkeit …).

Liebe ausländische Mitbewohner. Wenn ihr schon das Gastrecht unserer Landes in Anspruch nehmt, dann passt euch doch bitte unseren Gepflogenheiten an. Wir leben hier nicht in einem frauenverachtenden Sozialgebilde oder Zeitalter. Bei uns herrscht Gleichberechtigung und ich werde stinksauer, wenn ich solche Bilder sehe. Wie jetzt? Das geht mich nichts an? Doch – tut es wohl! Mein Heimatland sollte nämlich solche Gepflogenheiten ganz einfach nicht akzeptieren – schliesslich wachsen hier unsere Kinder heran, die lernen, dass Frau und Mann denselben Stellenwert haben. Wollten wir es anders, würden wir nicht in der Schweiz leben. Passt euch doch einfach an – alles andere entspricht uns nicht. Schliesslich ziehen wir aus Respekt vor euren Gepflogenheiten und Religionen in euren Ländern auch ein Kopftuch an, wenn wir eine Moschee oder Kirche besuchen wollen. Also bitte!

 

Was macht Beda Stadler?

Ich habe 2015 mit Beda Stadler ein Interview machen dürfen. Seit die Debatten um die Impfplicht wieder entbrannt sind, ist Beda Stadler in aller Munde. Und unser Interview aktueller denn je. Als grosser Fan von Beda schalte ich deshalb unser Interview 4 Jahre später noch einmal auf:

 

Beda Martin Stadler (65) ist emeritierter Professor und ehemaliger Direktor des Instituts für Immunologie der Universität Bern. Sein Gebiet ist die Grundlagenforschung im Gebiet der Allergologie und Autoimmunität und die angewandte Forschung zur Herstellung von rekominanten humanen oder künstlichen Antikörpern und Impfstoffen für die Therapie. Er gilt als grosser Kritiker der Alternativmedizin und ist gleichzeitig sehr religionskritisch.

 

Beda Stadler, als Professor „im Ruhestand“ und ehemaliger Direktor des Instituts für Immunologie der Uni Bern sind Sie ein überdurchschnittlich gescheites „Haus“. Verstehen Herr und Frau Schweizer, wenn Sie in der Alltagsssprache à la Stadler sprechen?

Der Fachjargon ist tatsächlich ein Problem. Es ist verlockend, sein Unwissen dahinter zu verstecken. Anfänglich war es ziemlich anstrengend, nur Worte zu gebrauchen, die von allen verstanden werden. Da es keine dummen Fragen gibt, sondern nur dumme Antworten, lag es somit an mir, die Situation zu verändern. Letztlich hat mir das aber sogar bei den Vorlesungen geholfen. Versteht ein Student etwas nicht, liegt das Problem beim Dozenten, nicht beim Studenten. Dies gilt allerdings nur für rationale Fragen, nicht für Glaubensfragen.

Aufgefallen sind Sie immer wieder durch Ihre Kolumnen mit bissigen Seitenhieben gegen die Alternativmedizin. Provozieren Sie gerne?

Die Provokation ist die schnellste Art und Weise, etwas auf den Punkt zu bringen. Zudem bin ich ungeduldig und betrachte mich als Selbstverteidiger. Ich habe nicht die Nerven, mir stundenlang den Stuss anderer Leute anzuhören. Wollte ich mir das antun, würde ich dafür in eine Kirche gehen. Jeder hat das Recht, noch so absurdes Zeug zu glauben, aber niemand hat das Recht, mir seinen Glauben aufschwatzen zu wollen. Ganz nach dem Motto: Bete nicht in meiner Schule, dafür denke ich nicht in deiner Kirche! Ich muss allerdings zugeben, dass es mir Spass macht, mich über alle Formen von Aberglauben – sei es Bio, Alternativmedizin, Esoterik oder Religion – lustig zu machen.

Denken Sie, dass Aufkärung im Bereich der Medizin eine gewisse Provokation braucht, damit der Mensch von heute zuhört?

Ich glaube nicht, dass es die Provokation braucht. Man sollte aber unterhaltend und wahrhaftig sein. Leider wirkt diese Haltung für die meisten Menschen bereits wie eine Provokation. Viele Wissenschaftler verwechseln seriöse Information mit Langeweile. Es gibt meiner Meinung nach kein Recht, einen anderen Menschen zu langweilen und ihm damit Zeit zu stehlen. Viele Dinge, die ich vor Jahren sagte, waren einst eine Provokation. Heute regt sich niemand mehr auf, sie sind ein Teil des Zeitgeistes und keine Provokation mehr. Die Aufklärung wird letztlich siegen, schliesslich haben die Hexenverbrennungen bei uns abgenommen.

Was sagen Sie, wenn Ihnen ein missionierender Homöopath erklärt, dass er auch Krebs mit seinen Kügelchen heilen kann?

Würde ein Homöopath in meiner Gegenwart so was behaupten, würde ich ihn bitten, mir dies schriftlich zu geben. Danach würde ich ihn für seine menschenverachtende Haltung vor Gericht ziehen – in der Hoffnung, dass er viel Geld verliert oder eine Zeit lang ins Gefängnis wandert. Übrigens habe ich in den letzten Jahren viele Homöopathen kennen gelernt. Darunter war kein einziger, von dem ich den Eindruck hatte, er würde irgend etwas davon glauben, was seine Anhänger herumerzählen. Ich habe auch noch nie eine Frau kennengelernt, die mit Kügelchen eine Schwangerschaft verhindern will. Wenn’s drauf ankommt, scheint die Homöopathie intuitiv nicht zu wirken…
Als ich einmal sagte, Homöopathen hätten nicht alle Tassen im Schrank, hat mir ein Homöopath zwei Tassen gesandt. Das war übrigens bislang der einzige Homöopath, der ein wenig Humor gezeigt hat. Leider waren die beiden Tassen so potthässlich, dass ich sie gleich wegschmeissen musste – und somit am Humor selbst dieses Homöopathen zweifelte.

Weibeln Sie für die Präimplantationsdiagnostik oder lehnen Sie sich zurück und überlassen das der New Generation?

Es ist eine Katastrophe, dass sich derzeit fast niemand für die Präimplantationsdiagnostik einsetzt. Ich hoffe, ich erhalte noch irgendwo eine Gelegenheit, etwas dafür zu tun. Leider gibt es für solche wichtigen, humanistischen Anliegen einfach keine Lobby. Es ist schade, dass viele rationale Menschen sich von der Politik fernhalten, aber es ist verständlich.

Sind Sie mit den Jahren ruhiger geworden, oder können Sie sich immer noch so wunderbar aufregen, wenn die Alternativmediziner die Studien der Schulmedizin einfach so im Vorbeigehen über den Haufen werfen wollen?

Ich rege mich etwas weniger auf. Das hat aber nichts mit meinem Alter zu tun, sondern mit der Tatsache, dass Alternativmediziner in meiner Gegenwart etwas vorsichtiger geworden sind. Schliesslich ist es ihnen gelungen, ihre Placebos in unserer Verfassung zu verankern. Wir sind das einzige Land auf diesem Planeten, das einen solchen Unfug in der Verfassung hat. Dies ist aber dermassen lukrativ für die Alternativmediziner, das sie etwas kleinlauter wurden, um ihre Pfründe zu schützen. Zudem beobachte ich eine Kehrtwende bei den Studenten. Medizinstudenten glauben diesen alternativen Mist je länger je weniger. Das ist doch erfreulich!

Haben Sie das Gefühl, dass die Menschen in den letzten Jahren wieder mehr Vertrauen in die Schulmedizin gewonnen haben, oder wird die Chügelibrigade stärker?

Das Vertrauen in die Schulmedizin wächst eigentlich ständig. Alle wollen Schulmedizin, falls sie wirklich krank sind. Was sich geändert hat, ist das Verlangen von Gesunden nach Alternativmedizin, wofür sie sogar noch staatliche Beihilfe bekommen, um sich ihren esoterischen Glauben von anderen Leuten bezahlen zu lassen. Viele Schweizer haben sich über die Gier der Bänker aufgeregt, aber die Gier der Gesunden auf gratis Wellnesspräparate scheint ungebrochen. Viele wollen Präparate und Streicheleinheiten in der Höhe ihrer Krankenkassenprämien beziehen, damit sie per Ende Jahr finanziell quitt und gesund sind. Unser Gesundheitssystem basiert aber auf Solidarität. Wer das Geld der Gemeinschaft mit Alternativmedizin verprasst, verhält sich ziemlich asozial.

Angenommen, Sie erwachen mit 40 Grad Fieber, irgendwo im Nirgendwo – und neben Ihnen steht ein Fläschchen mit Similisan-Kügelchen. Sont nichts! Nehmen, oder grinsen, umdrehen und weiterfiebern?

Ich würde alle Kügelchen auf einmal in meinen Tee kippen, weil ich ihn süss mag. Zudem würde ich mich daran erinnern, wie die Juristen dieser Firma mich verklagen wollten, weil ich in einer Kolumne spasseshalber gesagt habe, Similisan komme vom lateinischen „simulare“, weil nur Simulanten solche Kügelchen zu sich nehmen. So was will ich natürlich nicht mehr behaupten, sonst habe ich wieder Juristen auf dem Buckel, und da ist mir ein wenig Fieber doch noch lieber.

Herzlichen Dank, für dieses erfrischend offene Interview und alles Gute für die Zukunft!

mehr über die Arbeit von Beda Stadler unter www.immunology.unibe.ch

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