von süss bis ungeniessbar

Sterben ist nichts für Feiglinge …

Wir Menschen gehen grundsätzlich davon aus, dass das schlimmste, was uns passieren kann, der Tod ist. Dachte ich auch …

Inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher – weil ich ja nicht weiss, wie es „auf der anderen Seite“ ist. Aber eines weiss ich mit Sicherheit: Zurückbleiben ist auch nichts für Feiglinge!

Es tut nicht nur in der Seele weh und reisst einem ein Stück Herz heraus. Es fordert einen in der Welt der Trauer auch noch im Kopf. Und wie!!
Ich weiss nicht, wieviele Formulare ich schon ausgefüllt habe. Es sind gefühlt 100te. Und das, obwohl wir im Vorfeld alles bestens geregelt und niedergeschrieben hatten – inklusive notarieller Unterstützung und Beglaubigung.

Machmal fühlt sich das, was im Nachgang eines Todesfalls kommt, wie ein Seelenstriptease an. Okay, ja – ich mache den freiwillig hier auf meinem Blog – zu Therapiezwecken oder einfach weil ich alles und immer ge- und beschrieben habe. Aber dass man von diversen Ämtern einmal auf links und wieder zurückgedreht wird, das ist doch ganz schön anspruchsvoll.

Es ist nicht so, dass ich etwas zu verstecken hätte – im Gegenteil. Wir gehören zu den Schweizer Bünzlis, die immer alles brav geregelt und abgerechnet haben. Aber dieses Gefühl von „gleich kommen sie und zählen noch meine Unterhosen“, das finde ich semi toll.

Klar, unsere Gesetzgebung ist so. Nicht dass ich irgendwo eine Leiche meines verstorbenen Mannes im Keller verstecken könnte – oder noch besser: Einen Goldschatz!

Und so gibt es Tage, an denen nicht nur mein Herz schmerzt, sondern auch meine Finger – vom Ausfüllen weiterer Formulare, vom Zukleben weiterer Umschläge und vom Unterschreiben weiterer Bestätigungen. Und dazu muss ich neuerdings noch immer ankreuzen, dass ich jetzt verwitwet bin. Bäh – ich hasse dieses Wort.

Es sind nun knapp 5 Wochen seit dem Tod meines Göttergatten und ich habe noch keinen Tag gehabt, an dem es nicht mindestens eine Sache zu organisieren gab. Unfassbar, wie kompliziert Sterben ist – oder eben Zurückbleiben.

Wenn ich selber einmal abtrete werde ich erfahren, welches nun die schwierigere Situation ist. Ich hoffe aber inständig, dass mein Göttergatte auf der Venus nicht auch soviele Formulare beim Check-in ausfüllen musste. Er hat es nämlich gehasst, immer wieder dieselben Daten überall aufschreiben zu müssen.

P.S.: Und dann gibt es noch jene, die einfach nicht kapieren wollen, dass sie in ihren Adressdateien nun Frau Daniela Jäggi hinterlegen müssen. Auch nach mehrmaligen Meldungen bekomme ich dann die Post an Herrn Daniela Jäggi. Damminomou, ich bin eine Frau – was ist so schwierig an dieser kleinen Änderung?
„Unser System generiert das automatisch, wissen sie.“

An alles gedacht?



Unternehmer und erfolgreiche Berufsleute neigen dazu, sich voll und ganz dem Leben und ihren Leistungen zu widmen. Arbeitnehmer im übrigen auch.
Das ist im Grundsatz ja auch das vermeintlich Wichtigste: Leben und Berge erklimmen. Wer will sich da schon mit Dingen wie der eigenen Endlichkeit herumschlagen?

Nun: Wer Verantwortung übernimmt, der tut das rechtzeitig. Sehr rechtzeitig sogar!

Wer im Leben den Tod nicht regelt, der kann unter Umständen einen gewaltigen Scherbenhaufen hinterlassen. Gedanken wie:

„Dafür hab ich noch lange Zeit.“
„Mach ich später.“
„Ist ja dann nicht mehr mein Problem.“

sind nicht nur verantwortungslos, sondern sehr egoistisch. Je erfolgreicher ein Unternehmer, umso schwieriger die Nachlassregelung. Die landläufige Meinung, dass es doch einfach sei, eine Menge Kohle zu vererben, ist ziemlich falsch!

Es sind schon Familien zerbrochen und Unternehmen haben sich in Luft aufgelöst, weil der Nachlass nicht sauber geregelt und die Erben sich nicht einig wurden. Klar: Es macht bedeutend mehr Spass, sich über eine rosige Zukunft zu unterhalten und bei einem Gläschen auf die Erfolge anzustossen, anstatt beim Notar den ganzen Krempel über den Tod hinaus zu regeln.

Eines ist aber sicher:

Wer über eine saubere – Patientenverfügung
– ein Testament
– einen Erb-/Ehevertrag
– einen Vorsorgeauftrag

verfügt, der lebt einiges entspannter und nimmt den Hinterbliebenen den Bärenanteil an Arbeit im Vorfeld schon ab. Je klarer die Fakten, umso kleiner die Wahrscheinlichkeit, dass es den allseits bekannten Krieg am Grab geben wird.

Vor allem junge Unternehmer haben die Tendenz, diese Themen beiseite zu schieben. Mit 30 will doch kein Mensch über seinen Tod sinnieren. Leider hält sich aber das Leben an keinen festen Plan und auch der erfolgreichste Jungunternehmer ist nicht davor geschützt, von einem Auto überfahren oder einem Hirnschlag ausgeknockt zu werden. Es gäbe da noch 100 andere Beispiele, aber dafür reicht der Platz nicht!

Falls ihr also in der letzten Zeit mit dem Gedanken der Nachlassregelung kurz gespielt und ihn dann wieder beiseite geschoben habt: REGELT ES JETZT! Morgen kann es schon zu spät sein.

Vorsorge ist besser …

… als das bittere Nachsehen zu haben!

Habt ihr euch auch schon mit dem Ende eures Lebens beschäftigt? Ganz egal, wie alt ihr gerade seid oder wie gesund, fit, krank oder gebrechlich – das spielt überhaupt keine Rolle. Ich bin immer wieder überrascht, wie sehr Herr und Frau Schweizer ein Problem damit haben, sich mit der eigenen Endlichkeit zu beschäftigen. Alles wird versichert – und wir sind vermutlich das überreglementierteste Volk der Welt. Aber wehe, es geht um den eigenen Tod oder die Grauzone zwischen Leben und Tod. Darüber möchte „man“ bitte nicht sprechen – und sich schon gar nicht damit auseinandersetzen.

Meine lieben Leser-/innen: Wir werden geboren, wir leben, und es ist noch keiner lebend aus der Nummer rausgekommen – was heisst: Wir sterben alle auch irgendwann.

Früher, als es noch nicht gefühlt 700 Paragraphen gab, die den Tod auch noch per Gesetz festnagelten, da konnte einfach noch gestorben werden. Es gab zwar auch damals schon üble Familienstreitigkeiten wegen der Erbschaft. Und auch damals schon wurden die vorher ach so geliebten Verwandten zu Hyänen, wenn es ums Geld ging. Aber es war doch noch so einiges einfacher als heute.

Im Zeitalter der Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (kurz KESB) ist es leider nötig geworden, dass man alles regelt, solange man gesund und munter ist. Wenn man nämlich schon zu krank dafür ist, dann ist es zu spät. Oder ältere Menschen, die meinen, wenn sie tot seien, dann sei ihnen das ohnehin egal … die machen ihren Nachkommen damit gar keinen Gefallen.

Wer nichts regelt, der landet spätestens ganz unsaft in der heutigen Realität, wenn mal etwas sein sollte. Und auch eine Ehe oder mündliche Absprachen mit der Familie gelten dabei null und gar nichts. Was nirgends geschrieben steht, das hat auch keine Gültigkeit. Und da kommt es regelmässig vor, dass Ehegatten bei wichtigen Fragen einfach übergangen werden und die Behörde das letzte Wort hat. Ist beispielsweise ein Ehepartner schwerkrank (im Koma) im Krankenhaus und es geht darum, Entscheide zu fällen bezüglich weiterem Vorgehen etc., dann kommt das böse Erwachen. Stirbt der Ehepartner (oder Lebenspartner), ohne vorher noch etwas geregelt zu haben – dann steht der Zurückgebliebene mit gesperrten Konti und einer Behörde am Hals da. Ungeregelte Dinge landen über kurz oder lang auf dem Tisch des KESB und man wird zu einer Fallakte, zu der man nichts mehr zu sagen hat (und die Angehörigen schon gar nicht mehr).

Drum mein Tipp, meine Lieben:

Kümmert euch um eure Patientenverfügung, den Vorsorgeauftrag und euren Nachlass. Am wichtigsten aber ist der Vorsorgeauftrag mit der Patientenverfügung. Ist keine lange Geschichte, hat aber eine immense Wirkung, wenn etwas passiert. Und es passiert leider täglich und überall. Wir sind nämlich alle nicht unsterblich. Hier nützliche Links:

Vorlage

https://www.fmh.ch

Schon klar – der Tod ist nicht gerade ein sexy Thema für den Familientisch. Er gehört aber dazu und: Wenn man sich einmal gemeinsam darüber unterhält, dann merkt man nämlich, wieviel man vom anderen Menschen nicht gewusst hat. Wir haben dieses Thema in unserer Familie schon vor-, rück- und seitwärts durchdiskutiert und wir sind froh darum. Es verliert so den Schrecken, den es in den Köpfen der meisten Menschen hinterlässt.

Alles, was man unter dem Tisch lässt, wirkt einschüchternd. Legt man es einmal auf den Tisch und sieht es an, dann verliert es an negativer Wirkung.

P.S.: Es ist schnurzegal, ob ihr 20, 50 oder 80 seid. Der Zeitpunkt ist nie falsch, um zu regeln, was man regeln kann 🙂

 

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