von süss bis ungeniessbar

Neues von der Enkelfront

Meine Enkelin und ich möchten schon lange ein vierblättriges Kleeblatt finden. Wir haben heute gefühlt das halbe Dorf abgesucht: NIX!

Die Enttäuschung bei der Kleinen war gross – ich für meinen Teil weiss inzwischen, dass ich diesbezüglich kein Glück habe. Ich habe im ganzen Leben noch nie eines gefunden.

Zum Trost hat mein Tochterkind ihrer Kleinen bei uns im Garten gezeigt, wie man mit den kleinen Margritten das Frage-Antwort-Spiel machen kann.

Für alle, die nun nicht wissen, was ich meine:

Von der Blüte die einzelnen Blättchen wegzupfen und dann
… „er liebt mich, er liebt mich nicht, er liebt mich …“ und das letzte Blütenblättchen ist die Antwort.

Die Kleine: „Dann kann ich die Blume irgendwas fragen und das letzte Blättchen ist meine Antwort?“
Ihre Mama (meine Tochter): „Genauso macht man das.“

Ja, ihr ahnt es vielleicht schon. Die Kleine ist losgerast, hat eine Margritte geholt, hat sich zu uns gestellt und hat angefangen:

„Ich darf Fernsehen, ich darf nicht Fernsehen, ich darf Fernsehen ….“.

Wir hatten das Lachflash des Tages und ich muss euch wohl nicht sagen, wie die Antwort lautete. Sie sind jetzt freiwillig aus Grosis Garten abgezogen – schliesslich hat die Blume das TV-Gerät freigegeben!

Nach fünf Wochen …

… im neuen Leben, zu welchem nun leider auch eine erschreckende und lähmende Diagnose meines Göttergatten gehört, versuche ich mich an das neue Normal zu gewöhnen.

Ich habe keine Ahnung, ob und wie so etwas jemals gelingen soll. Inzwischen haben wir alle gemerkt, dass die runde Kugel namens Welt sich weiterdreht, als ob nichts geschehen wäre. Für uns hat sich aber von einer Sekunde auf die andere alles verändert. Rund um uns herum läuft alles weiter wie gewohnt. Das ist manchmal ein komisches Gefühl – oft aber auch einfach nur gut, weil wir sonst den Boden unter den Füssen komplett verlieren würden.

Noch nie mochte ich Achterbahnfahrten – jetzt weiss ich wohl auch, wieso das so ist. Es gibt nichts Schlimmeres, als die Achterbahn des Lebens. An einem Tag geht es kurz nach oben und es fühlt sich gut an. Oben bleibt es einen Moment stehen und man kann kurz Luft holen, um dann im steilen Sturzflug wieder nach unten zu stürzen und starr vor Schreck regungslos im Leeren zu liegen. In etwa so fühlt sich das Leben seit fünf Wochen an. Und dann gibt es noch diese unendlich langen Tage im Vakuum; oder im Niemandsland. So nenne ich die Grauzone zwischen Leben und Funktionieren. Das mechanische Abspulen von Routinedingen und die unendlich vielen Leerläufe, weil die Gedanken einfach nicht zu kontrollieren sind und sich ständig um den neuen Familienbegleiter namens „Krankheit“ drehen.

Die Frage nach dem WARUM habe ich inzwischen in den Keller verbannt. Es bringt nichts. Es gibt schlicht keine Antwort auf diese Endlosschlaufe.

Ich merke, dass ich gerne ab und zu wieder schreiben möchte. Genauso merke ich aber auch, dass das unbeschwerte Schreiben der Modepraline aus dem alten Leben irgendwie nicht mehr möglich ist. Warum? Nun ja: Das alte Leben gibt es nicht mehr. Wir versuchen alle, unseren Weg im neuen Leben irgendwie zu finden. Und das einzig schöne dabei ist, dass wir zusammenhalten wie Pech und Schwefel. Die Familie, die Freunde – das Netz funktioniert! Sonst kann ich leider dem Ganzen keinen Sinn abgewinnen. Es gibt auch keinen Sinn. Ich meine: Worin sollte der Sinn bestehen, aus einem wunderschönen und sattgrünen Kleeblatt einfach ein Blatt wegreissen zu wollen? Und weil so etwas nur sinnlos sein kann, werden wir das nicht einfach so geschehen lassen. Wir kämpfen gemeinsam, halten uns fest und rücken näher zusammen als je zuvor. Sich geschlagen geben ist keine Option.

Die Kampffront steht bereit – allen voran der Göttergatte, umgeben von seiner Modepraline, dem Tochterkind, dem Sohnemann, der ganzen grossen Familie drumherum und allen lieben Freunden. Gang egal, was die Achterbahn für Kurven und für ein Tempo vorgibt – wir haben uns angeschnallt.

 

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