Nachdem ich hier über den Frosch erzählt hatte, der durch unser Wohnzimmer gehoppelt ist, kamen unisono dieselben Reaktionen: „Du hättest ihn küssen und uns dann zeigen sollen, was daraus geworden ist.“
Euer Wunsch ist mir Befehl, liebe Leserschaft!
Nun, der kleine Kerl war ja mindestens genauso verängstigt wie ich. Als ich ihn aufgehoben habe, hat er gezittert wie Espenlaub und ich dachte, so ein kleines, beruhigendes Schmätzerchen auf das Froschhaupt würde ihn sicher beruhigen. Leider hat mir vorher niemand gesagt, dass Frösche GAR NICHT GERNE geküsst werden. Er hat ein fieses Sekret abgesondert, das an meinen Lippen gebrannt hat wie Feuer. Und er hat mich dabei angeschaut, dass es mir heiss und kalt den Rücken runterlief. Ich bin ja jetzt im Nachhinein überzeugt davon, dass er mit diesem Blick sein Vorhaben der Verwandlung spontan geändert hat – weit weg vom Prinzen.
Klar habe ich ihn nach dem gruseligen Schmätzerchen angeschaut, als ob ich wirklich auf einen Prinzen warten würde. Umso erschrockener war meine Gesicht, als die Verwandlung begann. Ich setzte ihn auf den Boden zurück und guckte dem Schauspiel zu. Er bekam keine schlanken Beine, keine prinzastische Wallemähne und auch keine rehbraunen Augen. Alles andere war der Fall:
Er verwandelte sich in eine richtig hässliche, warzenbestückte und stinkende Kröte mit den furchtbarsten Füssen, die ich je gesehen habe. Und er war riesig – er füllte unseren halben Eingangsbereich im Haus. Es war eine Challenge, das trotzige Vieh aus der Türe zu schieben, er wollte nämlich bleiben. Der Göttergatte und ich mussten mit vereinten Kräften das Krötentier nach draussen befördern und dann schnell die Türe verschliessen. Irgendwann war er weg. Und ich hoffe inständig, dass er nicht wieder kommt.
Was lerne ich daraus: Nicht in jedem Frosch steckt ein Prinz. Küssen lohnt sich also keineswegs. Ich vermute ja, dass es den Prinzen auf diesem Planeten zu blöd wurde und die sich einen anderen gesucht haben. Das würde auch gleich erklären, weshalb es hier auf unserem Erdball soviele hässliche Kröten, falsche Schlangen und verschlagene Hyänen gibt.
Wer den tieferen Sinn nicht gefunden hat, muss nicht traurig sein. Die Phantasie ist mal wieder mit mir durchgegangen …