von süss bis ungeniessbar

Arbeitsunfähig = Planlos?



Bedingt durch meine Tätigkeit als Peer für die Krebsliga habe ich öfters mit Menschen zu tun, die nicht mehr arbeitsfähig sind. Für die meisten Menschen bedeutet die Arbeitsunfähigkeit ein Schlag ins Gesicht und der Verlust der Existenzberechtigung. Alle Pläne sind von jetzt auf gleich weg und die Agenda leer. Maximal die Arzt- und Spitaltermine stehen noch im Kalender. Das zermürbt!

Warum also nicht eine Agenda anschaffen unter dem Motto:

Arbeitsunfähig, aber trotzdem am Leben!

Wer definiert, was in einer Agenda stehen darf/muss? Ah, genau: Nur der Besitzer!!!

Wer keinen „geregelten“ Tagesablauf aufgrund einer Krankheit hat, darf sich also getrost seine eigene Agenda (am besten in Papierform, weil so immer fürs Auge fassbar) auf den Tisch legen, in welcher die ganz eigenen und besonderen Termine stehen. Das können Termine sein wie:

08.00 – 3000 Schritte spazieren
09.00 – Kaffee
10.00 – Powernap
15.00 – Netflix-Film XY
17.00 – 2000 Schritte spazieren
20.00 – ein Bierchen

oder was auch immer man weiss, dass es gut zu tun wäre. JEDE-/R hat Dinge, die er mehr oder weniger gern machen muss. Und womit man sich dann belohnen möchte, weiss auch jeder selber. Warum diese Dinge also nicht aufschreiben, um dem Tag optisch eine Struktur zu geben und nicht auf ein weisses Blatt starren zu müssen. Strukturierte Tage sind energietechnisch positiver geladen, als Hängertage, weil man Abends mit einem Ziel vor Augen einschlafen kann.

Klar, ein Hängertag darf auch mal sein – nein, er MUSS sogar sein. Wenn diese aber zum Dauerzustand werden, dann fällt man aus dem Rhytmus und läuft auf einer Treppe ohne Geländer. Völlig ungesichert und haltlos.

Jeder, der einen Job hat, scheut sich nicht, auch seine Massagetermine in die Agenda zu schreiben. Das Leben mit einer Erkrankung, die einen Job verunmöglicht, bedeutet aber nicht, dass man Dauerferien hat. Eine schwerwiegende Erkrankung ist harte Arbeit, und zwar körperlich wie seelisch. Ohne geregelte Arbeitszeiten, weil 24/7 der Normalbetrieb im Leben von schwer Erkrankten ist. Es stellt sich also nicht ein Moment die Frage, ob Termine wie eine Massage, das Bierchen oder die Fusspflege in die ganz eigene Agenda gehören. SIE TUN ES !

Kleiner Tipp am Rande: Schritte fühlen sich besser an als Kilometer – man kommt schneller auf eine beachtliche Zahl und Erfolge machen stolz.

Neuer Enkelkracher

Wir wohnen in einem Quartier mit einer sehr engen und herzlichen Nachbarschaft. So kommt es auch, dass unsere Enkelkinder mit den Nachbarn aufwachsen, als ob die alle zur Familie gehören würden. Eine dieser Nachbarsmenschinnen ist gerade süsse 18 Jahre alt und damit volljährig geworden.

Dadurch, dass sie den Führerschein erworben und ihre ersten Ferien alleine verbracht hat, war das bei uns immer mal wieder Thema.

Unsere Enkeltochter hat deshalb heute sehr pragmatisch festgestellt:

„Laura ist ja jetzt 18 Jahre alt. Dann ist sie jetzt kein Kind mehr, sondern ein Mensch.“

Ehm, logisch …

Echt jetzt?

Dieses Zitat habe ich auf dem Instagram-Profil von Mirjam Hostetmann, Präsidentin der Juso und Vertreterin der Erbschaftssteuerinitiative gefunden.

Liebe Mirjam

Mit Kapitalismus bezeichnet man eine bestimmte Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Angebot und Nachfrage bestimmen den Markt. Das Kapital sind nicht nur Maschinen, Anlagen, Gebäude, Bargeld oder Fahrzeuge, sondern in erster Linie die Arbeitnehmer, die mit ihrer Arbeitsstelle ihr Leben finanzieren können.

Wenn der Kapitalismus sterben soll, dann stirbt das ganze Land. Oder hast Du schon einmal von einer erfolgreichen Herzentnahme ohne Ersatz gehört?

Ich hoffe, dass Du für Deine Leistungen niemals Geld nimmst – das wäre sonst nämlich sehr inkonsequent.

Wie gut, dass gemäss Umfragen die grosse Mehrheit des Schweizer Stimmvolks eure Initiative das Klo runterspülen wird.

Wie muss man gestrickt sein, dass man derart blind durchs Leben gehen kann?

Für ein Gespräch gerne bereit!

Handeln für Anfänger

Da weile ich also im total überlaufenen Mallorca (ein Wunder, dass die Insel nicht untergeht bei all den Menschen) und besuche natürlich den Wochenmarkt von Alcudia. In meinem Kopf sah das sehr romantisch aus. In echt: Du wirst von der Menschenmenge mitgeschoben …

Okay, wenn schon hässlich, dann aber richtig. Schliesslich habe ich genügend süditalienisches Blut in meinen Adern, dass ich weiss: Bezahle niemals, was der Marktverkäufer verlangt. Also handle ich mit einer lauten Spanierin ein Kleid für mein befreundetes Nachbarskind solange runter, dass mich die Verkäuferin in breitem „Spenglisch“ anschreit:
„You are so difficult, oh my god!“

Stolz verkünde ich, dass wir jetzt einen Schnapp gemacht haben, weil ich das Kleid von verlangten 35 Euro auf 22 Euro runter gehandelt habe. Die Freude währt nur kurz.

Abends beim Flanieren durch die Geschäfte von Port Alcudia sehen wir das Kleid wieder. Angeschrieben mit 19.90 Euro!!!!! Ich fühle ich sowas von verarscht. Zudem entdecken wir noch 2 weitere Artikel, die wir auf dem Markt „erhandelt“ haben zu viel tieferen Preisen. Läck, meine Ego ist kurz auf Tauchgang gegangen!

Ich will gar nicht wissen, wieviel hier beschissen wird, um die dummen Touris monetär zu erleichtern. Und ich gehöre dazu!!!! Bitzeli frustriert mich das also schon.

Aber hey: Ich weiss, dass zu Hause Wetten laufen, ob ich diese Ferien im lauten Kinderparadies durchhalte, oder ob ich – wie auch schon – abbreche und wieder nach Hause fliege. Schliesslich haben diese Ferien wenig mit dem zu tun, was ich als Ferien bezeichnen würde. Aber ich kann euch beruhigen: Es gibt hier 4 kleine Kinderaugen, die mich täglich aufs Neue motivieren, es als nicht so schlimm zu betrachten. Die Enkelkinder finden es nämlich super! Und das ist es, was zählt. Drum: Ich werde NICHT vorzeitig abbrechen und freue mich täglich über die zwei kleinen Menschen, die es hier so cool finden.

Eine liebe Freundin hat mir dafür sogar eine Medaille verliehen – ich finde also, ich müsste eigentlich mein Resilienzdiplom bereits in der Tasche haben; schliesslich habe ich weder Klaus-Dieter, noch James, noch Kevin erwürgt und es läuft noch alles in geordneten Bahnen. Auch die Überschwemmung im Badezimmer, das kaputte Küchentablar, das alle Gläser zerschlagen hat, die fette Kakerlake, die mässig geputzten Hotelzimmer und die Schlacht am Frühstücksbuffet habe ich bislang mehr oder weniger erfolgreich weg gelächelt. Und wenn ich mit den beiden Zwergen im Meer bade und in ihre kleinen Gesichter schaue, dann weiss ich: ES HAT SICH GELOHNT!

Klaus-Dieter in Malle

Nun, ich wollte ja eigentlich nicht an die vielen Klischees der Deutschen auf Mallorca glauben. Aber liebe Leser-/innen: ES GIBT SIE WIRKLICH!

Da liegen wir gemütlich am ziemlich vollen Strand von Port Alcudia und hinter uns platziert sich eine deutsche Familie aus Münster. Das ist soweit noch absolut unspektakulär. Bis Klaus-Dieter nach der 6. Dose Bier (getrunken in 60 Minuten) angefangen hat, ganz Münster durchzutelefonieren (per Facetime, versteht sich) und all seinen Freunden zu zeigen, wo er sich gerade befindet. Die Lautstärke und Tonalität seiner Stimme entsprach der eines Autos OHNE Auspuff. Ich habe mich umgedreht, weil ich sehen wollte, welcher Proll da mit soviel Grosskotz im Blut jedem zeigen muss, wo er gerade ist. LACHFLASH. Klaus-Dieter war ca. 1.58 klein, Vollglatze, schmächtig, weisshäutig und extrem unsympathisch. Sein Ego war dafür rund 2 Meter gross und in seiner Wahrnehmung war Einstein sein Lehrmeister.

Dann ging’s so richtig los:

Klaus-Dieter ins Telefon: „Hey Henrik, Du glaubst nicht, wo ich gerade bin – guck, besser als Münster.“
„Hey Bro, wie geil ist das denn – was macht ihr so?“
„Gestern waren wir in Arenal, voll genial. Jetzt Alcudia. Ich glaub ja, dass ich nicht nach Münster zurückflieg – ich geh direkt weiter nach Bangkok; Du weisst ja, gell!?“ (Gruseliges Rauchergrölen).
„Ich verstehe, Bro, mach das!“

Klaus-Dieter konnte übrigens auch nicht ins Meer, ohne eine Bierdose in der Hand zu haben. Schwimmen ohne zu saufen geht nicht – Klischee halt.

Übrigens hat Klaus-Dieter seiner lieben Ehefrau in den 2 Stunden, bis sie die Flucht ergriffen hat, x-mal erklärt, dass sie zu den dämlichen 99% der Bevölkerung gehört, die keine Ahnung von Fussball haben.

Sie: „Woher willst Du wissen, dass es nur 1% gibt, die Fussball verstehen?“
Er: „Weil ich das weiss! Ist doch logisch!“
Sie: „Und warum weisst Du, dass ich zu den anderen 99% gehöre?“
Er: „Weil Du eine Frau bist, Schatzi, auch logisch!“
Sie: „Was soll der Scheiss, es gibt auch Frauenfussball!“
Er lachte laut und hässlich: „Frauenfussball? Willst Du mich verarschen? Das ist doch kein Fussball, das ist lächerlich!“

Ich weiss nicht, wann ich das letzte mal mit so verachtendem Blick jemanden angeschaut habe. Die Frau hat sich dann verdünnisiert. Er kurz darauf auch.

Klaus-Dieter hat also sämtliche Klischees bedient, die ich jemals erlebt habe. Schlimmer geht immer ….

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