von süss bis ungeniessbar

Man(n) oder Frau stelle sich vor …

… der Tank beim Auto ist leer. Selbstverständlich merkt man das erst auf dem Weg zu einem Termin. Also heisst es, bei der nächsten Tanke den Blinker zu setzen und rauszufahren.

Schön nah an die Säule manövrieren und dann – ist die Brieftasche logischerweise dort, wo sie bei mir immer ist: Im Rucksack, welcher im Fussraum des Beifahrersitzes liegt. Und die Brieftasche ist IMMER ganz unten in diesem elend geräumigen Teil, welches den halben Haushalt an Fassungsvermögen hat. Ich gurte mich los, und versuche mit dem Oberköper über die Mittelkonsole an den Rucksack und grabend an die Brieftasche zu kommen. Reicht nicht ganz …! Also hole ich Anlauf (imaginären Anlauf, innerlich eben …) und mache einen zackigen Schlenker in den Fussraum und dabei erklingt ein Geräusch in meinem Brustkorb, welches klingt, wie wenn man auf eine Weinbergschnecke tritt. Kennt ihr dieses fiese Knirschen? Und unmittelbar nach dem Knirschen kommt aus meinem Mund ein Geräusch, welches klingt wie in Luftballon, dem die Luft gerade ausgegangen ist.

Einen kurzen Moment war mir nicht klar, ob es neuerdings tagsüber an den Tankstellen Sterne hat. Bei der nächsten Bewegung wurde mir aber relativ schnell bewusst, dass die Sternchen vor meinen Augen tanzten. Ich stemme mich tapfer aus dem Auto, tanke noch viel tapferer und steige am tapfersten aller Tankerinnen wieder ein (JA, diese Steigerungsform gibt es seither offiziell nur in Verbindung mit Ganzkörpereinsätzen beim Tanken).

Ich gehe zu meinem Termin mit einer lieben Freundin. Wir rätseln, ob da womöglich etwas kaputt sein könnte. Und dann denke ich mir wieder: Nein, das kann doch nicht sein – ich habe ja nicht die Eigernordwand erklommen. Im Verlauf des Nachmittags nehmen die Schmerzen zu und das Atmen wird zunehmend anstrengender. Aber eben – starke Tankerinnen kennen keinen Schmerz.

Tags darauf beschliesse ich, dass starke Tankerinnen doch Schmerzen kennen und gehe zu meinem Doc. Der findet nichts ausser einer angebrochenen Rippe. Sollte also bald besser werden.

Was für ein Weichei ich doch bin. Schrecklich. Und so fliege ich also tapfer mit meiner Familie nach Sardinien. Wusstet ihr, dass ein Flugzeug beim Start auf der Startbahn mindestens über 5 Millionen Stolpersteinchen fährt? Und wusstet ihr auch, dass die Familie das saulustig findet, wenn ich ein schmerzverzerrtes Gesicht mache. Okay, ich weiss: Weichei.

Irgendwie nehmen die Schmerzen mit jedem Tag ein bisschen zu und mir wird auch zunehmend übel. Also gehe ich bei der Heimkehr aus dem Kurzurlaub nochmal zum Doc. Der schickt mich zum Ultraschall. Und da sieht der Spezi doch tatsächlich, dass da noch eine Rippe ganz gebrochen ist. Oh, der Bruch ist ja noch ein ganz kleines bisschen verschoben und es hat sich ein Erguss gebildet. Das tue sehr weh, sagt der Herr Spezialist. Ach neeeeee? Nicht waaaaahr??? Ich meine, ich hatte schon während der Untersuchung das dringende Bedürfnis, ihn ein klein wenig zu beissen! Auaaaaaaaa…. !!!!

Wisst ihr, was man gegen dieses kleine Problem in meinem Brustkorb und Rücken nun machen kann? NICHTS!!! Rein absolut gar nichts – ausser Geduld und Schmerzmittel. Ersteres gehört absolut gar nicht zu meinen Kernkompetenzen und Zweiteres vertrage ich magentechnisch nicht. Hervorragend!

Beim nächsten leeren Tank steige ich aus, gehe um den Wagen und bücke mich wie ein normaler Mensch in Richtung Fussraum. Ohne Knack und so …

So in rund 2 Monaten wird es wieder besser – sagen die Docs. Autsch!

Irgendwie anders …

Der Göttergatte und ich haben uns zum feinen Abendessen mit Freunden getroffen. Mit Freunden, die wir schon ein ziemlich langes Weilchen nicht mehr gesehen haben.

Abgesehen davon, dass wir unglaublich lecker gegessen haben, hat sich da etwas verändert, worüber wir herzlich gelacht haben:

Früher, als wir noch jung und knusprig waren, haben wir über unsere Jobs, über unsere „Schandtaten“, über die Familienplanung und über unsere kleinen Kinder gesprochen. Wer hat wieviele Zähne bekommen? Wer kann schon laufen? Wie läufts in der Schule? Sind noch mehr Kinder ein Thema? Wo gehen die nächsten Familienferien hin?

Heute ist das irgendwie anders. Zwar sind unsere erwachsenen Kinder immer noch ein Thema – zugegebenermassen sogar ein grosses Thema. Aber dann kommt es: Das Gespräch, über welches wir bei unseren Eltern und Grosseltern immer gelacht haben. Wer hat welche Beschwerden und was tut er dagegen. Kaputter Rücken und Physiotherapie. Neue Hüfte steht auf der Liste der offenen Projekte. Schulter macht Probleme und schränkt ein. Drehschwindel macht das Leben mühsam. Und so könnte man das Klagelied der altersbedingten Abnutzungserscheinungen weitersingen bis ins Unendliche.

Als wir bemerkt haben, worüber wir uns alle grad unterhalten, konnten wir herzlich darüber lachen, dass wir nun in der Rolle der alten Eltern oder Grosseltern sind. Die Schandtaten beschränken sich auf „ich glaube, ich nehme noch ein drittes Prosecco“ oder „komm, wir sind mutig und gönnen uns noch ein Dessert“! Und auf dem Heimweg um halb elf Uhr Abends haben wir die Jungen gesehen, die sich auf den Weg zu ihren Schandtaten gemacht haben … zu einer Zeit, in der unser Bett laut ruft: „Komm schon, hinlegen – Licht aus!“

Ja, so ändern sich die Zeiten!

Nur Vorteile

So, nun bin ich also schon fast eine Woche lang fünfzig und alle fragen mich immer, wie es sich anfühle. Ehm – ich merke nichts! Ich bin immer noch ich, ich habe immer noch Wallungen, es knackt immer noch in den Knochen und ich hab nach wie vor Flausen im Kopf. Nichts, aber auch gar nichts hat sich geändert, ausser der Zahl. Und dann ist da nochwas, was ich sehr bequem finde.

Es gibt doch Dinge, die macht man nicht gerne oder sie gelingen einem nicht. Für diese Dinge, ist die FÜNFZIG die perfekte Ausrede:

Etwas vergessen? Sorry, das ist das Alter, ich kann nichts dafür.
Müde? Tschuldigung, ich bin nicht mehr die Jüngste, ich muss mich hinlegen.
Gewichtszunahme? Tja, die verflixten Wechseljahre, das ist halt mit fünfzig so.
Launisch? Liegt an den Jährchen, da kann man nichts dagegen tun.
Unperfekt? Ab fünfzig kann man alles mit dem Alter entschuldigen.

Auf der anderen Seite sind jene Dinge, die man trotz des Alters eben gerne machen will. Und da geht die Fünfzig auch noch prima:

Kreischend am Gabalier-Konzert ausflippen? Ich darf das noch, ich bin erst fünfzig!
Mit kurzen Hosen einkaufen gehen? Geht noch, mit fünfzig ist das noch drin.
Sich tätowieren lassen? Hallo, fünfzig ist doch noch kein Alter!
Alles besser wissen? Mit fünfzig ist das okay, die Erfahrung macht’s.

Und dann gibt es da noch etwas, was sich tatsächlich wunderbar anfühlt, weil ich das für mich auf meine Fahne geschrieben habe:

Ab sofort MUSS ich nichts mehr, ich DARF nur noch. Und wenn ich nicht will, dann sage ich NEIN. Und wer mich nervt, wird kurzerhand „entsorgt“. Dafür bin ich nun nämlich endlich alt und erfahren genug. Fünfzig ist prima! 🙂

Das schlägt dem Fass den Boden aus…

…oder wie bringe ich meine Blutwerte wieder dahin, wo sie hingehören?

Nicht genug, dass ich im 50-sten Lebensjahr bin.
Nicht genug, dass ich wechseljahrgeplagt bin.
Nicht genug, dass ich Wallungen habe.
Nicht genug, dass ich nachts nicht schlafen kann.
Nicht genug, dass ich Fressattacken habe.
Nicht genug, dass ich zugenommen habe, wie ein vollgesogener Schwamm. Weiterlesen

Wunschkonzert für meine Leser-/innen Teil 6

Ich habe auf Facebook einen Aufruf gemacht, bei welchem ich nach Themen, Ideen, Visionen, Gedanken oder Überlegungen für Geschichten gefragt habe. Eine ziemliche Herausforderung, denn manche Ideen sind einfach Sätze, mit welchen ich anstellen kann, was ich will. Dann mal los – hier für Silvia G.:

Auswandern, oder doch nicht?

Meine liebe Kollegin und ich philosophieren oft über das Älterwerden, die Vorzüge und Nachteile, die gewonnene Freiheit durch die erwachsenen Kinder und die Träume, welche noch zu verwirklichen wären. Immer wieder schweifen wir dabei in ferne Länder. Sie eher in Richtung Süden an die Wärme – ich eher in den Norden zu den Eisbergen. Und dann fragen wir uns nicht selten: Was machen wir eigentlich noch hier? Warum sind wir nicht schon lange ausgewandert? Die ultimative Antwort auf diese Fragen haben wir uns bis heute selber nicht geben können. Fehlender Mut? Doch noch irgendwo eine Wurzel, die festhängt? Also haben wir auch schon über eine Teilauswanderung diskutiert. Das wäre das Modell Luxusvariante. Ein Domizil irgendwo an einer Traumdestination, wo man jederzeit hinflüchten und möglicherweise auch mal für längere Zeit bleiben kann. Dabei aber immer die offene Option, wieder zurückkehren zu können, wenn es auch nicht dasjenige ist, welches man sich erwartet hat. Vermutlich sind es die Familienmitglieder und Freunde, welche wir vermissen würden – deshalb hängen wir wohl hier fest. Wir hauen nämlich regelmässig wieder für ein paar Tage ab, um den Kopf zu lüften.

Und dann werden die Ideen nicht selten noch abstruser. Wir haben schon die lustigsten Alters-Wohngemeinschafts-Projekte gestrickt. Natürlich immer Marke Eigenbau! Wir würden irgendwo ein Haus mit tollen, altersgerechten und luxuriösen Wohnungen bauen, um gemeinsam – aber doch jede in ihrer Wohnung – alt zu werden und einander zu helfen. Alles ältere Semster, mit oder ohne Partner; mit oder ohne Tier; mit oder ohne Macken! Nein – halt: Das wäre Pflicht! Macken wären zwingend, denn Normalos würden da gar nicht hinpassen.

Und so haben wir uns schon stundenlang durch Spaziergänge mit unseren Hunden philosophiert und uns immer wieder gefragt: Was machen wir eigentlich noch hier? Nun ja, meine Liebe – ich kann es Dir selbst nach dieser Geschichte wieder einmal nicht sagen!

 

« Ältere Beiträge

© 2024

Theme von Anders NorénHoch ↑