von süss bis ungeniessbar

Alleine oder einsam?

Ich habe als Peer nun das grosse Glück, einen wunderbaren Coach gefunden zu haben, der mit offenen Ohren, einem grossen Herzen und eines ebenso harten Verlustes seines Herzmenschen nicht nur die richtigen Fragen stellt – er schreibt auch hervorragende Kommentare. Den letzten dieser Kommentare möchte ich euch hier als Post präsentieren – ich finde ihn nämlich schlicht perfekt. The stage is yours, coach:

„Einsam sein, heisst nicht, dass man keine Freunde hat, die für einen da sind.
Einsam sein heisst, dass das, was das Herz glücklich macht, plötzlich fehlt!“

Wieso erst jetzt sich einsam fühlen? Die Antwort liegt auf der Hand, aber oftmals vergeht viel Zeit, bis man dahinter kommt.

Es ist nicht, weil die Freunde keine Zeit mehr haben. Das Beileid aus unserem Umfeld brauchen wir unbedingt, denn geteiltes Leid ist halbes Leid. Die Betroffenheit und Anteilnahme ist bekanntermassen grösser, wenn die verstorbene Person sehr jung war, auf tragische Art oder unerwartet verstorben ist. Man trauert um das Schicksal der verstorbenen Person.

Aber ist das „alles“? Vergessen wir nicht etwas Wichtiges?
Doch: Bei der Trauer geht es nicht nur um die verstorbene Person, vielmehr sollten die engsten Angehörigen im Zentrum unseres Beileids stehen. Und noch viel wichtiger: Wenn man 40 Jahre gemeinsam durch alle Hochs und Tiefs gegangen ist, den Schmerz des Verlustes des über alles geliebten Menschen „überlebt“ hat, ist eigentlich der Moment gekommen, um sich selber zu betrauern.

Selbstmitleid?!
Ein zu Unrecht negativ behafteter Begriff.
Habe ich als engste Hinterbliebene überhaupt das Recht, mein Schicksal zu beklagen, dass ich plötzlich alleine dastehe? Habe ich es überhaupt verdient, habe ich alles „richtig“ gemacht? War ich in meiner Beziehung dankbar für all das, was ich jetzt vermisse? Oder muss ich mich bei solchen Gedanken schämen – schlussendlich kann ich ja weiterleben? Was denken denn meine Freunde, wenn ich solche Aussagen mache?

Selbstmitleid ist ein wichtiger Schritt im Trauerprozess, den wir nicht auslassen dürfen.

„Eine Form der Einsamkeit ist, Erinnerungen zu haben, die man mit niemandem teilen kann.“
Peter E. Schumacher

Es gibt tatsächlich keinen Ersatz für das Urvertraute, das Innig-Geliebte. Wenigstens nicht sofort – es hatte sich ja über die Jahrzehnte entwickelt.
Hier fängt tatsächlich die TrauerARBEIT an. Die Hinterbliebenen müssen an sich selber schaffen. Und für diese Trauerarbeit gibt es keine Pauschallösung. Dafür zum Glück unzählige richtige Varianten und nur einen Irrweg, nämlich all das was man Gutes für die verstorbene Person geleistet hat zu „vergessen“ und die vermeintlichen „Fehler“ in den Vordergrund zu stellen und sich selbst abzuwerten. Schuldgefühle sind ein Irrweg, ebenso die eigenen Bedürfnisse zu verdrängen oder sogar zu leugnen.
Plötzlich ist sie da, die Einsamkeit – wenn alles getan ist, in liebevoller Erinnerung Abschied zu nehmen und zu akzeptieren, dass der Herzensmensch tatsächlich nicht mehr zurückkommt.

Um die Einsamkeit zu überwinden, geht es um Selbstmitleid. Und es braucht keine guten Ratschläge, sondern Mitgefühl, dass das Wertvollste im Leben genommen wurde, dass das Leben „ungerecht“ war und man voller Wut und Hass und im nächsten Moment voller Angst und Verzweiflung ist. Es braucht Zuhörer und keine Kommentatoren. Und für sich selbst muss man akzeptieren, dass man total neben der Spur stehen darf, ohne sich dafür schämen, schlecht machen oder hinterfragen zu müssen.

Und plötzlich ist man immer häufiger alleine und immer seltener einsam.

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2 Kommentare

  1. Marti Beatrice

    so guet gschriibe.
    merci vielmals
    gedanke wo me het und nid weiss wie usdrücke aber du bringsches mit buechstabe ufe punkt
    merci 😘🍀🐞

    • modepraline

      Danke liebi Trix – die Buechstabe het mi Coach ufs Papier brocht, nid ig. Drum hani ihm dä Bitrag gwidmet.

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