… und hallo Zuhause!
Irgendwie haben sich solche Sätze früher besser angefühlt. Und ich muss gestehen: Hätte ich keine Enkelkinder, die damit gerechnet haben, dass Grosi nach vier mal Schlafen wieder zurück ist, dann hätte ich meinen Aufenthalt verlängert.
Ich habe in Palma geschlafen wie ein Baby. Ich hatte die Wahl, ob ich mich zurückziehen oder ob ich in Gesellschaft sein wollte. Ich war bedeutend aktiver, als ich es hier bin. Ich habe mich über die Wärme gefreut und die freundlichen Menschen haben meiner Seele gut getan.
Habt ihr gewusst: Wenn man in den Gassen Palmas zu tanzen anfängt, weil die Laune im Hoch ist, dann tanzen fremde Menschen einfach mit und freuen sich.
Versucht das mal hier in unseren Gefilden. Vermutlich rückt dann ein Transporter mit Zwangsjacke an …
Dann ist da die Sache mit dem Heimkommen. Es fühlt sich gut an, sein Zuhause zu riechen, die Familie wieder zu sehen und die Erinnerungen alle wieder um sich zu haben. Aber: Es fühlt sich komplett falsch an, im leeren Haus dem Göttergatten nicht erzählen zu können, was ich alles erlebt habe. Zwar flippt klein Ellie jedesmal aus, wenn ich nach Hause komme (soweit das in ihrem hohen Alter eben noch geht), aber sonst ist das Heimkommen nicht einmal mehr ansatzweise das, was es einmal war.
Das Gefühl, wenn ich unser Haus nach mehrtägiger Abwesenheit sehe, ist wohlig und warm. Wenn ich das Haus betrete, kommt ein beklemmendes Drücken im Brustbereich. Und ein Kloss steckt im Hals. Ich weiss wohl, dass ganz nah meine ganze Familie lebt. Aber die Lücke, die mich im Haus empfängt, fühlt sich an wie ein frostiges Loch!
Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich kurz denke, dass ich dieses und jenes meinem Göttergatten erzählen und zeigen muss. Und dann wird mir in Bruchteilen von Sekunden klar, dass das ja gar nicht mehr geht. So ganz ist es also immer noch nicht bei mir angekommen, dass ich ihm nie mehr etwas werde erzählen können. Und dann kommt sie, die fiese Leere, die mir von den Zehenspitzen bis in die Haarwurzeln kriecht und mir diesen Schleier der unsäglichen Trauer und des Vermissens über den Körper wirft.
Ich habe regelmässig dieses Flashback aus meiner Kindheit. Als lungenkrankes Kind musste ich in Saanen einen längeren Kuraufenthalt in einem Kinderheim machen. Und wie das früher so war: Ohne Eltern! Ich weiss noch heute, wie sehr ich mein Zuhause und meine Eltern vermisst habe und wie furchtbar weh das getan hat. Und genau dieses Gefühl kommt heute jedesmal, wenn ich bewusst realisiere, dass der Göttergatte nicht mehr da ist.
Der Göttergatte und ich haben zwar regelmässig getrennt Urlaub gemacht – er mit seinen Freunden und seinen Hobbys, ich mit meinen Freunden und meinen Hobbys. Aber das Heimkommen hat sich halt schon anders angefühlt, als es das jetzt tut …!
Leute, ich weiss jetzt, warum man nach dem Verlust eines Herzmenschen von TrauerARBEIT spricht – es ist ein verdammter Kraftakt, den man da stemmen muss, um nicht im Sog der Abwärtsspirale unterzugehen. Ganz schön heftig!
Ich werde zeitnah wieder abreisen – einfach weil es im Moment grad einfacher ist zu gehen, als zu kommen – auch wenn ich die Kraft dafür manchmal auch aus jeder Ecke zusammenkratzen muss.
„Einsam sein, heisst nicht, dass man keine Freunde hat, die für einen da sind.
Einsam sein heisst, dass das, was das Herz glücklich macht, plötzlich fehlt!“
Wieso erst jetzt sich einsam fühlen? Die Antwort liegt auf der Hand, aber oftmals vergeht viel Zeit, bis man dahinter kommt.
Es ist nicht, weil die Freunde keine Zeit mehr haben. Das Beileid aus unserem Umfeld brauchen wir unbedingt, denn geteiltes Leid ist halbes Leid. Die Betroffenheit und Anteilnahme ist bekanntermassen grösser, wenn die verstorbene Person sehr jung war, auf tragische Art oder unerwartet verstorben ist. Man trauert um das Schicksal der verstorbenen Person.
Aber ist das „alles“? Vergessen wir nicht etwas Wichtiges?
Doch: Bei der Trauer geht es nicht nur um die verstorbene Person, vielmehr sollten die engsten Angehörigen im Zentrum unseres Beileids stehen. Und noch viel wichtiger: Wenn man 40 Jahre gemeinsam durch alle Hochs und Tiefs gegangen ist, den Schmerz des Verlustes des über alles geliebten Menschen „überlebt“ hat, ist eigentlich der Moment gekommen, um sich selber zu betrauern.
Selbstmitleid?!
Ein zu Unrecht negativ behafteter Begriff.
Habe ich als engste Hinterbliebene überhaupt das Recht, mein Schicksal zu beklagen, dass ich plötzlich alleine dastehe? Habe ich es überhaupt verdient, habe ich alles „richtig“ gemacht? War ich in meiner Beziehung dankbar für all das, was ich jetzt vermisse? Oder muss ich mich bei solchen Gedanken schämen – schlussendlich kann ich ja weiterleben? Was denken denn meine Freunde, wenn ich solche Aussagen mache?
Selbstmitleid ist ein wichtiger Schritt im Trauerprozess, den wir nicht auslassen dürfen.
„Eine Form der Einsamkeit ist, Erinnerungen zu haben, die man mit niemandem teilen kann.“
Peter E. Schumacher
Es gibt tatsächlich keinen Ersatz für das Urvertraute, das Innig-Geliebte. Wenigstens nicht sofort – es hatte sich ja über die Jahrzehnte entwickelt.
Hier fängt tatsächlich die TrauerARBEIT an. Die Hinterbliebenen müssen an sich selber schaffen. Und für diese Trauerarbeit gibt es keine Pauschallösung. Dafür zum Glück unzählige richtige Varianten und nur einen Irrweg, nämlich all das was man Gutes für die verstorbene Person geleistet hat zu „vergessen“ und die vermeintlichen „Fehler“ in den Vordergrund zu stellen und sich selbst abzuwerten. Schuldgefühle sind ein Irrweg, ebenso die eigenen Bedürfnisse zu verdrängen oder sogar zu leugnen.
Plötzlich ist sie da, die Einsamkeit – wenn alles getan ist, in liebevoller Erinnerung Abschied zu nehmen und zu akzeptieren, dass der Herzensmensch tatsächlich nicht mehr zurückkommt.
Um die Einsamkeit zu überwinden, geht es um Selbstmitleid. Und es braucht keine guten Ratschläge, sondern Mitgefühl, dass das Wertvollste im Leben genommen wurde, dass das Leben „ungerecht“ war und man voller Wut und Hass und im nächsten Moment voller Angst und Verzweiflung ist. Es braucht Zuhörer und keine Kommentatoren. Und für sich selbst muss man akzeptieren, dass man total neben der Spur stehen darf, ohne sich dafür schämen, schlecht machen oder hinterfragen zu müssen.
Und plötzlich ist man immer häufiger alleine und immer seltener einsam
Wow, danke Coach!
Aus diesem Kommentar könnte ich glatt einen eigenen Blogpost machen. Danke tuusig! Mega! 🙂
Liebe Daniela das geht mir heute nach 3 Jahren die ich alleine bin leider….. immer noch so…. heim kommen nach etwas erlebten oder auch sonst und niemanden erzählen können tut verdammt weh. Sie fehlen jeden Tag 🙏❤️
Schwierig, gell – ich kann es meinen Kindern, Eltern und Freunden wohl erzählen, aber das Heimkommen ins leere Haus und nicht über das erlebte mit ihm lachen können, das ist schwer.