von süss bis ungeniessbar

Silvesteranlass, und dann …

ist sie da, die ultimative Frage: Wo bekommen Mann und Frau das passende Outfit her. Wer schon einmal in einem Hotel Ferien über die Feiertage gemacht hat, der weiss, dass dies textiltechnisch eine ziemlich Herausforderung sein kann. Bei den wunderschön arrangierten Silvesterdinnern oder den musikalisch umrahmten Glitzeranlässen herrscht fast immer ein Dresscode.

Nun ja, Frauen machen aus dieser Herausforderung in der Regel einen Shoppingtrip mit vollem Körpereinsatz. Schliesslich mögen die meisten Frauen den Marathon von Geschäft zu Geschäft und von Umkleidekabine zu Umkleidekabine. Ich sage bewusst „die meisten“, denn auch da gibt es Ausnahmen. Das übliche Klischee von der shoppenden Frau mit dem Mann, der vor dem Geschäft frierend und geduldig wartet, gilt nämlich auch heute noch. Also bei uns gilt es nicht. Mein Mann kommt nämlich schon gar nicht erst mit – wer will sich schon vor gefühlt 50 Boutiquen die Beine in den Bauch stehen und das Gejammere von überflüssigen Pfunden in Dauerschleife über sich ergehen lassen. Mein Mann nicht.

Dann hätten wir da noch die pragmatische Männerwelt. Die möchten einfach nur einen passenden Smoking. Oder einen tollen Anzug. Am besten mit dem passenden Rundherum gleich dazu. Und all das möchten sie vor allem, ohne sich ins Shoppinggetümmel stürzen zu müssen.

Ich habe bis heute keinen einzigen Mann kennengelernt, der es cool findet, sich für einen besonderen Anlass einen Anzug kaufen zu müssen. Und der Smoking ist bei den meisten Männern der Feind Nummer eins. Er sieht immer gleich und ähnlich aus, passt aber meist erst nach 38 Fehlversuchen und muss dann trotzdem noch abgesteckt, geändert und nochmal probiert werden. Männer sehen den Sinn darin nicht, sich all dies anzutun, um das glanzvolle Outfit genau einmal tragen zu können. Sie sind dafür zu pragmatisch und strukturiert im Kopf. Die meisten erachten es als herausgeworfenen Geld, das man besser hätte gebrauchen können. Und sie tun es in der Regel auch nur, weil die weibliche Begleitung mit grossen Kulleraugen den „ich-bin-sonst-so-traurig-Blick“ aufsetzt. Kaboooooom – der Mann steht schneller in einer viel zu engen Umkleidekabine, als er nein sagen kann. So funktionieren Beziehungen! 🙂

Nun habe ich etwas entdeckt, was das Leben der Männer soviel einfacher macht. Und die Partnerin mit den Kulleraugen darf sich auch freuen.
Da hat sich ein Startup etwas einfallen lassen, was den Beziehungsstress minimiert! Es gibt eine Plattform, auf welcher Mann sich sein Outfit per Mausklick zusammenstellen und nach Hause liefern kann. Mann braucht dafür nicht einmal die Kenntnisse über seine Kleidergrösse – der nette Herr auf der Plattform erklärt per Videobotschaft, wo Mann seine drei Masse nehmen muss, um den perfekt sitzenden Anzug oder Smoking geliefert zu bekommen. Und dazu kann Mann sich sogar die passenden Schuhe, den Gürtel, das Einstecktuch und die Uhr liefern lassen, wenn dies gewünscht wird. Klingt einfach? Ist es auch! Wir haben es ausprobiert. Und mein Mann trägt keine 08/15 Grösse – also dies alleine ist schon eine Challenge. Aber es hat funktioniert – und zwar perfekt passend und in kürzester Zeit.

Das Zückerchen zum Schluss kommt jetzt für die Frau an der Seite des adrett gekleideten Mannes: Die ganze Ware kommt nach dem Event ungewaschen zurück in den Karton und wird vom Briefträger per Pick up wieder abgeholt. Waschen? Reinigen? Bügeln? Nichts von all dem. Auch das wird für Mann (und Frau) erledigt.

Der Typ mit der Idee hat seiner Firma den passenden Namen verpasst: www.adretto.ch

Falls also vor euch eine Einladung liegt, die euch den Schweiss auf die Stirn treibt: Die Lösung gibts ganz einfach auf besagter Homepage. Und was ich daran zusätzlich schätze: Es ist nachhaltig!!! Im Schrank hängen nicht mehr tonnenweise Anzüge, die vor 20, 10 oder 5 Kilo noch gepasst haben. Es kommt immer nur jener, der gerade passt und gebraucht wird. Und dann ist er wieder weg.

Die Umwelt, die Brieftasche und die Männerwelt sagen unisono DANKE für diese fantastische Idee! Und die Frauen können den Männern künftig nochmehr Platz im Kleiderschrank klauen. Also bitte – mehr geht doch nun wirklich nicht.

Papier ist geduldig

Wie jedes Jahr um diese Zeit, ist auch in diesem Jahr die „Bilanz“ wieder an jedem Kiosk zu kaufen. Erfahrungsgemäss die meistgelesene Bilanz, denn da stehen die 300 Reichsten der Schweiz drin – mit Angabe ihrer Vermögen.

Und genau da haben wir die Krux! Es ist nämlich kaum anzunehmen, dass die Vermögenden des Landes einfach mit ihren Zahlen um sich schmeissen. Und drum sitzen auf der Redaktion der Bilanz 32 fleissige Schreiberlinge, die – oftmals mangels gesicherter Informationen – einfach mal so aus der Luft ein paar Zahlen nehmen und diese dann abdrucken. Hoch lebe die Pressefreiheit. Otto Normalverbraucher liest dann, dass Familie Blocher mit einem „geschätzten“ Vermögen von 11 – 12 Milliarden Schweizerfranken zu den „Aufsteigern“ des Jahres gehört. Man läuft Gefahr, dabei zu meinen, dass diese Milliarden Bargeld seien, welche auf der Bank liegen. Totaler Quatsch! Da werden sämtliche Firmen, Immobilien und Anlagen bewertet und dann Handgelenk mal Pi eine Zahl rausgehauen, welche dann mit „geschätzt“ verbreitet werden darf. Aha …

Was mich zusätzlich ärgert ist die Tatsache, dass von diesen Reichen Bildern abgedruckt werden, welche irgendwo der Hochglanzpresse entnommen wurden. Da sieht man den Manager auf dem Golfplatz, den Unternehmer auf dem roten Teppich oder den Maschinenbauer im Smoking. Man könnte annehmen, dass dies einen Eindruck des Lebens der Reichen vermittelt – was natürlich wieder totaler Blödsinn ist. Kein reicher Mensch lebt 24/7 so. Es sind nämlich auch einfach Menschen.

Der Supergau in der diesjährigen Bilanz ist aber die Betitelung von Hansjörg Wyss (Pharma und Beteiligungen), der als Absteiger des Jahres gehandelt wird. Wie kann man jemanden als Absteiger betiteln, der 6 Milliarden (die Hälfte) seinen Vermögens für das Gemeinwohl spendet? Da ist die Wortwahl aber gehörig misslungen, liebe Redaktoren. Jemand, der die Hälfte seines Vermögens weiterverschenkt, der ist für mich ein Gewinner – aber das ist leider fernab der Bilanz.

Jahr für Jahr ärgere ich mich über dieses Hochglanzmagazin, welches jene Menschen auf den Präsentiersteller legt, die den Schweizer Arbeitsmarkt sichern. Ich wäre sehr dafür, dass man die 32 Rechercheure der Bilanz einmal so Handgelenk mal Pi durchleuchten würde, um sie genauso an den Pranger zu stellen. Das gäbe bestimmt ein lustiges Magazin. Ich würde es kaufen … um mich daran zu erfreuen, wie simpel solche Menschen gestrickt sind.

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