von süss bis ungeniessbar

Geld regiert die Welt

Meine regelmässigen Blogleser/innen wissen es, den anderen sage ich es jetzt: Medizinisch war ich schon immer überdurchschnittlich interessiert. Und weil wir seit einem halben Jahr direkt mit dem Thema Krebs konfrontiert sind, gibt es kaum etwas, was von mir nicht gelesen, abgeklärt, druchgesehen, angefragt, hinterfragt und angezweifelt wurde. Wenn man sich so intensiv mit einer Thematik auseinandersetzt, kommt man zwangsläufig auch mit vielen Betroffenen in Kontakt. Was ich da immer und immer wieder höre, stellt mir die Nackenhaare zu Berge: Die Zweiklassenmedizin wird derart fies betrieben, dass ich gar nicht wissen möchte, wieviele Patienten gestorben sind, weil es IHR Medikament wegen des hohen Preises nicht auf die Kassenliste geschafft hat und somit nicht bezahlt wurde. Das ist schon mal eine katastrophale Seite der Zweiklassenmedizin. Die Krebsmedikamente sind zum Teil derart teuer, dass die Kassen sich gegen diese Preise wehren und den Pharmagiganten den Hahn zudrehen wollen, indem sie die Medikamente ganz einfach nicht auf ihre Liste aufnehmen. Ob die Pharmas wirklich darunter leiden, wage ich zu bezweifeln … wer aber ganz bestimmt darunter leidet, sind die Patienten.
Stell sich nur mal einer vor, euch würde gesagt, dass ihr nur noch ein paar Wochen zu leben habt. Und dann würdet ihr fragen, ob es denn gar nichts gebe, was man dagegen tun könne. Der liebe Doktor müsste dann sagen: „Leider nicht. Das einzige Medikament, welches derzeit helfen würde, wird von den Kassen nicht bezahlt und kostet pro Packung 35’000.– Franken.“ Peng! Falls ihr jetzt den Kopf schüttelt: Dies sind durchaus übliche Kosten für Krebsmedikamente, denn die Pharmagiganten wissen, dass die meisten Menschen ALLES bezahlen würden, um zu überleben. Und so können sie die Preise bis ins Niemandsland treiben.
Selbst wenn die Kassen diese unglaublich teuren Medikamente bezahlen, so ist da immer noch der Selbstbehalt, den der Patient berappen muss. Und in manchen Ländern werden solche Medikamente gar nur an Selbstzahler abgegeben. Hä? Inzwischen ist mir auch klar, warum man uns so ziemlich als erstes nach der Schockdiagnose Krebs gefragt hat, ob man eine finanzielle Beratung bräuchte. Ich dachte nämlich damals, ob die uns veräppeln wollen, weil wir echt andere Probleme hatten, die uns quälten.

Inzwischen sind unglaublich clevere Forscher darauf gekommen, dass es durchaus günstigere (sehr viel günstigere) Medikamente gäbe, welche man in der Krebstherapie einsetzen könnte. Man lese nur mal über die Wirkung von Cannabis (THC) oder Methadon. Da diese Wirkstoffe aber sehr günstig sind, werden sie natürlich von der Pharmalobby boykottiert – damit kann man nämlich nicht Milliardengewinne machen. An Tumortagungen sprechen sich Pharmaredner selbstverständlich GEGEN solche Alternativen aus. Sie seien zu wenig wirksam, nicht gut genug getestet und es seien weit bessere Medikamente in der Pipeline, welche demnächst auf den Markt kämen. Mit solchen und ähnlichen Sätzen wird den Ärzten wieder ein teures Medikament mehr aufgeschwatzt, was mich aus der Haut fahren lässt.

Ich bin der Meinung, dass eine Krebsdiagnose schon hart genug ist. Muss man sich dann wirklich auch noch mit der Beschaffung des Geldes auseinandersetzen, um an ein schier unbezahlbares Medikament zu kommen, welches möglicherweise helfen würde? Oder muss man sich im anderen Fall wirklich zuerst gegen alle Gegner der günstigen Varianten alleine durchsetzen, um so eine mögliche Lebensverlängerung zu erreichen?

Mein Kreis an Betroffenen ist durch meine Sensibilität zum Thema sehr gewachsen. Ich bin ganz klar der Meinung, dass Medikamente, welche das Leben verlängern oder gar ein Überleben sichern könnten, für ALLE zugänglich sein sollten. Es kann nicht angehen, dass Otto Normalverbraucher erst kriminell werden muss, bevor an die nötigen Hilfsmittel kommt. Und ich spreche hier nicht von Entwicklungsländern – ich spreche von Europa und der reichen Schweiz. Ich frage mich, ob die Pharmabosse noch gut schlafen können, wenn sie den Preis solch wichtiger Medikamente festlegen. Und dabei habe ich durchaus in Betracht gezogen, dass Knowhow, Forschung und Entwicklung eine Menge Geld kosten. Aber wenn ein Pharmaunternehmen rund 10 Milliarden Gewinn erwirtschaftet, dann wäre eine Preissenkung der Medikamente wohl durchaus möglich – oder liege ich da so falsch? Sowas macht mich stinksauer!!! 🙁

Anmerkung zum Thema Medikamente, welche in den USA entwickelt und auf den Markt gebracht wurden: Wenn Pfizer oder ähnliche US-Pharmagiganten ein Medikament auf den Markt bringen, so haben sie ein 5-Jahrespatent auf selbiges. In dieser Zeit bestimmen sie den Preis, welcher für das Medikament bezahlt werden muss. Länder, die dieses Produkt auf ihre Liste aufnehmen wollen, müssen also bereits beim Einkauf unfassbare Preise dafür bezahlen. Erst nach Ablauf des Patents öffnet sich der Markt und es ist möglich, günstigere Generika auf den Markt zu bringen – somit fallen die Preise auch erst nach Ablauf dieser Zeit auf ein vernünftiges Niveau. Für viele Krebspatienten leider viel zu spät…

Unfairer Wettbewerb

Ich gehöre mit meinem Geschäft im textilen Detailhandel für Damen zu den kleinen Spielern in der Schweiz. Mit 150 m2 und 6 Angestellten gehören wir definitiv nicht zu den „Grossen“. Der hart umkämpfte Markt nach dem Eurocrash und dem Trend zum Onlineshopping macht uns kleinen Unternehmen das Leben unglaublich schwer. So habe ich mir lange überlegt, ob ich mit meinem Geschäft nun doch auch in den Onlinehandel einsteigen soll. Irgendwie gehört das wohl heute einfach dazu. Ich sage nicht, dass ich das toll finde, aber es ist der Lauf der Zeit. Weiterlesen

Lädelisterben

Vermutlich handelt es sich bei meinem Titel um ein Schweizerdeutsches Wort. Aber es wird in Schriftdeutsch wohl auch verständlich sein. Das Sterben der kleinen Geschäfte … Lädelisterben eben. Leider inzwischen ein weit verbreitetes Phänomen – und ich frage mich, wo es noch hinführt.

In den schönen Innenstädten der Schweiz wechselt das Bild beinahe monatlich. Kleine, inhabergeführte Geschäfte müssen schliessen, weil sie nicht mehr kostendeckend (geschweige denn rentabel) arbeiten können. Ersetzt werden sie durch Filialen von grossen Billigketten, oder durch Banken und Versicherungen. Grässlich! Und der Trend sieht definitiv nicht nach einer Besserung aus. Im Gegenteil: Die Mieten sind viel zu hoch, der Onlinehandel legt zu, der Trend zum Einkaufen in den Euroländern ist voll am Boomen und der Schweizer Franken einfach viel zu stark. Es war irgendwie klar, dass das über kurz oder lang zum Genickbruch der kleinen Geschäfte führen würde.

Und wer nun denkt, dass es nur in den kleinen Städtchen so ist, der hat sich aber geirrt. Auch in der Shoppingmetropole Zürich hat sich das Bild massiv verändert. Viele, der alteingesessenen und schönen Geschäfte an der Bahnhofstrasse mussten die Türen schliessen und den Billiggiganten Platz machen. Oder aber Uhrengeschäft Nr. 365 hat das Geschäft übernommen (davon hat es dort inzwischen echt unzählige!).

Zu meinem grossen Erstaunen hat sich aber auch das Bild in Hamburg verändert. Jedesmal, wenn ich zum Tochterkind auf Besuch bin und ins Stadtzentrum zum Shoppen fahre, steht wieder irgendwo ein Ladenlokal leer. Kaum habe ich mir eine süsse, kuschelige Boutique endlich gemerkt, ist sie auch schon wieder weg. Aktuell sind an den besten Adressen inmitten von Edelboutiquen Billigfaschingstores, welche sich einfach solange dort austoben dürfen, bis ein neuer Mieter gefunden ist. Hamburg sagt sich: Besser sowas als Leerstand. Warum auch nicht?

Wo führt das hin und … wollen wir das so? Gehört ihr auch zu jenen, die Geiz geil finden und im Internet einkaufen? Ich habe viele Jahre an die Solidarität der Menschen geglaubt und dachte, dass es klar wäre, dass man das hiesige Gewerbe unterstützt. Leider musste auch ich bitter lernen, dass dem schon lange nicht mehr so ist. Und ich finde es schrecklich! Ich habe nämlich keine Lust, im Internet zu shoppen. Und dass ich für jedes Stück Käse zum Grossisten fahren muss, weil es die kleinen Dorfgeschäfte auch schon lange nicht mehr gibt, finde ich grässlich. Sind wir alle derart dämlich, dass wir nicht begreifen, dass der Wirtschaftsmotor nicht mehr laufen kann, wenn wir unser Geld nicht dort investieren, wo wir es verdienen? Ist das so schwierig zu verstehen? Ich verstehe echt manchmal die Welt nicht mehr … aber vielleicht könnt ihr sie mir erklären!

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