von süss bis ungeniessbar

Klein Willy auf Reisen

Es gibt da diese kleine Maus – ich nenne sie Willy. Willy reist gerne. Und er steigt standesgemäss – wie es sich für kleine Mäuse gehört – nur in guten Hotels ab. So hat es kleine Willy auch diesmal gemacht. Er hat das Vier Jahreszeiten in Hamburg für sich als gut genug eingestuft, um dort mal kurz einen Mäuseurlaub einzulegen.

Gut gelaunt hat er sich auf den Weg zur grossen Hotelbar gemacht, um dort noch das eine oder andere Nüsschen zu schnappen oder an der Olive zu knabbern. Zwischen den dunkelrot gepolsterten Luxussesseln und den wunderbaren Perserteppichen hat Willy sich auf dem Marmorboden einen Laufsteg gesucht, um zwischen all den hübschen Schuhen der vielen Gäste durchzudüsen.

Ich hab Willy sofort entdeckt und wollte ihm eigentlich den Weg zum Ausgang zeigen. Er hat mich aber irgendwie nicht genauso gemocht, wie ich ihn. Hinter den pompösen Vorhängen hat er sich versteckt und gewartet, bis ich mich wieder hingesetzt habe. Dann hat er sich wieder wie ein Düsewind durch die Halle auf den Weg gemacht, um nach weiteren Knabbereien Ausschau zu halten.

Auf einmal hat Willy wunderbar glitzrige Dinger unter einem Tisch entdeckt. Jap, richtig: Die Schuhe einer edlen Blondine in einem weissen Kostüm. Willy wollte sich die Dinger näher ansehen. Irgendwie fand das die Blondine nicht gleich lustig, wie Willy. Zack, waren ihre Beine in der Höhe, genauso wie ihre Stimmlage. Und ihre Augen entsprachen in etwa dem Blick, wenn ich einem T-Rex in der Hotelbar begegnen würde. Logisch, dass ihr Angetrauter sofort den Kellner rufen musste. Als ob dieser auch nur ansatzweise eine Chance gegen Flitze-Willy gehabt hätte.

Zugegeben, ich hätte zu gerne zugeschaut, wie sich die Hotelbelegschaft auf die Jagd nach Willy hätte machen müssen. Haben sie zum Glück aber nicht – wohlweislich, denn wer schafft es schon, einer so kleinen Maus zick zack durch die Hotelbar folgen zu können.

Ich hoffe inständig, dass Willy heute Nacht den Ausgang findet und nicht jämmerlich in einer Falle landet. Schliesslich sind im Vier Jahreszeiten in Hamburg nur Hunde verboten. Von Mäusen steht da nichts!

Toi toi toi Willy, ich drück Dir die Daumen.

Ich backe eine Katze

Seit einer Weile arbeite ich in einem hiesigen Tierheim. Eine unglaublich spannende, wertvolle, lehrreiche, lustige und manchmal traurige Aufgabe. Der Alltag ist gespickt mit Überraschungen und es gleicht kein Tag dem anderen. Das liegt vermutlich daran, dass Tiere nicht kalkulierbar sind und dass man nie weiss, was den Menschen wieder alles einfällt. Die traurigen Beispiele lasse ich jetzt einmal aussen vor – denn alleine diese würden leider ein ganzes Buch füllen. Deshalb hier ein Beispiel, wie es durchaus auch schon mal passiert ist:

Ältere Dame spaziert ins Tierheim: „Guten Tag. Ich möchte gerne ein bisschen Katzen anschauen kommen.“

Ich: „Also, heisst das, dass sie eine Katze für sich suchen?“

Sie: „Nun ja, das weiss ich noch nicht. Ich will eben zuerst schauen.“

Ich: „Wir haben nicht Katzen auf Vorrat, wenn Sie das meinen. Wir zeigen Katzen, die zu vermitteln sind gerne, wenn jemand gezielt sucht. Ansonsten wäre der Stress für die Tiere zu gross, wenn ständig fremde Menschen durch die Gehege gehen würden.“ Weiterlesen

Ladylike

Ich schaue in Schaufenster. Ich blättere Modezeitschriften durch. Ich sitze in Strassencafés und beobachte Menschen. Ich schaue fern. Und dabei frage ich mich: Was ist eigentlich Ladylike? Gemäss Duden heisst es „damenhaft“. Ja, und nun stellt sich die Frage, was eine echte Dame ausmacht.
– Eleganz
– Fraulichkeit
– Apartes Wesen
– Vornehme Art
– Kultiviertes Benehmen
– Manierliche Sitten
– Gepflegte Erscheinung
– Gewählte Sprache
So sagt es Wikipedia und so steht es im Knigge. Aber ist das wirklich so. Sind die edlen Damen, die sich als Ladies bezeichnen, auch wirklich ladylike. Kritisch betrachtet würde ich mal sagen, dass die Mehrheit der Damen, welche sich auch als Damen sehen, sich nicht wirklich so benehmen. Die Realität vieler Damen sieht nämlich in Wahrheit so aus:
– Behangen wie ein Weihnachtsbaum (vornehmlich Goldschmuck und Perlen)
– Steife Halten (Abteilung Stock im A…..)
– Blondiertes Haar (egal wie alt…)
– zusammengekniffene Lippen
– strenger Blick
– affektiertes Gesicht
– arroganter Ausdruck
– besserwisserische Art
– Zugepflastertes Gesicht
Die richtig edlen Damen, wie ich sie als Kind noch bestaunte, sind doch sehr selten geworden. Jene, die tatsächlich eine Aura haben, dass man sich nicht zu sprechen traut, wenn sie etwas sagen – weil sie nämlich gebildet und äusserst interessiert sind. Diese Art Frauen, die immer wissen, wo sie sich wie zu benehmen haben, wie man richtig sitzen muss, welcher Satz wann gerade angebracht ist und welche Regeln für welchen Anlass gelten. Ich weiss aber eines mit Sicherheit: Ich bin nicht ladylike – ich bin sogar Meilen davon entfernt, es jemals noch zu werden. Denn ich
– liebe meine alten Jeans
– mag Sneakers viel lieber als hübsche Damenschuhe
– setze mich meistens wie ein Junge hin
– habe eine grobe Sprache (an manchen Tagen ein bisschen wie ein Bauer)
– finde erzwungene Benimmregeln zum Brechen
– kann mich zwar gewählt ausdrücken, ziehe aber frei Schnauze vor
– bewege mich eher wie ein Trampeltier als wie eine Gazelle
– klopfe Sprüche, die nicht immer angebracht sind.
So – und deshalb bin ich nun also zum Schluss gekommen, dass ich bis ins Grab keine Dame werde und meine Art niemals ladylike sein wird. Aber die echten Ladies der alten Garde bewundere ich immer noch sehr. Und diejenigen, die meinen, Damen zu sein, über die amüsiere ich mich nach wie vor köstlich.

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