von süss bis ungeniessbar

Arbeiten in der Welt des Glamours

Wie es wohl ist, dort zu arbeiten, wo die Reichen und Schönen ein- und ausgehen und ihre Dinge kaufen?

Ich kenne einige Menschen, die genau an selbigen Orten täglich ihren Job machen. An der Zürcher Bahnhofstrasse, wo der Geldadel sich tummelt. Und ich mache hin und wieder eine Tour durch all diese glamurösen Boutiquen, um einen Schwatz zu halten und mir die unfassbaren Geschichten anzuhören. Spannender als jede TV-Sendung, das ist sicher. Ich liebe es, diese Menschen zu studieren und die Geschichten hinter den Gesichtern zu hören.

Ich kenne viele, die sich nicht in diese Geschäfter trauen, weil sie denken, sie seien zu wenig „wert“. Absoluter Blödsinn. Man kann den Wert eines Menschen erstens nicht an der Brieftasche festmachen und zweitens sieht man beim Betreten eines Geschäfts nicht, wer Geld hat und wer nicht. Wer meint, dies sehen zu können, liegt gehörig falsch. Jene, die nach viel aussehen sind in der Regel nicht jene, welche sich die Ware dieser Designer auch leisten können. Deshalb kann ich getrost mit Jeans und Turnschuhen reinschlurfen, ohne komisch beaugapfelt zu werden. Im Gegenteil: Diese Angestellten freuen sich, wenn hin und wieder mal jemand auf einen Schwatz zu Besuch kommt. Langeweile haben sie nämlich auch sonst genug.

Ja, die Superstores wie Chanel, Gucci, Hugo Boss, Armani, Bottega Veneta, Prada und Zegna sind in der Tat meistens leer, wenn man durch die Fenster ins Innere schaut. Aber es stehen mindestens 6 Angestellte auf der Fläche, die NICHT in der Nase bohren dürfen. Auch wenn sie sich langweilien, NEIN, das dürfen sie nicht.

Was sie aber allesamt müssen ist:
– Dresscode einhalten (täglich dieselbe Uniform)
– Keine Piercings tragen
– Tattoos abdecken
– Lächeln
– Nett sein, auch wenn es manchmal unfassbar schwierig ist.

Ja, man könnte jetzt sagen: Selber schuld, wer sich diesen Job aussucht. Fakt ist aber, dass die meisten dieser Angestellten ihre Jobs brauchen, um ihr Leben zu finanzieren. Sie arbeiten wohl in der Welt des Jetsets, leben aber privat ein ganz anderes Leben. Sie verdienen in der Regel im Monat nicht soviel, wie eine der Luxustaschen kostet, die sie an die gut betuchten Kunden verkaufen. Bei weitem nicht!

Und genau das finde ich unfassbar spannend an deren Geschichten, weil sie eigentlich täglich den Spagat zwischen zwei Welten machen. Nicht immer ganz einfach. Auch wenn glücklicherweise viele der Kunden, die in diesen Stores einkaufen, nett und anständig sind, so gibt es eben auch die anderen. Jene, die meinen, das Verkaufspersonal gehöre ihnen und müsse ALLES tun, damit sie sich wohlfühlen.

Der ultimativ schlimmste Satz, den eine Angestellte dieser Stores zu hören bekommen hat:

„Ihnen ist schon klar, dass sich sie – so wie sie hier stehen – kaufen und rausschmeissen könnte? Wäre ich ihr Chef, würden sie keine Woche mehr hier arbeiten.“

Hä? Nur weil besagter Kunde gerade einen ausverkauften Artikel nicht bekommen konnte, liess er mit dieser Aussage seinen Frust an der Angestellten aus. Ich habe geguckt wie ein Auto. Und ich habe sie gefragt: „Was antwortet man da? Ich würde ausrasten!!!“ Sie hat mir ganz ruhig erklärt, dass sie bei solchen Aussagen nicht ausrasten darf und dass sie dem Kunden sachlich geantwortet hat: „Dann bin ich ja froh, dass Sie nicht mein Chef sind.“

Wow – Hut ab. Mir wären da tausend Sätze als Antwort eingefallen – aber nicht einer davon wäre auch nur im entferntesten nett gewesen! Im Gegenteil! Ich wäre in dieser Welt meinen Job innerhalb von wenigen Tagen wieder los. Frei Schnauze geht da nämlich nicht.

Und so wird es für mich spannend bleiben, mir die Geschichten dieser Menschen erzählen zu lassen und so einen Blick hinter diese Kulissen zu bekommen. Warum? Weil ich es einfach unfassbar lehrreich finde, Menschen zu studieren. Ich habe das schon immer gerne getan. Im Sommer ist es übrigens noch viel einfacher, solche Studien zu betreiben: Ich setze mich in ein Café an der Zürcher Bahnhofstrasse und gucke einfach nur. Was es da alles zu sehen gibt, zeigt mir kein TV-Format. Und ich kichere manchmal für mich ganz alleine, wenn die Schlauchbootlippen in Herden in Richtung Shopping ziehen!

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2 Kommentare

  1. Silgil

    Grins, verrückte, unverschämte Leute gibt es überall. Die würde ich gerne anhören, , nachdem sie einem Monat im Verkauf arbeiten mussten..

    • modepraline

      Das wäre eine wahre Party, wenn die mal die Seiten wechseln müssten …

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