von süss bis ungeniessbar

News-Update im Taxi

Ich bin mal wieder im hohen Norden – beim Tochterkind im schönen Hamburg. Die Hansestadt ist inzwischen zu meiner zweiten Heimat geworden und ich liebe sie. Vor allem liebe ich das hübsche Deutsch der Nordlichter – grob, frech und frei Schnauze.

So hat uns heute ein Taxifahrer über die Flüchtlingspolitik der Deutschen ein lautes und direktes Update geliefert. Als er bemerkte, dass wir aus der Schweiz sind, meinte er als erstes: „Ich wünschte, wir wären auch nicht in der EU – ihr Schweizer habt ja so recht.“
Auf unsere Frage, warum er dieser Meinung sei, kam spontan und laut: „Ihr müsst nicht alles ins Land lassen, was sich gerade so als Flüchtling tarnt.“

Und dann gingen die Geschichten los, welche uns nur noch staunen liessen. Er ärgerte sich über die Tatsache, dass er dauernd Flüchtlinge umherchauffieren müsse, welche das Taxigeld nicht selber bezahlen müssen. Wenn er diese Typen von A nach B fahre, müsse er jeweils am Zielort reingehen und das Geld dort abholen (in der Regel bei Ämtern), welche ihm dann eine Quittung verlangen würden. „Jetzt können sie dreimal raten, wer das Zeug schlussendlich bezahlt“, und dabei schnaubte er grollend durch die Nase , „der Staat und damit der Steuerzahler!“ Ich fragte ihn also, warum denn die Flüchtlinge nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren würden. Grosser Fehler, diese Frage! Er wurde noch lauter und mokierte sich, dass diese Typen ja schliesslich kein Deutsch könnten und somit auch nicht wüssten, wie sie sich im Verkehr zurechtfinden würden. Also seien die Taxifahrer aktuell mehrheitlich dabei, Flüchtlinge rumzufahren.

„Und auf den Grünflächen, von welchen wir ohnehin nicht viele haben, hat man einfach Holzhäuser hingestellt, wo diese Leute jetzt wohnen. Da soll noch einer die Welt verstehen.“ Auf die Frage, was er denn ändern würde, meinte er: „Angela mal aus der gepanzerten Limousine und der eingezäunten Villa holen und sie mitten in der Stadt die Situationen mal live erleben lassen.“ Und was ihn auch noch ärgerte: „Die Typen haben alle ein Handy und – bezahlen darf der Staat. Geld haben sie ja keins, aber schliesslich müssen sie mit den Familien telefonieren können.“

Nun ja, ich verstehe den guten Mann – sowas kann schon nerven. Die Einheimischen arbeiten für ihr täglich Brot und leben nicht selten trotzdem am Existenzminimum, während andere alles bezahlt bekommen, weil sie auf der Flucht sind. Schade halt, dass vor allem die Negativbeispiele immer wieder in den Medien auftauchen, was die Wut bei den Bürgern noch zusätzlich schürt.

Als er uns am Zielort auslud und fragte: „Und wer bezahlt?“ erwiderte ich trocken: „Fahren sie zum Amt, wir sind Schweizer Flüchtlinge.“ Er lachte laut und ausgiebig, bedankte sich für die lustige und unterhaltsame Fahrt und brauste davon. Und wir hatten einen kurzen Lehrgang in Sachen Flüchtlingspolitik aus der Sicht eines Hamburger Taxifahrers bekommen.

Teile diesen Beitrag

56 Kommentare

  1. senftopfherausgeber

    Sehr oft scheitert es an der B-Note und das liegt wiederum daran, dass auf ganz hoher Ebene Entscheidungen getroffen werden, ohne dabei für wenigstens einen kurzen Moment vom hohen Ross herabzusteigen und sich die Situation direkt vor Augen zu führen und sich die Sorgen und Ängste der eigenen Bevölkerung anzuhören und zu respektieren.

    Allein die rosa Brille aufzusetzen, reicht leider nicht. Man muss schon den Blick über den Tellerrand hinaus wagen, um etwas weiter als bis kurz vor die Schuhspitzen schauen zu können. Die WEITSICHT ist sehr wichtig und zeigt auch den Menschen, dass nicht nur auf Teufel-komm-raus und ohne Sinn und Verstand gehandelt wird.

    Man kann nicht alles einkalkulieren oder vorhersehen, aber man muss sich dennoch bewusst werden, dass es auch noch ein Morgen gibt, dass genauso schadlos überlebt werden muss. Von allen.

    • modepraline

      Wäre schön, wenn es von allen überlebt werden könnte…aber dazu wird der Mensch nie in der Lage sein!

  2. Frau C.H. aus E.

    Vielleicht sollte sich jeder mal überlegen, wie es einem selbst ginge wenn man inmitten vom Krieg leben müsste. Würde man da nicht auch fliehen? Und die Handys bringen die Flüchtlinge mit. Und was kostet ein Smartphone denn heutzutage noch?
    Wenn man helfen kann, dann muss man helfen, denn vielleicht braucht ma ja selber irgendwann Hilfe!

    • modepraline

      Wie gesagt, ich verstehe irgendwie beide Seiten … drum enthalte ich mich den Diskussionen!

  3. silgil

    Sehr bunter , lockerer, interessanter Bericht ! So wie ich es mag!
    Die Nordluft tut dir gut!

  4. Plietsche Jung

    Der Mann hat recht. Basta.

    • Joey

      Immer nur Pasta? Ist auch langweilig!

      • Plietsche Jung

        Depends….

      • modepraline

        Joey, nicht diese Pasta mit Leberwurst, die andere!

    • Joey

      Von Politik verstehe ich nix!

  5. schnipseltippse

    Na, soll er doch froh sein, dass er ein gesichertes Auskommen hat. Wer fährt heute noch groß Taxi? (Ausser Schweizern 😉)
    Hat der schon mal ernsthaft mit einem Flüchtling geredet? Hat der schon mal Bilder aus Homs gesehen?
    Aus Idomeni, wo 15.000 Menschen feststecken, weil sie in ihrer Heimat von Waffen bedroht werden, die Europa ihnen geschickt hat?
    Mein Vater lebt auch von einer Mini-Rente, aber ich habe ihn noch nicht ein schlechtes Wort über die Flüchtlinge sagen hören.
    Die glauben doch selbst nicht, dass für „den kleinen Mann“ mehr übrig bliebe ohne die Flüchtlinge…
    Wer Milliarden aufbringen kann, um Banken zu retten, der sollte auch Menschen retten können.

    • Plietsche Jung

      Mein Steuergeld geht hier auch flöten und es gefällt mir nicht besonders.

      Arbeitest du oder lebst du von Stütze?

      • schnipseltippse

        Was spielt das für eine Rolle?
        Ich verstehe schon, dass es vielen nicht gefällt. Ich verstehe auch, dass es Angst vor „Überfremdung“ gibt und Angst davor, dass für einen selbst immer weniger übrig bleibt. Aber was gibt es denn an realistischen und menschlichen Alternativen?

      • Plietsche Jung

        Es spielt eine signifikante Rolle.

        Es gibt immer eine Alternative und Deutschland ist nicht das Auffangbecken der Welt.

      • schnipseltippse

        Was ist in deinen Augen eine realistische Alternative?
        Das interessiert mich wirklich.
        Und ja, ich finde auch, dass Deutschland allein das nicht tragen kann. Es ist unglaublich, was die anderen Länder sich da gerade erlauben. Und ich meine nicht nur die europäischen, sondern weltweit.

      • Plietsche Jung

        Ist dir schon mal die Idee gekommen, dass die vielen anderen Länder vielleicht richtiger liegen als Deutschland?
        Dieses reflexartige Helfersyndrom ist hierzulande scheinbar angezogen und konditioniert.

      • schnipseltippse

        Was kann daran richtig sein, Menschen in Not allein zu lassen?
        Das ist absolut keine Option.
        Man kann doch die Augen vor der Situation im Nahen Osten nicht verschließen.

      • Plietsche Jung

        Dann irren alle anderen Länder und Menschen?
        Schon mal selbstreflektiert und sich selbst in Frage gestellt?

      • schnipseltippse

        Es sind nicht die Einwohner, sondern meistens die Politiker, die entscheiden. Und ja, ich finde, sie irren sich. Und ja, ich habe mich schon oft selbst in Frage gestellt, aber an diesem Punkt bleibe ich dabei. Man muss Menschen in Not helfen.

        Und ich frage dich nochmal, welche realistische und humane Alternative gibt es deiner Meinung nach?

      • Plietsche Jung

        Hilfe vor Ort und in den angrenzenden Ländern halte ich für ausreichend, auch wenn es dir wahrscheinlich nicht reicht.

      • schnipseltippse

        Es würde genügen, wenn sie möglich wäre. Aber Assad hat volle Lagerhäuser, und trotzdem verhungern die Leute in den belagerten Städten.
        Und viele angrenzende Länder helfen bereits. Im Libanon hat es 1 Mio Flüchtlinge, bei einer Einwohnerzahl von 3 Mio. Oder schau dir mal Bilder von Lagern in Jordanien an.
        SaudiArabien könnte helfen, tut es aber nicht, sondern bombardiert lieber den Yemen.
        Also wie soll das konkret aussehen?

      • Plietsche Jung

        So wie ich es bereits schrieb.

      • schnipseltippse

        Ok. Da drehen wir uns dann im Kreis.

      • Plietsche Jung

        Dann lieber da unten als hier.

        Also, sozialversicherungspflichtiger Job oder H4 ?

      • schnipseltippse

        Sorry, aber ich wüsste nicht, was dich das angeht.

      • Plietsche Jung

        Die Antwort reicht mir dann schon.

      • schnipseltippse

        Schön. Das freut mich. Wenn du dich nur mal nicht täuschst…

      • Plietsche Jung

        Mir ist es relativ egal, wie du dein Leben bestreitet. Es wäre nur eine Dachinformation gewesen, die mir etwas mehr Verständnis bescheren würde. Mich nervt es, was derzeit mit meinen Steuern passiert und was noch alles passieren wird. Und das alles, weil eine selbstherrliche Frau Bauchentscheidungen fällt wie auch den Atomausstieg. Blödsinn hoch drei.

      • schnipseltippse

        Keine Sorge, du fütterst mich nicht durch, da kann ich dich beruhigen.
        Aber ich sehe schon, dass wir generell sehr unterschiedliche Ansichten haben.
        Also verabschiede ich mich mal und wünsche dir noch einen schönen Sonntag.

      • Plietsche Jung

        Auch für dich. Danke dir.

      • modepraline

        Ich enthalte mich diesen Diskussionen generell, weil ich mich meist in die Nesseln setze, aber ich verstehe auch Deine Ansichten sehr gut! Und ich kann Dir versichern, dass Du für die liebe Schnipseltippse nicht bezahlen musst. Aber da ich hier in Hamburg die Zustände leider auch schon live erlebt habe, verstehe ich Dich umso besser. Und ich wäre auch dafür, dass man die gute Frau Merkel mal ein paar Tage ohne ihre Beschützer durch die Städte pilgern lassen würde … 🙂

      • Plietsche Jung

        Schau mal auf Hamburg.de und sieh mal, wo es überall Lager gibt. Dazu die Schrottstrassen, für die nichts investiert wird. Eins kommt zum anderen.

      • modepraline

        Ich weiss. Wobei: Die Schrottstrassen werden ja derzeit gerade saniert – Hamburg ist eine einzige Baustelle. Also hier im Bezirk Eimsbüttel geht aktuell gerade gar nichts per Auto …sogar die Bushaltestellen wurden verlegt, weil die Strassenbeläge erneuert werden. Aber ja, ich verstehe Dich total!

      • modepraline

        Ich weiss, wie/warum Du, liebe Schnipseltippse so argumentierst und finde es gut, dass Du Deine Meinung mit Anstand und geradem Rücken vertrittst! 🙂

      • schnipseltippse

        Danke, Pralinchen. Es nutzt ja nichts, unsachlich zu werden. Die Dinge sind, wie sie sind, und jeder hat halt gemäß seiner eigenen Erfahrungen, eine andere Meinung dazu.
        Das muss man akzeptieren 🙂.

      • modepraline

        Ist so – liebes Schnipselchen – drum: Toleranz ist angesagt! 🙂

      • modepraline

        Wenn ich was dazwischen piepsen darf: Ich mutmasse ja, dass die Deutschen meinen, ihr schlechtes Gewissen aus dem Holocaust jetzt mit diesem Flüchtlingsdrama gutmachen zu müssen…

      • Plietsche Jung

        So wurden wir 60 Jahre konditioniert.

      • modepraline

        Ja, ist so (klingt so ein bisschen nach Hundeerziehung…konditioniert…)…

      • Plietsche Jung

        Schau N24, Da ist immer noch zweiter Weltkrieg

      • modepraline

        Ne, das mag ich mir nicht antun….

      • Plietsche Jung

        Das wird man jeden Tag erinnert, was unserer Vorfahren alles so verbockt haben. Solange Deutschland Geld hat, werden alle Zentralräte dafür sorgen, dass die Erinnerung nicht verblasst.

    • modepraline

      Ich enthalte mich der Stimme…

  6. GöGa

    Mues ig Gäld schickä fürs Taxi?

    • Simmis Mama

      Hallo göga. Du bist nicht der Staat, nur der Ehemann also: Nein. Aber ich lade deine Frau und ihre bezaubernde Tochter samt sämtlicher Anhängsel gerne zum Essen ein 🙂 !!!!!!!! Wir haben es klein aber fein 🙂

      • Simmis Mama

        Schweizer Flüchtlinge müssen ja schließlich auch verköstigt werden!

      • modepraline

        …kicher…

      • modepraline

        Oh, das ist ja nett! 🙂 Dankeschön

      • Simmis Mama

        Ist ernst gemeint 🙂 kommt gerne vorbei

      • modepraline

        Wo wohnst Du denn?

      • Simmis Mama

        Ich schreibe das jetzt nicht direkt ins Internet aber der Taxifahrer kann dich hinfahren wenn du verstehst was ich meine. Allerdings wurde er einen Schock bekommen meinen mann zu sehen der wie ein syrischer Flüchtling aussieht 😉
        Und mögt ihr kommen?

      • modepraline

        Ich bin diesmal vermutlich zu kurz hier, um vorbeizukommen. Aber beim nächsten Mal gerne….sehr gerne sogar. Oder wir treffen uns mal im Park auf einen Spaziergang – bin mit Ellie viel draussen unterwegs!

      • Simmis Mama

        Beides sehr gern.

    • modepraline

      …hihihi…kicher….geit grad no…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

© 2024

Theme von Anders NorénHoch ↑