von süss bis ungeniessbar

Loslassen

Wer mich kennt, weiss es – wer mich nicht kennt, erfährt es jetzt: Ich bin eine Oberglucke! Was das ist? Nun ja, eine Mama halt, die ihre Küken (inzwischen erwachsen) am liebsten für immer und ewig unter den Flügeln behalten möchte. Eine Vollblutmama, die sich zurückhalten muss, um dem Nachwuchs nicht mit der Bemutterung total auf den Senkel zu gehen. Eine jener Mütter eben, die den Sprösslingen am liebsten alle Unwidrigkeiten im Leben ersparen und ihnen alles aus dem Weg räumen möchte. Und ich weiss, dass man damit den Kindern keinen Gefallen tut.

Falls ihr nun zu den Bücherregalen rennt, um die Elternratgeber hervorzuholen und mir die Links zu schicken – vergesst es gleich wieder! Das ist zwar lieb gemeint, nützt aber nichts, denn: Ich habe diese schlauen Bücher alle gelesen. Und ich bin intelligent genug um zu wissen, dass es Dinge gibt, die man besser nicht tut. Mein Verstand weiss in der Theorie eigentlich alles, was es über Kindererziehung zu wissen gibt. Ich bin ja nicht doof – nur eben eine unverbesserliche Glucke. Und deshalb hat mein Verstand des öfteren ein Problem mit meinem Herzen! Oder umgekehrt! Der Kopf sagt nämlich: „Du hast Deine Kids prima aufs Leben vorbereitet, Du kannst sie getrost loslassen.“ Und mein Herz schreit: „Auf gar keinen Fall! Schliesslich könnte ihnen weiss der Geier was passieren und ich muss sie beschützen!“ Tauziehen im eigenen Körper nennt sich das wohl. Und genauso fühlt es sich auch an.

Ja, die Gluckenmama musste nämlich vor noch nicht allzu langer Zeit das jüngere der beiden Kücken (das Tochterkind) ziehen lassen. Und nicht einfach nur so um die Ecke in die eigenen Wohnung, sondern in ein anderes Land, um den langersehnten Traum im Studium zu leben. Schlimm? Nein! Ja! Also, was denn nun? Da ist es wieder, das Tauziehen! Ich freue mich so unglaublich für mein Küken, dass es diese grosse Chance und Möglichkeit hat. Und glaubt mir – ich würde es genauso machen. Ich weiss, dass das Küken zu Hause gelernt hat, wie man die Ellbogen ausfährt und sich behaupten kann. Von daher habe ich überhaupt keine Bedenken. Hinzu kommt, dass das Küken so glücklich ist, dass ich es eigentlich auch bin – oder sein sollte. Nein! Ich bin es…für sie! Aber das Herz der Gluckenmama blutet trotzdem und ich muss jeden Tag mit mir schimpfen, um nicht im Selbstmitleid zu versinken, weil das Tochterkind sich ganz prima lösen konnte. Ich bin dankbar, dass ihr das gut gelingt … jetzt müsste einfach ich auch noch ein „grosses Mami“ werden, um mich an manchen Tagen nicht wie eine teilamputierte Glucke zu fühlen.

Keine Bange! Ihr müsst nicht mit mir schimpfen, weil diese Zeilen dem Tochterkind bestimmt ein schlechtes Gewissen machen werden. Nein! Das Gute an unserer Beziehung ist nämlich, dass wir einander so gut kennen, dass wir um unsere Stärken und Schwächen wissen und … ich habe sie grossgezogen (zusammen mit dem Göttergatten natürlich) und sie lehrt mich nun, wie man lernt, loszulassen! Wir lernen voneinander. Mal mit einem lachenden, dann wieder mit einem weinenden Auge – aber immer verbunden. Auch wenn aktuell fast 1000 km dazwischen liegen.

 

P.S.: Das Küken kommt in den nächsten Tagen für die Ferien zurück unter meine grossen Flügel – gacker gacker! Ich freu mich!! 🙂

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52 Kommentare

  1. Anna-Lena

    Los zu lassen ist nicht so einfach, aber das schaffst du schon. Dein Kopf erkennt klar, was dein Bauch nicht immer wahrhaben will. In diesem Spannungsfeld leben wir oft.
    Freu dich auf des Töchterchens Ferien und genießt die Zeit!

  2. Schreiberlink

    Hat dies auf schreiberlink-kolumne rebloggt und kommentierte:
    Gut nachzuempfinden. Auch mein Kücken muß ich vorsichtig beglucken!
    Schreiberlink

  3. Honeyeye

    Meine Tochter (25) ist vor 3 Monaten ausgezogen. Die Wäsche landet aber immer noch bei mir 🙁

    • modepraline

      Dann lief da irgendwie etwas schief, hmmmm….???

      • Honeyeye

        Sie hat sich lieber eine Couch statt ner Waschmaschine gekauft…

  4. senftopfherausgeber

    Herzerfrischend…vor allem die Pointe am Schluss!
    *lose Federn wegpust*

    • modepraline

      Danke aber … ey, gib mir die weggepusteten Federn zurück, die brauch ich, um das Bettchen auszupolstern, damit mein Küken weich liegen kann! 🙂

  5. allemeineleidenschaften

    ich musste gerade so lachen, als ich deinen Beitrag las! 🙂
    Ging mir genauso wie dir…… bis vor ein paar Wochen. Habe gestern die Krise bekommen und meinen Frust mal losgeschrieben, komm doch mal vorbei und lies.

    Ich weiß genau was du meinst und ich erkenne mich total wieder!
    Ganz liebe Grüße
    von den Leidenschaften

    • modepraline

      Das mache ich sofort – scheint ja ein bekanntes Phänomen zu sein…:-)

  6. Joey

    Meine hat nicht mal gemerkt, dass ich weg. Schnief!

    • modepraline

      Dafür hast Du jetzt die perfekte Familie, oder!? 🙂

      • Joey

        Naja, das schon. Aber es wäre schon schön gewesen, wenn mich meine Mama verabschiedet hätte. Das hängt mir irgendwie noch nach.

      • modepraline

        Hat sie es vielleicht vergessen oder warst Du zu schnell weg oder wie??

    • BloggerIn50+

      Ooooooooouuuuuuuuuuuuuhhhhhhhhhhhhhhh…………. 🙁

  7. smamap1

    Zunächst: Ich find das toll, dass ihr alle das offenbar so durchaus positiv handhaben könnt. Jedenfalls geben das deine Zeilen so wieder. Glückwunsch.
    ABER (und ich denke der Aufschrei mancher Mütter (und auch Väter) ist mir jetzt gewiss): Manche Mütter übertreiben es mit der Gluckenhaftigkeit. So weit, dass es nur noch die Kinder gibt, und sonst nichts mehr. In manchen Fällen gehen dabei dann andere zwischenmenschliche Verbindungen den Bach runter. So schön das also ist, was du da beschreibst, es gibt manchmal auch eine Kehrseite der Medaille.
    Und um nur ja keine Zweifel aufkommen zu lassen: Ich habe noch niemanden getroffen, der seine Kinder nicht lieben würde.

    • modepraline

      Also SO war es bei uns nicht (und ist es nicht) … ich fand früher schon die Mamas schlimm, die nur noch über die Zähnchen, die Fingerchen, die ersten Wörtchen und und und sprechen konnten. Gäääähn!!! Nene, so geht das nicht. Und unsere Freunde haben wir auch behalten. Nix von alledem! Aber halt einfach eine RUNDUM-BESCHÜTZEN-WOLLEN-HELFEN-UND-SO Mama…

      • smamap1

        … hab dich schon verstanden. War nur als extremes Bsp. gemeint

      • modepraline

        Ach so…

  8. alleinsein1974

    Ich hab noch ein bisschen

  9. sanftmut

    Bei uns ist das andersherum. Ich bin das Oberküken…

    • modepraline

      Auch schön, oder nicht!?

      • sanftmut

        Ja 🙂 Mal schauen, ob ich irgendwann zur Oberglucke mutiere 😉

      • modepraline

        Es gibt schlimmeres….

  10. Flowermaid

    Und deine Tochter kann hier auflaufen wann sie will 😉

    • modepraline

      Das Ganze hat einen Haken, oder? Ich will meine nicht hergeben…

      • Flowermaid

        Hast du doch schon…;-)

      • modepraline

        Warum dann tauschen?

      • Flowermaid

        Aber du kennst meine nicht… die adoptierst du sofort 😉

      • modepraline

        Ich hab das Gefühl, dass da noch irgend ein winziges ABER mitschwingt…:-)

  11. Flowermaid

    Wir machen einen „Deal“… ich schick dir meine und deine

  12. Karl

    Das braucht Zeit, ist aber wohl so 100%ig nie zuende.
    Das merke ich jetzt, nachdem meine Mutter vor ziemlich kurzem mit 93 gestorben ist. Ich bin vor jetzt 40 Jahren ausgezogen 😉

    • modepraline

      Neverending story also! 🙂

      • Karl

        Ich fürchte, ja.

  13. tierlifruend

    Meine Mutter ist auch eine Oberglucke 🐔 und das noch heute (!!!) Ich 🐥 kenne es nicht anders. Es ist schön, auch wenn es manchmal etwas nervt ☺️ Aber ich kann das sehr gut verstehen. Ich bin ja schon bei meinen Hunden eine Oberglucke 😊

  14. Plietsche Jung

    ich bin froh, dass meine Mutter nicht so anhänglich war und ich mein Leben selbst und eigenständig bestreiten konnte. Aber tröste dich, die meisten Familen sind heute so gestrickt, du bist nicht allein. Ob das für die Kinder in ihrem Leben gut sein wird, wird die Zeit zeigen.

    • modepraline

      Also, ich kenne nur noch wenige Familien wie die unsere – die meisten Kids sind doch heute ohnehin Scheidungs- und Patchworkkids….oder irre ich mich da?

      • Plietsche Jung

        Na, das sagst du was !
        Es sind mehr als früher, aber ich glaube nicht, dass es die meisten sind.

      • modepraline

        Okay…

      • Plietsche Jung

        So schlimm ist es hoffentlich nicht 🙂

      • modepraline

        hoffentlich…

  15. anneinsideoffice

    Na ja, meine 2 Grossen zogen innerhalb von 2 Wochen mit 18, bzw 19 Jahren für das Studium in Wohngemeinschaften eines Richtung Osten, das andere Richtung Westen. Am Wochenende kamen sie meistens nach Hause. Es tat weh, aber uns gut, der Beluiga genoss uns für sich zu haben. Und ich war da auch genug durch die Arbeit abgelenkt, um nicht Trübsal zu blasen.
    Nach dem Bachelor waren beiden nochmals einige Zeit zu Hause. Als die Tochter vor 2 Jahren wieder auszog, tat es richtig weh, denn ab da war es definitiv, keine Studenten WG mehr, kein am Wochenende nach Hause kommen…der Grosse, auf den ich mich nach seinem Jahr in Ausland wieder so gefreut hatte, ist ENDLICH wieder weg..mit 25 war es höchste Zeit…seine schlechte Laune wegen dem SELBER etc, das wollte ich nicht mehr aushalten.
    Das tat gut, zu merken dass er jetzt wirklich zu Erwachsen ist zum zu Hause leben!

  16. kinder unlimited

    empty nest syndrome……kenne ich auch ;-( muss man wohl durch ! An manchen Tagen geniesse ich inzwischen meine Unabhängigkeit 😉

    • modepraline

      …ich lerne noch…

      • kinder unlimited

        ich fand den Prozess schmerzhaft ! Aber notwendig, weil ich immer ein Freigeist war und meinen Kindern auch dieses Gefühl geben wollte !

    • Flowermaid

      Wo warst du Heute… Glug

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